3.3.1 Gesamtüberblick über die Produktneuerungen in der Versicherungsbranche zwischen 2006 und 2017
Im Rahmen der empirischen Untersuchung sind für den Zeitraum von 2006 bis 2017 insgesamt 1750 Produktneuerungen erfasst worden, davon 1457 im Privatkunden- und 293 im Gewerbe- und Industriekundensegment. Von den 1750 Produktneuerungen sind über beide Kundensegmente hinweg 90 als Produktinnovationen im Sinne der zugrunde gelegten Definition identifiziert worden. Das entspricht etwa fünf Prozent aller Neuproduktideen. Zugleich wurden 1660 Produktmodifikationen erfasst; das sind mehr als 18-mal so viele Modifikationen wie Innovationen (Tab.
1).
Tab. 1Anzahl der erfassten Produktneuerungen nach Kundensegmenten
Privatkunden | 79 | 1378 | 1457 |
Gewerbe- und Industriekunden | 11 | 282 | 293 |
Gesamt | 90 | 1660 | 1750 |
Insgesamt fällt auf, dass mit 54 % aller Neuerungen die meisten Produktneuerungen, sowohl Innovationen als auch Modifikationen, aus der Schaden- und Unfallversicherung stammen (Tab.
2). Im Zeitraum von 1996 bis 2005
53 lag die Lebensversicherung noch vorne.
Tab. 2Anzahl der Produktneuerungen nach Versicherungszweiggruppen (über alle Kundensegmente)
Lebensversicherung | 25 | 511 | 536 |
Krankenversicherung | 9 | 262 | 271 |
Schaden‑/Unfallversicherung | 56 | 887 | 943 |
Gesamt | 90 | 1660 | 1750 |
Im Hinblick auf die Verteilung und Entwicklung der Produktneuerungen im Zeitverlauf (Tab.
3) lässt sich als Befund festhalten, dass die Verteilung über die zwölf Jahre hinweg sowohl bei Innovationen als auch bei Modifikationen relativ gleichmäßig ist. Besonders fällt das Jahr 2009 mit 9 Innovationen und 196 Modifikationen auf. In diesem Jahr sind die meisten Modifikationen erfasst worden, und es ist das einzige Jahr mit über 200 Produktneuerungen. Die meisten Innovationen sind 2015 entstanden; hiervon stammen 7 Innovationen aus der Schaden‑/Unfallversicherung. Zusammenhänge zwischen den Produkten sind aber nicht ersichtlich, und man kann keine möglichen externen Gründe für die Produktinnovationen erkennen. Das Jahr 2012 mit 103 Produktneuerungen hat mit Abstand am wenigsten neue Produkte hervorgebracht. Verglichen mit dem Zeitraum von 1996 bis 2005 wäre es aber (gemeinsam mit 2005) ein Spitzenjahr gewesen.
Tab. 3Anzahl der Produktneuerungen im Zeitverlauf (über alle Kundensegmente)
2006 | 11 | 152 | 163 |
2007 | 9 | 146 | 155 |
2008 | 8 | 142 | 150 |
2009 | 9 | 196 | 205 |
2010 | 5 | 139 | 144 |
2011 | 5 | 111 | 116 |
2012 | 8 | 95 | 103 |
2013 | 4 | 132 | 136 |
2014 | 6 | 131 | 137 |
2015 | 13 | 132 | 145 |
2016 | 7 | 148 | 155 |
2017 | 5 | 136 | 141 |
Gesamt | 90 | 1660 | 1750 |
Weitere Befunde beziehen sich auf die Bedeutung politisch-rechtlicher Impulse: Über die Kundensegmente hinweg sind 286 von 1660 Produktmodifikationen auf politisch-rechtliche Veränderungen zurück zu führen. Mit 271 von insgesamt 1378 Produktneuerungen (knapp 20 %) ist ihre Bedeutung im Privatkundensegment deutlich höher als im Gewerbe- und Industriekundensegment. Hier sind lediglich 15 von 282 Neuerungen auf einen politisch-rechtlichen Anstoß zurückzuführen; mithin kann festgestellt werden, dass der politisch-rechtliche Einfluss auf die Produktentwicklung hier sehr gering zu sein scheint.
3.3.2 Produktneuerungen im Privatkundensegment
Die Befunde zum gesamten Privatkundensegment umfassen interessante Aussagen zur Anzahl an Produktneuerungen, zum Verhältnis von Produktinnovationen zu Produktmodifikationen sowie zur Bedeutung von Zielgruppenprodukten.
Im Privatkundenbereich hat sich die Anzahl der Produktneuerungen mit 1457 im Vergleich zum Zeitraum von 1996 bis 2005 mit 650
54 mehr als verdoppelt; da allerdings der zweite Untersuchungszeitraum zwei Jahre länger gewesen ist, ist ein Vergleich der durchschnittlichen Jahreswerte aussagekräftiger: Zwischen 2006 und 2017 sind jährlich durchschnittlich 121 Produkte auf den Versicherungsmarkt gebracht worden, zwischen 1996 und 2005 waren es jährlich durchschnittlich 65 Neuerungen. Das bedeutet, dass sich die Anzahl der im Durchschnitt jährlich eingeführten Produkte näherungsweise verdoppelt hat. Hypothese 1 lässt sich somit bestätigen: Im Zeitraum zwischen 2006 und 2017 nimmt die Anzahl an Produktneuerungen im Vergleich zum Zeitraum zwischen 1996 und 2005 insgesamt zu.
Ferner ist das Verhältnis von Innovationen zu Modifikationen von 1:26 im Zeitraum von 1996 bis 2005
55 auf 1:17 im Zeitraum von 2006 bis 2017 gesunken, was aus der leicht überproportionalen Zunahme der Produktinnovationen resultiert. Somit kann Hypothese 2, dass die zunehmende Anzahl an Produktneuerungen auf die Produktmodifikationen zurückgeht, während die Anzahl an Produktinnovationen gleich bleibt, nicht bestätigt werden.
Fast 95 % aller Neuerungen lassen sich den Produktmodifikationen zuordnen. Das bedeutet, dass relativ gesehen der Anteil der Innovationen lediglich um ein Prozent zugenommen hat. Der allgemeine Trend zwischen 1996 und 2005, dass es auf dem Versicherungsmarkt erheblich weniger Innovationen als Modifikationen gibt, hat sich somit fortgesetzt. Damit kann Hypothese 3 ebenfalls bestätigt werden: Nach wie vor gibt es (mit einem Anteil von fast 95 % der Produktneuerungen) erheblich mehr Produktmodifikationen als Produktinnovationen (Tab.
4).
Tab. 4Anzahl der Produktneuerungen im Privatkundensegment nach Versicherungszweiggruppen
Lebensversicherung | 25 | 510 | 535 |
Krankenversicherung | 8 | 260 | 268 |
Schaden‑/Unfallversicherung | 46 | 608 | 654 |
Gesamt | 79 | 1378 | 1457 |
44 % aller Modifikationen stammen aus dem Schaden- und Unfallbereich, 37 % aus der Lebens- und 19 % aus der Krankenversicherung. Zugleich wurden 79 Produktinnovationen identifiziert, die zu 58 % auf Schaden‑/Unfall-, zu 32 % auf Lebens- und zu 10 % auf Krankenversicherungsprodukte entfallen (Tab.
4).
Hinzuweisen ist auf die Bedeutung von Zielgruppenprodukten. Sie machen einen Anteil von immerhin 28 % aller Produktneuerungen aus, und das nicht nur – wie man erwarten könnte – in der Schaden‑/Unfallversicherung, sondern in ähnlichem Ausmaß auch in der Lebens- und in der Krankenversicherung (Tab.
5). Ferner fällt auf, dass die Bedeutung von Produktneuerungen mit Zielgruppen-Fokus im Vergleich zum Zeitraum zwischen 1996 und 2005 deutlich zugenommen hat; damals waren es nur knapp über zehn Prozent.
56Tab. 5Anzahl der Produktneuerungen mit Zielgruppen-Fokus im Privatkundensegment nach Versicherungszweiggruppen
Lebensversicherung | 142 | 393 |
Krankenversicherung | 76 | 192 |
Schaden‑/Unfallversicherung | 183 | 471 |
Gesamt | 401 | 1056 |
Produktneuerungen in der Lebensversicherung
Insgesamt stammen im Privatkundensegment 37 % aller identifizierten Produktneuerungen aus dem Lebensversicherungsbereich. Der prozentuale Anteil der Lebensversicherungsprodukte, gemessen an der Gesamtanzahl der Produktneuerungen, hat somit zwar im Vergleich zum Zeitraum zwischen 1996 und 2005 um sechs Prozent abgenommen, macht aber mit 535 Produktneuerungen weiterhin die zweitgrößte Versicherungszweiggruppe im Privatkundensegment aus.
Die stabile Entwicklung und die insgesamt große Anzahl der Produktneuerungen in der Lebensversicherung sind vermutlich auf das lange anhaltende Niedrigzinsumfeld und den damit verbundenen Wandel zurückzuführen. Bislang waren Lebensversicherungsprodukte aufgrund ihrer hohen Garantieverzinsung bei der deutschen Bevölkerung als Finanzprodukte sehr beliebt.
57 Aufgrund des Niedrigzinsumfeldes und der zunehmenden rechtlichen Vorgaben können Versicherer die klassischen Produkte jedoch nicht mehr im bisherigen Ausmaß anbieten. Damit lassen sich die Bemühungen der Versicherer erklären, durch neue Produkte den Versicherungsnehmern annehmbare Alternativen anbieten zu wollen.
58
Der Trend hin zu fonds-, zertifikats- und indexgebundenen Versicherungsprodukten, die allesamt Kapitalmärkte ausnutzen, kann anhand der Ergebnisse der empirischen Untersuchung bestätigt werden: Insgesamt sind 217 Produkte identifiziert worden, die alternative Anlageformen in den Vordergrund stellen und einen Teil des Risikos, z. B. bei negativer Kursentwicklung, auf den Kunden übertragen. Das entspricht 41 % aller Produktneuerungen im Lebensversicherungsbereich. Hinzu kommen zusätzlich Produkte der betrieblichen Altersvorsorge, die ebenfalls eine fondsgebundene Rentenversicherung als Grundlage haben. Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigen damit die Hypothese 5, dass klassische Lebensversicherungsprodukte mit Garantiezins zunehmend von Alternativen ohne Garantien (vor allem fondsgebundene Lebensversicherungen) abgelöst werden.
Weitere Befunde zur Versicherungszweiggruppe Lebensversicherung betreffen Produkte zur Absicherung biometrischer Risiken und Produkte der betrieblichen Altersvorsorge. Im Untersuchungszeitraum wurden immer mehr neue Produkte zur Absicherung biometrischer Risiken eingeführt. Fasst man Produkte wie die Berufsunfähigkeits‑, Dienstunfähigkeits‑, Erwerbsunfähigkeits‑, Sportunfähigkeits- und Grundfähigkeitsversicherung sowie die Risikolebens‑, Dread Disease- und Pflegerentenversicherung zusammen, erhält man 171 Produktneuerungen, wovon 11 Produktinnovationen sind. Die zunehmende Bedeutung der Biometrieprodukte spiegelt sich auch in deren Umsatz wider.
59 Offensichtlich entwickeln Versicherer vermehrt neue Produkte in diesem Produktbereich, weil zum einen der Bedarf seitens der Kunden vorhanden ist
60 und zum anderen dieser Produktbereich eine Alternative zum schwächelnden Altersvorsorgebereich bietet.
Darüber hinaus wurden zwischen 2006 und 2017 auch vermehrt Produkte aus dem Bereich der betrieblichen Altersvorsorge eingeführt, so beispielsweise die betriebliche Arbeitsunfähigkeitsversicherung. Dieser Trend kann als Reaktion auf den steigenden betrieblichen Krankenstand und die mit einer steigenden Nachfrage nach betrieblicher Altersvorsorge einhergehenden erhöhten präventiven Bemühungen der Arbeitgeber interpretiert werden, denn zwischen Dezember 2001 und Dezember 2015 ist in Deutschland der Anteil der Betriebsstätten mit einer betrieblichen Altersversorgung von 31 auf 49 %, d. h. 18 Prozentpunkte, gestiegen.
61
Im Vergleich der Versicherungszweiggruppen im Privatkundensegment fällt auf, dass in der Lebensversicherung in absoluten Zahlen mit Abstand die meisten Produktmodifikationen mit politisch-rechtlichem Anstoßpunkt anzutreffen sind (Tab.
6).
Tab. 6Anzahl Produktmodifikationen mit politisch-rechtlichem Anstoß im Privatkundensegment nach Versicherungszweiggruppen
Lebensversicherung | 152 | 358 | 510 |
Krankenversicherung | 110 | 150 | 260 |
Schaden‑/Unfallversicherung | 9 | 599 | 608 |
Gesamt | 271 | 1107 | 1378 |
Die hohe Anzahl der politisch-rechtlich angeregten Produktmodifikationen lässt sich vor allem auf gesetzliche Änderungen durch das Alterseinkünftegesetz mit Inkrafttreten im Jahr 2005 zurückführen, die einen erheblichen Einfluss auf die eingeführten Varianten der Riester- und Rürüp-Rente hatten. Ebenfalls hat das Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer aus dem Jahr 2009 dazu beigetragen, dass Produkte der betrieblichen Altersvorsorge in abgewandelten Varianten und größerem Umfang auf den Markt gebracht wurden.
Die Betrachtung der Produkteinführungen im Zeitverlauf in Tab.
7 verdeutlicht dies: Jährlich sind mindestens 33 neue Lebensversicherungsprodukte auf den Markt gebracht worden, 43 % davon sogar in den ersten vier Jahren. Die hohe Neuerungsquote zu Beginn des Untersuchungszeitraums lässt sich vor allem auf die Gesetzesänderungen 2005 zurückführen. Und das Jahr 2009 weist mit 68 Produktneuerungen am meisten auf. Hingegen lässt sich der Effekt des Lebensversicherungsreformgesetzes aus dem Jahr 2014 nicht so deutlich erkennen. Immerhin weisen die Jahre 2014 und 2015 jedoch um etwa 20 % höhere Zahlen als die Jahre davor und danach aus.
Tab. 7Anzahl der Produktneuerungen in der Lebensversicherung im Zeitverlauf
2006 | 63 | 11,8 |
2007 | 48 | 9,0 |
2008 | 49 | 9,2 |
2009 | 68 | 12,7 |
2010 | 39 | 7,3 |
2011 | 33 | 6,2 |
2012 | 33 | 6,2 |
2013 | 38 | 7,1 |
2014 | 45 | 8,4 |
2015 | 46 | 8,6 |
2016 | 36 | 6,7 |
2017 | 37 | 6,9 |
Gesamt | 535 | 100,0 |
Die deutlich erhöhte Anzahl an Produktmodifikationen in der privaten Krankenversicherung kann auf diverse Umstrukturierungen und Anpassungen der gesetzlichen Krankenversicherung in den letzten Jahren zurückgeführt werden. Schon 2004 wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz durch die Einführung von Zuzahlungsverpflichtungen zu zahlreichen Behandlungen und der Praxisgebühr von 10 € die Leistung spürbar beschränkt. Zugleich wurde den Krankenkassen die Möglichkeit geboten, Selbstbehaltstarife anzubieten. Dieses Gesetz war ein wesentlicher Impuls für die Entwicklung neuer Tarife in Form einer Umgestaltung bestehender Produkte und die Einführung von Zusatz- und Pflegeversicherungen. Diese Auswirkungen haben Köhne/Kopp zum Teil schon in ihrem Untersuchungszeitraum festgestellt.
64 Sie wirken auch in das Jahr 2006 und somit in den Zeitraum dieser Untersuchung ein.
Weitergehend wurde die gesetzliche Krankenversicherung durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 mit der Einführung von Gesundheitsfonds, einer weitergehenden Erlaubnis für Krankenkassen, Wahltarife mit einer gesetzlichen Bindefrist von drei Jahren anbieten zu dürfen, sowie der Regelung, dass chronisch Kranke ihre Zuzahlungsgrenze durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen reduzieren können, reformiert. Die gesetzliche dreijährige Bindefrist für Wahltarife wurde durch das GKV-Finanzierungsgesetz ab dem 01.01.2011 auf ein Jahr abgesenkt. Zudem wurde seit 2015 mit dem GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsentwicklungsgesetz ein individueller zusätzlicher Beitragssatz eingeführt, der allein den Versicherten belastet.
65 Die Anpassungen in den privaten Pflege- und Zusatzversicherungen sind vor diesem Hintergrund auf die Leistungsreduzierungen der gesetzlichen Krankenkassen zurück zu führen. Für Versicherer war somit ein Anlass gegeben, neue Produkte in diesen Versicherungszweigen zu entwickeln und auf den Bedarf zu reagieren.
Insgesamt ist im Zeitraum von 2006 bis 2017 mit etwas über 42 % ein beachtlicher Teil aller Produktmodifikationen in der Krankenversicherung auf politisch-rechtliche Neuerungen zurückzuführen (siehe Tab.
6).
Im Zusammenspiel mit den Erkenntnissen zur Lebensversicherung im vorherigen Abschnitt lässt sich als weiterer Befund somit Hypothese 4 bestätigen, dass in der Lebens- und in der Krankenversicherung ein Großteil der Produktneuerungen durch politisch-rechtliche Anstöße verursacht wird. Zusätzlich kann festgehalten werden, dass prozentual die Bedeutung in der Krankenversicherung noch höher ist, als in der Lebensversicherung.
Die große Anzahl der 110 Produktneuerungen in der Kraftfahrtversicherung ist auf die Investitionsoffensive in Forschung und Entwicklung der Automobilbranche, bedingt durch die veränderten Kundenerwartungen und die Digitalisierung, zurückzuführen. Die Versicherer sind bemüht, durch neue Produkte auf Trends wie Carsharing sowie die weiter fortschreitende Perfektionierung der Fahrerassistenzsysteme und Entwicklungen in Richtung des (teil)autonomen Fahrens zu reagieren.
67 So sind im Beobachtungszeitraum zunehmend Telematik-Tarife für verschiedene Zielgruppen angeboten worden.
68 Zugleich ist eine (wenn auch schwache) Reaktion der Versicherungsbranche auf das steigende Interesse an Old- und Youngtimerfahrzeugen innerhalb der Bevölkerung zu beobachten:
69 Konkret sind vier Produktneuerungen für Besitzer von klassischen Fahrzeugen in den letzten sechs Jahren eingeführt worden. Zugleich sind aber auch vermehrt Versicherungsprodukte für Besitzer von Hybrid- und Elektrofahrzeugen entwickelt worden. Insgesamt kann daraus abgeleitet werden, dass die Versicherungsbranche in der Kraftfahrtversicherung sehr stark von der Digitalisierung und Innovationen im Sachgüterbereich der Automobilbranche beeinflusst wird.
Weitere Reaktionen auf die Digitalisierung in Form von neuen Versicherungsprodukten spiegeln sich unter anderem im Angebot von Cyber‑, Drohnen‑, Elektronik- und Internet-Rechtsschutzversicherungen wider. Auch Service‑/Assistanceprodukte werden verstärkt mit digitalen Komponenten angeboten: So ist beispielsweise im Jahr 2013 mithilfe des Telematik-Sicherheits-Service der Sparkassen DirektVersicherung AG eine Hilfsoption zur Verfügung gestellt worden, die durch eine im Fahrzeug verbaute Telematik-Box bei schweren Unfällen automatisch den nächst gelegenen Notarzt informieren und den Rettungswagen rufen kann.
70
Hypothese 6, dass in der Schadenversicherung ein Großteil der Produktneuerungen auf die Digitalisierung und mithin technologische Entwicklungen zurückgeht, scheint sich somit zu bestätigen. Allerdings ist diesbezüglich eine weitergehende, konkretere Analyse der erfassten Versicherungsprodukte notwendig.
71
Bei der Betrachtung der Produktneuerungen in der Schaden‑/Unfallversicherung fällt besonders auf, dass 46 Produkte – das entspricht 7 % aller Produktneuerungen in dieser Versicherungszweiggruppe – Service- bzw. Assistanceprodukte sind, die darauf ausgelegt sind, dem Versicherungsnehmer eine Hilfe oder einen Service auf einem bestimmten Gebiet zu bieten. Diese werden zum Teil unentgeltlich als Zusatz zu bestehenden Versicherungsverträgen oder aber als eigenständiges Produkt angeboten. Während zwischen 1996 und 2005 nur 16 Produkte dieser Art erfasst worden sind, sind es nunmehr fast drei Mal so viele. Dennoch muss Hypothese 7, dass in der Schadenversicherung ein Großteil der Produktneuerungen auf Service- und Assistanceleistungen zurückgeht, damit verworfen werden. 7 % sind zwar bedeutend, und die Bedeutung nimmt zu, aber es handelt sich bei weitem nicht um den Großteil der Produktneuerungen.
Ergänzend anzumerken ist, dass diese Entwicklung nicht nur die Schaden‑/Unfallversicherung betrifft, denn auch in anderen Zweigen sind solche Produkte zu verzeichnen: Über alle Kundensegmente und Versicherungszweiggruppen hinweg sind insgesamt 76 neue Service- bzw. Assistanceprodukte erfasst worden.