Zusammenfassung
Akademische Entrepreneure sind Treiber des technologischen Wandels und bedeuten ein hohes ökonomisches Wertpotenzial für eine Gesellschaft. Folglich ist ein Kerninteresse der Wirtschafts- und Hochschulpolitik das unternehmerische Verhalten von Akademikern zu fördern. Eine effektive Förderung von akademischen Entrepreneuren setzt allerdings das Verständnis voraus, warum und unter welchen Rahmenbedingungen Akademiker unternehmerisch aktiv werden. Studien zum akademischen Entrepreneurship zeigen, dass psychografische Faktoren und soziale Netzwerke das unternehmerische Verhalten von Personen motivieren. Eine besonders prägende Wirkung erfolgt durch biografische soziale Netzwerke, welche aus Rollenmodellen oder sozialen Kollektiven der Vergangenheit bestehen können. Die Wirkung von Rollenmodellen und sozialen Kollektiven, die in vergangenen sensiblen Lebensphasen eines Akademikers das unternehmerische Verhalten prägen, ist kritisch zu betrachten und bedarf einer differenzierten Untersuchung, da sie im Gegensatz zu bisherigen theoretischen Ansätzen nicht nur geplantes, sondern vollzogenes Verhalten erklären können.
Zur differenzierten Analyse unternehmerischer Verhaltensweisen erfolgt eine theoretische Integration von intentions- und prägungsbasierten Modellen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes des akademischen Entrepreneurship werden Propositionen postuliert. Die resultierende Konzeption wird mit Hilfe einer explorativen Fallstudie eines akademischen Entrepreneurs (Mitgründer des Hochtechnologieunternehmens Optosight GmbH) qualitativ validiert. Die Befunde sprechen gegen einen unmittelbaren Prägungseffekt biografisch-sozialer Netzwerke auf das unternehmerische Verhalten akademischer Entrepreneure. Allerdings können psychografische Faktoren, die unternehmerische Verhaltensweisen motivieren, Ergebnisse von historisch-sozialen Prägungen sein. Folglich sollten die Gestalter öffentlicher Programme zur Förderung akademischer Entrepreneure auf Maßnahmen setzen, welche auf die Prägung von verhaltensmotivierenden psychografischen Faktoren abzielen jedoch nicht auf das Verhalten selber. Zukünftige Forschung bedarf quantitativer, longitudinaler Arbeiten, die dem multi-periodischen Charakter der Prägung von akademischen Entrepreneuren gerecht werden und Generalisierungen ermöglichen.