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2007 | Book

Qualität in einer Ökonomie der Publizistik

Betriebswirtschaftliche Lösungen für die Redaktion

Author: Harald Rau

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Table of Contents

Frontmatter
1. Kommerzialisierung, Meritorik und eine Ökonomie der Publizistik
Auszug
Die Ökonomie der Publizistik ist ein ebenso wertvolles wie kritisches Konstrukt, und auf den folgenden Seiten mag man sich angesichts der Komplexität der präsentierten Zusammenhänge die Logik und Stringenz einfacher Erklärungsmodelle herbeiwünschen. Diesen Gefallen wird dieses Buch nicht tun können, da die Wechselwirkungen zwischen Ökonomie und Publizistik vielschichtig sind, ihr Beziehungsgefüge von so unterschiedlichen Positionen aus betrachtet werden kann, dass eine Reduktion den Anspruch dieser Arbeit nachgerade konterkarieren würde. Nun also bleibt Komplexität. Dabei ist das eigentliche Erkenntnisinteresse dieses Buches leicht erklärt. Es geht um die Frage, ob (und ansatzweise auch inwiefern) betriebswirtschaftliche Arbeitstechniken in publizistischen, genauer: in journalistischen, Produktionszusammenhängen einzusetzen sind, um Medieninhalte qualitativ zu beeinflussen.
2. Qualität — Begriff und Diskussionsgrundlage im Journalismus
Auszug
Wie kann man überhaupt von journalistischer Qualität sprechen — in einer Welt, die längst von einer Fragmentierung gesellschaftlicher Interessen geprägt ist? Im Verständnis der neuen Leipziger Schule wird Journalismus — im Unterschied zur vielfach genutzten, auf Rühl zurückgehenden systemtheoretischen Definition des Journalismus (vgl. Rühl 1980, S. 323) — normativ-pragmatisch (vgl. Haller 1992, S. 199; 2000, S. 108) definiert. Diese Auffassung geht auf Habermas zurück, der im Sinne eines akteurszentrierten Ansatzes Medienkommunikation als Handeln bezeichnet, „das dem auf Verständigung gerichteten Geltungsanspruch der Verständlichkeit, Wahrhaftigkeit und Richtigkeit folgt“ (Habermas 1981, S. 384 f.). Journalistisches Handeln hat nach Habermas gesellschaftliche Verständigung zum Ziel. Haller knüpft an eben diese Sichtweise direkt an. Er sieht Journalismus als kommunikatives Handeln, dessen Ziel die „gelingende gesellschaftliche Kommunikation“ ist (Haller 2003, S. 180). Laut Haller gelingt Kommunikation „dann (dort), wenn (wo) der Journalismus eine mediale Wirklichkeit erzeugt, die von den Kommunikationspartnern (Akteuren und Rezipienten) als Orientierung über aktuelle Ereigniszusammenhänge genutzt, zumindest so verstanden wird“. Auch Brosda betrachtet Journalismus als kommunikatives Handeln, da Journalisten Beiträge zur Reproduktion der Lebenswelt leisten, in dem sie kulturelle Wissens- und Interpretationsressourcen überliefern und entwickeln (vgl. 2005, S. 21): „Durch journalistische Kommunikation erfahren wir, was wir wissen müssen, um uns in unserer Gesellschaft zu orientieren und an ihr teilhaben zu können“ (S. 21 f.). Journalismus soll also „die kommunikative Koordinierung gesamtgesellschaftlichen Handelns“ ermöglichen (Baum 1994, S. 161).
3. Publizistische Ökonomie am Beispiel der Disziplin Marketing
Auszug
In dieser Arbeit stehen Arbeitstechniken und ihre Wirkung auf die publizistische Qualität im Blickpunkt. Nach der Betrachtung von Qualität und aktivitätsorientiertem Qualitätsmanagement, rücken in den beiden folgenden Kapiteln zwei Arbeitstechniken in den Fokus, deren Einsatz bezogen auf eine Qualitätswirkung betrachtet werden soll. Beide Ansätze unterstützen die Ausgangsfragestellung einer Ökonomisierung im Sinne einer Ökonomie der Publizistik. Beispielhaft wird die Ableitung der Zusammenhänge für die Arbeitstechniken Marketing (Kapitel 3) und Benchmarking (Kapitel 4) vollzogen. In Erweiterung eines im Verlauf der 1990er Jahre entwickelten Ansatzes, wird auf den folgenden Seiten die Disziplin Marketing beleuchtet. Anschließend wird das Konzept des Total Community Coverage (Kapitel 3) betrachtet, das als ein praxistauglicher Ansatz für strategisches redaktionelles Marketing angesehen werden kann.
4. Mit Benchmarking auf dem Weg zu erweiterter Medienpluralität
Auszug
Mit dem Begriffsumfeld Marketing wurde im Kapitel 3 ein sehr weit gefasstes Betätigungsfeld geöffnet und konkretisiert. Nachweislich wurde dort erkannt: Unter Vorgabe fallbezogener Qualitätsvariablen und einer strukturierenden Begriffsdiskussion, wird Marketing — bezogen auf die Publizistik im gesellschaftlichen Zusammenhang — zu einem Qualitätsinstrument, das in der publizistischen Produktion — also zum Beispiel in Redaktionen — auf eben nahezu die gleiche Weise Wirkung entfalten kann, wie im klassischen Management zur Steuerung von Unternehmen oder, allgemeiner, Organisationen. Allerdings muss dazu ein klarer Rahmen gesteckt werden. In der betriebswirtschaftlichen Theorie wird in der jüngeren Vergangenheit eine andere Arbeitstechnik stets in Verbindung mit den Bemühungen zur Steigerung von Qualität genannt: Benchmarking. Als eines der wichtigsten Kriterien bei der Vergabe des Malcolm Baldridge Award (des US-amerikanischen „Qualitätsoskars“) hat Benchmarking weitreichende Beachtung gefunden. Heute sind es vor allen Dingen die Benchmarking-Börsen — auf elektronischen Plattformen über das Internet zur Verfügung gestellt — die die praktische Bedeutung dieser Arbeitstechnik zur „Lernbeschleunigung“ und damit zum Einschwenken auf einen neuen „Qualitätspfad“ ausmachen.
5. Publizistik im ökonomischen Kontext — ein Fazit
Auszug
Dieses Schlusskapitel zieht ein Fazit auf zwei Ebenen: zum einen werden die theoretischen Überlegungen dieser Arbeit noch einmal zusammengefasst und eine Ökonomie der Publizistik verteidigt. Zum Zweiten will es einige Hinweise präsentieren, wie in der Praxis die Voraussetzungen für eine Ökonomie der Publizistik geschaffen werden können. Obwohl diese theoretisch in einem Nonprofit-Umfeld sinnreich abzuleiten ist, wird die Kritik einer Ökonomie der Publizistik stets an einem Ökonomieverständnis anknüpfen müssen, das die Gewinnmaximierung einschließt. Zumindest mittelfristig wird sich an den privatwirtschaftlichen Voraussetzungen — selbst bei einer weiteren Verschärfung von Krisenszenarien und Kommerzialisierungsprozessen in einem globalen, respektive transnationalen Kontext — der meisten Medienorganisation vermutlich kaum etwas ändern.
Backmatter
Metadata
Title
Qualität in einer Ökonomie der Publizistik
Author
Harald Rau
Copyright Year
2007
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-90415-3
Print ISBN
978-3-531-15086-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-90415-3