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23-02-2015 | Public Relations | Schwerpunkt | Article

Was Filme zu Blockbustern macht

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Die Oscar-Verleihung ist das Spektakel der Filmindustrie. Doch es geht nicht nur um Promis auf dem roten Teppich, sondern um knallhartes Geschäft, das Filme zu Blockbustern macht, so Alexander Moutchnik und Marion Fink in einem Gastbeitrag.

Seit 86 Jahren geht das Geschäftsjahr der weltweiten Kinoindustrie im Februar zu Ende. Der Bilanzstichtag wird durch die Oskar-Verleihung, die wie eine Aktionärsversammlung wirkt, zelebriert. Allein in den USA waren im Jahr 2014 43 Millionen Kino-Shareholder bei der TV-Übertragung der Oscar-Verleihung live dabei. Mit der Kinokarte als Aktie bekommen Kinobesucher ihre Dividende durch den Spaß und die Freude an den Blockbustern ausgezahlt.

Im Januar 2015 überstieg der Monatsumsatz an den US-Kinokassen zum ersten Mal seit 2010 die magische Marke von einer Milliarde Dollar. Dafür war der in sechs Oscar-Kategorien nominierte Warner-Bros.-Film „American Sniper“ maßgeblich verantwortlich. Immerhin ging der Erfolgsfilm von Clint Eastwood mit einem Oscar für den besten Tonschnitt nicht leer aus.

Ein Oscar für Crossmedia

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In den Zeiten von Medienkonvergenz und Crossmedia ist die Oscar-Verleihung für die gesamte Medien- und Unterhaltungsbranche das bedeutendste Ereignis des Jahres. Die Berichterstattung über die Veranstaltung verlagerte sich in den letzten Jahren allerdings immer mehr ins Internet. Ein Beispiel dafür ist das von Bradley Cooper mit dem Samsung-Handy aufgenommene Selfie mit zahlreichen Hollywoodstars, das binnen nur vier Stunden über 2,3 Millionen Mal „retweetet“ wurde, wodurch Twitter vorübergehend zusammenbrach. Der Wert dieser Samsung-Werbekampagne wird auf eine Milliarde Dollar geschätzt.

Die „Zeltstangen“-Strategie der Blockbuster-Industrie

Wirtschaftliche Eckdaten zur 87. Oscar-Verleihung
  • Übertragung in rund 200 Länder
  • Rund 37 Millionen Fernsehzuschauer
  • Kosten 30-Sekunden-Werbespot: zwei Millionen US-Dollar
  • Werbekunden: Coca-Cola, McDonald's, Samsung

Werden zwei gegensätzliche Nachrichten angekündigt, fängt man bekanntlich mit der guten an. So lautet die gute Nachricht hier, dass weltweit jährlich immer mehr neue Filme produziert werden. Die schlechte Nachricht: Diese Vielfalt an Filmen erreicht das breite Kinopublikum eigentlich kaum. Denn das Publikum schenkt seine Aufmerksamkeit nur einer sehr übersichtlichen Anzahl von Produktionen. Diese sogenannten „Tentpole“, also Filme, die das Filmstudio wie eine „Zeltstange“ finanziell stützen, sorgen dafür, dass die Schlangen an den Kinokassen länger werden und mehrere Hausblöcke umfassen. Diese Kassenschlager werden damit buchstäblich zum Blockbuster.

The Winner Takes All Market

Längst ist die Filmbranche zu einer nach strikten Regeln funktionierenden Institution der Finanz- und Investitionswelt geworden. Mit einem Investitionsvolumen von mehr als 150 Milionen Dollar pro Film zählen solche Mammut-Filmproduktionen zu den teuersten Projekten der Weltwirtschaft überhaupt. Ein entsprechendes „Return on Investment“ wird bei diesen risikoreichen Produktionen auch einkalkuliert. Die weltweite Filmfabrik darf sich bei diesen Größenordnungen allerdings keine Flops erlauben, wie zuletzt bei dem Film „John Carter. Zwischen Zwei Welten“. Die Produktion kostete Walt Disney Pictures im Jahr 2012 rund 200 Millionen Dollar.

Film-Milliardär – völlig unverfroren

Nach diesem wohl größten Flop der Filmgeschichte vermeldete die Walt Disney Corporation im März 2014 wieder einen beachtenswerten Erfolg. Der Zeichentrickfilm „Frozen“ („Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“) erhielt nicht nur zwei Oscars in den Kategorien „Bester Animationsfilm“ und „Bester Filmsong”, sondern spülte weltweit auch eine Milliarde Dollar in die Kinokassen. Inzwischen rangiert dieser Zeichentrickfilm mit 1,274 Milliarden Dollar auf Platz fünf von insgesamt 19 Filmen, die seit 1993 Milliardengewinne eingespielt haben.

Die Väter des Kino-Erfolgs

Dass ganze zwölf von 19 Milliarden-Filmen erst in den vergangenen vier Jahren in die Kinos kamen, zeugt nicht von Glück oder Zufall, sondern von bestimmten Gesetzmäßigkeiten und neuen Rahmenbedingungen für die Kinoindustrie. Für den kommerziellen Erfolg dieser Filme können mehrere Faktoren identifiziert werden.

Was Filme zu Blockbustern macht
  • Das Kinogeschäft wächst rasant und umsatzstark. Ein Beispiel: Die Kino-Umsätze des Films „Marvel‘s The Avengers“ im Jahre 2012. Bei Produktionskosten in Höhe von 220 Millionen Dollar erzielte Walt Disney Studios mit diesem Film 1,518 Milliarden Dollar an den Kinokassen. Dabei spielten die Kinomärkte in China (84 Millionen Dollar), Brasilien (65 Millionen Dollar, Mexiko (61 Millionen Dollar), Südkorea (50 Millionen Dollar) und Russland (43 Millionen Dollar) ein große Rolle. (Zahlenangabe: Box Office Mojo)
  • Aufpreis für Kinokarten zu den Blockbuster-Filmen: Durch die Positionierung der Top-Filme im Premium-Segment erzielen die Blockbuster schneller hohe Einspielergebnisse.

  • Die 3D Technologie: Alle 19 Filme mit Milliardenumsätzen wurden entweder in 3D gedreht oder in 3D nachträglich konvertiert. Dies machte diese Filme für die Zuschauer noch attraktiver und führte zu einem noch stärkeren Drang an der Kinokasse.

  • Die Zugehörigkeit zu den „Big Six“-Filmproduktionsgesellschaften entscheidet: Alle Milliarden-Filme wurden in den zu diesen Produktionsgesellschaften gehörenden Studios gedreht und mit millionenschweren Werbemaßnahmen, welche mitunter den Produktionskosten entsprechen weltweit vermarktet. Diese sechs Produktionsgesellschaften sind News Corporation, The Walt Disney Company, Viacom, Sony, Time Warner und NBC Universal.

  • Unbekannte statt bekannte Schauspieler: Es ist verblüffend, aber die bekannten Schauspieler hindern häufig den weltweiten kommerziellen Erfolg ihrer Filme, weil sich die Geister des Weltpublikums bei bekannten Mimen häufig scheiden. Tatsächlich spielen in den kommerziell erfolgreichsten Filmen wie in „Avatar“ (2,79 Milliarden Dollar) häufig ganz unbekannte Schauspieler. Die Stars der „Titanic“ (2,18 Milliarden Dollar) – Leonardo DiCaprio und Kate Winslet – kamen erst durch diesen Film zu ihrem Weltruhm.

  • Die Zuordnung zu einem bestimmten Genre/zu bestimmten Gattungen wie Fantasy, Action, Science Fiction oder Comic: Die Handlungen von Milliarden-Filmerfolgen sind überwiegend in den Traum-, Sagen-, Märchen- und Fantasiewelten angesiedelt. Daher agieren die weltbekannten Schauspieler in solchen Filmen wie „Marvel`s The Avengers“, „Harry Potter“, „Iron Man“, „Transformers“, „Der Herr der Ringe“ und „Fluch der Karibik“ stark maskiert und kostümiert. Geschichten, die vor allem die Realität abbilden oder nur lokal bzw. in einem kleinen kulturellen Kontext relevant sind, haben offensichtlich kein Milliardenpotential. Ein Weltpublikum erreicht die Filmindustrie vor allem durch surreale Geschichten und emotionale Stories, die den Nerv vieler Menschen treffen.

  • Die Erfüllung bestimmter dramaturgischer Prinzipien: Soll ein Film zum Welterfolg werden, müssen die Drehbuchschreiber bei Handlung und Dialogen einiges beachten:

  • Die Blockbuster sind Musterbeispiele für „political correctness“.

  • Sie kommen bei allen Zielgruppen gut an.

  • Die Filmhelden, die schwer einer bestimmten Nation zugeordnet werden können, retten die gesamte Welt.

  • Die Dialoge sind sehr kurz und einfach gestrickt und lassen sich leicht übersetzen.

  • Das Storytelling erfolgt mehr über starke Bilder als über Worte.

Zu den Personen
Alexander Moutchnik forscht und lehrt zu den Themengebieten Medienwirtschaft und Medienökonomie, Kommunikation und Markenführung, Nachhaltigkeit und Unternehmensführung an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Marion Fink ist Absolventin des Studiengangs "Media & Design Management".

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