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Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 5/2022

Open Access 12-09-2022 | Schwerpunkt

Qualitätssicherung in Digitalen Plattform-Ökosystemen: Implementierung von Kontrollsystemen am Beispiel von Apple iOS

Authors: Michaela Lindenmayr, Jens Foerderer

Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik | Issue 5/2022

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Zusammenfassung

Um sich in einem kompetitiven Wettbewerbsumfeld weiterzuentwickeln und Netzwerkeffekte zu realisieren, setzen Plattformen externe App-Entwickler zur Erweiterung von Mobile-Apps-Plattformen ein. Damit können Plattformbetreiber den Wert für Konsumenten steigern. Gleichzeitig verlieren sie aber die vollständige Kontrolle über die Plattform und Qualitätsmängel in Form von fehlerhaften oder geringwertigen Apps treten auf. Dies macht Mechanismen zur Qualitätssteuerung erforderlich. Dabei implementieren Plattformbetreiber Kontrollsysteme, die Rahmenbedingungen für die Interaktion in Plattform-Ökosystemen festlegen. Kontrollen und Sanktionen setzen die Einhaltung der Regeln durch. Dieser Beitrag beschreibt den Prozess der Qualitätssicherung auf Mobile-Apps-Plattformen. Dabei werden am Beispiel von Apple iOS werden die vorgestellten Maßnahmen evaluiert. Diese Erkenntnisse können von anderen Plattformbetreibern genutzt werden, um eine hohe Qualität ihrer Plattform sicherzustellen.

1 Einleitung

Mobile-App-Plattformen, z. B. Android oder Apple iOS, stellen den wesentlichen Bestandteil mobiler Endgeräte dar. Als Betriebssystem von Geräten wie Smartphones, Tablets, und Laptops vermitteln Mobile-App-Plattformen zwischen deren Soft- und Hardware. Sie dienen aber gleichzeitig auch als Infrastruktur für Konsumenten und App-Entwickler. App-Entwickler können Softwareerweiterungen, sogenannte Apps, für die Plattform bereitstellen. Konsumenten, Nutzer mobiler Endgeräte, können über die Plattform Zugang zu diesen Apps erhalten.
Neben plattformeigenen Apps profitieren Mobile-App-Plattformen von Softwareerweiterungen durch Dritte (Lohrenz et al. 2021; Michalke et al. 2022). Diese Erweiterungen erlauben den Konsumenten Zugang zu einem breiteren Angebot an Apps. Dieses erweiterte Angebot erhöht den Anreiz, eine Plattform zu nutzen.
Gleichzeitig führt die Integration von externen App-Entwicklern zu Herausforderungen hinsichtlich der Qualitätssicherung. Qualität bezieht sich dabei auf die Erfüllung definierter Produkteigenschaften und die bestmögliche Zufriedenstellung von Konsumenten (Garvin 1984). Durch die Öffnung der Plattform für Dritte verliert ein Plattformbetreiber die vollständige Kontrolle über die Plattform (Boudreau und Lakhani 2009). Dies kann zu Abweichungen von der gewünschten Qualität führen.
Um Qualität im App-Ökosystem sicherzustellen, ist es für Mobile-App-Plattformen notwendig, umfassende Maßnahmen durchzuführen. Plattformbetreiber müssen ein Regelwerk definieren, das die Qualitätserwartungen und -kriterien offenlegt. Festgelegte Kontroll- und Sanktionsmechanismen garantieren die Einhaltung des Regelwerks.
In diesem Beitrag wird erläutert, wie die Integration von externen App-Entwicklern auf Mobile-App-Plattformen zu Qualitätsmängeln führen kann und wie Plattformbetreiber Qualität auf ihrer Plattform sicherstellen können. Um diese Inhalte in die Anwendung zu überführen, wird eine praktische Umsetzung anhand der Plattform Apple iOS erläutert. Damit soll der Beitrag als Ausgangspunkt für Plattformbetreiber dienen, um ihre Strategie in Bezug auf Qualitätssicherung anhand strukturierter Handlungsanweisungen zu optimieren.

2 Hintergrund

2.1 Plattform-Konzept von Mobile-App-Plattformen

Basierend auf dem zweiseitigen Plattform-Geschäftsmodell bestehen Mobile-App-Plattformen aus zwei Arten von Plattformteilnehmern, welche eine Werteinheit austauschen (Parker et al. 2016; Tiwana et al. 2010). Einerseits gibt es App-Entwickler, welche Apps entwickeln und mittels der Plattform zur Verfügung stellen. Andererseits können Konsumenten die Apps auf ihren mobilen Geräten nutzen. Die ausgetauschten Werteinheiten auf der Plattform sind dabei die Apps. Die Plattform stellt die Infrastruktur zum Austausch der Apps bereit.
Mobile-App-Plattformen basieren auf direkten und indirekten Netzwerkeffekten (Parker et al. 2016; Shapiro et al. 1998). Netzwerkeffekte treten auf, wenn der Nutzen für Plattformteilnehmer von der Anzahl der bestehenden Teilnehmer auf der Plattform abhängt (Katz und Shapiro 1994). Dabei beschreiben direkte Netzwerkeffekte den Nutzen, der durch mehr Plattformteilnehmer auf der gleichen Marktseite entsteht. Indirekte Netzwerkeffekte beziehen sich auf den Nutzen durch Zunahme der Teilnehmer auf der entgegengesetzten Marktseite.
Indirekte Netzwerkeffekte sind im Kontext von Mobile-App-Plattformen stärker ausgeprägt. Während die Relevanz der Teilnehmer auf der gleichen Marktseite gering ausfällt, kommt der Wert zusätzlicher Interaktionen vor allem von indirekten Netzwerkeffekten. App-Entwickler profitieren von erhöhter Nachfrage nach den entwickelten Apps, Konsumenten erhalten Wert aus dem erweiterten Angebot von Apps. Diese Netzwerkeffekte wirken selbstverstärkend und bedingen unbegrenztes Wachstum von Mobile-App-Plattformen (Evans und Schmalensee 2010). Räumliche und zeitliche Unbegrenztheit begünstigen das Wachstum.

2.2 Integration von Komplementären zur Realisierung von Netzwerkeffekten

Um Netzwerkeffekte zu realisieren, integrieren Plattformen externe App-Entwickler, sogenannte Komplementäre. Komplementäre sind externe Anbieter, welche erweiterte Leistungen bereitstellen. Diese sind in der Lage, den Wert der Plattform für Konsumenten zu steigern (Boudreau und Lakhani 2009; Michalke et al. 2022). Der durch die Plattform generierte Wert bezieht sich dabei auf das Ausmaß der Plattformnutzung, also das Konsumieren von Apps. Daneben beeinflussen die Qualität der Werteinheiten (z. B. Kramberg und Heinzl 2021) und Plattformteilnehmer (z. B. Weiß et al. 2018) den Wert der Plattform.
Die Auswahl von Komplementären ähnelt der Wahl von Partnern in einem traditionellen Wertschöpfungsnetzwerk, stellt Plattformbetreiber aber vor zusätzliche Herausforderungen. Während Unternehmen in traditionellen Wertschöpfungsnetzwerken einzelne Partner strategisch auswählen, können Plattformen durch eine größere Anzahl an App-Entwicklern höhere Netzwerkeffekte realisieren (Parker et al. 2016; Shapiro et al. 1998). Dies erhöht den Anreiz, möglichst viele App-Entwickler zu integrieren. Unternehmen in traditionellen Wertschöpfungsnetzwerken optimieren Partner entlang der gesamten Wertschöpfungskette und koppeln ihre Entscheidungen dabei an Faktoren wie Standort oder Preise. Solche Faktoren spielen in Plattformgeschäftsmodellen eine untergeordnete Rolle. Da Mobile-App-Plattformen lediglich die Infrastruktur für die Interaktion zwischen App-Entwicklern und Konsumenten bereitstellen, steht im Vordergrund der Auswahl von Komplementären die Zufriedenstellung der Konsumentenbedürfnisse.
Die Integration von Komplementären stellt zusätzliche Anforderungen an Qualitätssicherung. Der Begriff Qualität folgt hierbei der produkt- und kundenbasierten Sichtweise von Garvin (1984). Dieser Begriff umfasst vom Plattformbetreiber festgelegte Produkteigenschaften, beispielsweise regulatorische Anforderungen, das Geschäftsmodell, die Einhaltung von Nutzungsbedingungen, oder die Kompatibilität mit bestehenden Apps. Ebenfalls umfasst er Konsumentenanforderungen wie Service, Bedienbarkeit, Performanz, und Sicherheit. Diese Konsumentenanforderungen äußern sich laut Parker et al. (2016) in richtigen, nützlichen, relevanten, und interessanten Werteinheiten.
Steuern externe Entwickler Apps bei, dann lässt sich die Qualität nicht mit den gleichen Mitteln und Prozessen sicherstellen, die bei der internen App-Entwicklung Anwendung finden würden. Diese Anforderung lässt sich aus den bestehenden Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie und der Vertragstheorie ableiten (Hard und Moore 1988; Hart 1995). Asymmetrische Information beschreibt dabei den Informationsvorsprung des Komplementärs gegenüber dem Plattformbetreiber. In Verbindung mit dem Anreiz des Komplementärs, im Selbstinteresse zu handeln, werden Qualitätssicherungsmaßnahmen notwendig. Plattformbetreiber müssen durch gezielte Maßnahmen sicherstellen, dass ihre Qualitätsansprüche auf der Plattform erfüllt werden.

2.3 Qualitätsmängel können zum Scheitern einer Plattform führen

Mangeln Apps an Qualität, so kann das teils erhebliche negative Folgen für die Plattform haben.
Qualitätsmängel auf Mobile-App-Plattformen können Konsumenten schaden und damit deren Zufriedenheit negativ beeinflussen. Im Jahr 2021 waren beispielsweise über 10 Mio. Nutzer der Android-Plattform von der GriftHorse-Kampagne betroffen. Durch Schadcode in über 200 auf den ersten Blick unverdächtigen Apps schlossen Nutzer ein zahlungspflichtiges SMS-Abo ab. Dies verursachte einen Schaden in Millionenhöhe (Schirrmacher 2021).
Gleichermaßen sind auch App-Entwickler daran interessiert, dass die Apps im Plattform-Ökosystem eine hohe Qualität aufweisen. Machen minderwertige Apps die Runde, dann können Konsumenten nicht mehr zwischen Apps hoher Qualität und niedriger Qualität unterscheiden. Für App-Entwickler lohnt es sich dann nicht mehr, in Qualität zu investieren – es kommt zu einem Marktversagen (Akerlof 1970).
Im Sinne der Netzwerkeffekte (Parker et al. 2016, Shapiro et al. 1998) geht das Plattformwachstum durch die Abwendung von Konsumenten und App-Entwicklern zurück. Aus diesem Grund ist es elementar für Plattformbetreiber, eine hohe Qualität sicherzustellen.

3 Implementierung von Kontrollsystemen zur Qualitätssicherung

Plattformbetreiber sehen sich der Herausforderung von Governance-Entscheidungen auf der Plattform gegenüber. Einerseits sollen Innovationen gefördert, andererseits soll Qualität sichergestellt werden (Tiwana et al. 2010). Um mangelnder Qualität auf Mobile-App-Plattformen entgegenzuwirken, ist die Entwicklung eines effektiven Kontrollsystems maßgeblich. Dieses legt die Rahmenbedingungen für die App-Entwicklung im Plattform-Ökosystem fest. Das Kontrollsystem bietet eine transparente Grundlage für die Zusammenarbeit mit App-Entwicklern. Dedizierte Teams überwachen die Umsetzung der von Plattformbetreibern festgelegten Regeln. Verstöße gegen das definierte Regelwerk werden entsprechend sanktioniert.
Auch wenn App-Entwickler grundsätzlich Eigeninteressen haben, so kann die Einhaltung der Regeln auf Isomorphie zurückgeführt werden. Wie bereits erläutert, verfolgen App-Entwickler in Hinblick auf die Prinzipal-Agenten-Theorie und die Vertragstheorie (Hard und Moore 1988; Hart 1995) Eigeninteressen. Gleichzeitig besteht laut DiMaggio und Powell (1983) ein Anreiz, die von Plattformbetreibern etablierten Regeln entsprechend umzusetzen. Dies führt wiederum zu einer Angleichung der Komplementäre innerhalb des Plattform-Ökosystems. Dieser Anreiz ist nach DiMaggio und Powell (1983) auf Isomorphie zurückzuführen und kann entsprechend auf das Mobile-App-Plattform-Szenario angewandt werden: (1) Koerzitive Isomorphie führt durch die Abhängigkeit der Komplementäre von der Plattform dazu, dass ein gewisser Zwang besteht, etablierte Regeln einzuhalten; (2) mimetische Isomorphie beschreibt die Einhaltung der Regeln, da diese in der Vergangenheit zum Erfolg anderer beigetragen haben; und (3) normative Isomorphie bezieht sich auf die ähnliche Sozialisierung von Managern verschiedener Unternehmen und damit auch grundsätzlich vergleichbare Wertvorstellungen von Komplementären und Plattformbetreiber.

4 Handlungsempfehlungen für die Gestaltung der Qualitätssicherung am Beispiel von Apple iOS

Basierend auf den Erkenntnissen aus diesen theoretischen Ansätzen werden konkrete Handlungsempfehlungen für Plattformbetreiber abgeleitet. Der Beitrag stellt diese Handlungsempfehlungen anhand eines Fallbeispiels der Plattform Apple iOS vor. Dieses Beispiel wurde gewählt, da die Plattform Apple iOS maßgeblich für eine hohe Qualität der externen Apps bekannt ist. Dies spiegelt sich in der Konsumentenzufriedenheit wider. Damit eignet es sich als Best Practice für andere Plattformbetreiber.

4.1 Reflektieren Sie die Entscheidung zur Verlagerung von Wertschöpfung

Die Entscheidung über die Öffnung von Mobile-App-Plattformen für Dritte ist ein Konflikt zwischen der Realisierung von Netzwerkeffekten und Qualitätssicherung. Im Hinblick auf Netzwerkeffekte führt eine erhöhte Anzahl von Apps auf der Plattform zu einem erhöhten Wert für Konsumenten (Boudreau und Lakhani 2009; Michalke et al. 2022). Andererseits können Qualitätsprobleme auftreten, wenn Komplementäre die Qualitätsansprüche des Plattformbetreibers nicht erfüllen.
Um in diesem Konflikt die richtige Entscheidung zu treffen, sollten Plattformen die Integration von Komplementären kritisch hinterfragen. Dabei gilt es zu evaluieren, ob der generierte Wert in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko steht. Die Eigeninteressen der App-Entwickler kollidieren möglicherweise mit den Interessen des Plattformbetreibers. Ist eine Plattform in sich geschlossen bereits sehr erfolgreich und sind Integrationsrisiken zu erwarten, so empfiehlt sich die Öffnung der Plattform gegenüber Dritten nicht. Ein erhöhtes Risiko stellt beispielsweise der Umgang mit sensiblen Daten dar, auf welche Komplementäre Zugriff erhalten. Andererseits können Komplementäre aber auch notwendig sein, um Wert für Konsumenten zu generieren oder Netzwerkeffekte zu steigern (Parker et al. 2016; Shapiro et al. 1998). In diesem Fall müssen Maßnahmen zur Steuerung der Plattformqualität getroffen werden.
Apple setzt in erheblichem Umfang auf externe App-Entwickler, um das Plattformangebot zu erweitern. Über 99,99 % der Apps im Apple-Ökosystem werden laut einer Studie von Caminade und Von Wartburg (2022) von externen App-Entwicklern angeboten. Apple hat Qualitätssicherungsmaßnahmen institutionalisiert, und zwar im Rahmen eines sogenannten Code of Conduct sowie eines App-Review-Prozesses (Apple 2021).

4.2 Gestalten Sie das Regelwerk für die Qualitätskontrolle strukturiert und transparent

Um sicherzustellen, dass Komplementäre den Qualitätsansprüchen der Plattformbetreiber gerecht werden, müssen Plattformen ein transparentes Regelwerk aufstellen. Dieses Regelwerk legt eindeutige Qualitätskriterien für Komplementäre und deren Apps auf der Plattform fest. Damit macht es die Erwartungen und den Handlungsspielraum für Komplementäre transparent. Gleichzeitig stellt es sicher, dass die Interessen des Plattformbetreibers gewahrt bleiben. Damit dient ein solches Regelwerk im Rahmen der Vertragstheorie dazu, die Interessen von Plattformbetreiber und Komplementär in Einklang zu bringen (Hard und Moore 1988; Hart 1995).
Die Etablierung von festen Regeln soll einerseits dazu dienen, schädliches Verhalten auf der Plattform abzuwenden, andererseits aber auch Standards im Rahmen von Mindestkriterien festlegen. Diese Standards umfassen technische Restriktionen in Bezug auf spezifische Entwicklungsumgebungen. Zudem können Plattformen Design-Kriterien definieren, wenn diese für die Konsistenz der Plattform relevant sind.
Tab. 1 zeigt einen Überblick über Qualitätsdimensionen, die im Rahmen eines Regelwerks definiert werden können, hier am Beispiel der Plattform Apple iOS. Es bietet sich an, gemäß der oben ausgeführten Qualitätsdefinition zwischen produkt- und kundenbezogenen Dimensionen zu unterscheiden. Außerdem bietet es sich an, Anforderungen an Komplementäre und Apps zu differenzieren. Die Dimensionen werden je nach Plattform unterschiedliche Bedeutung für die Qualität besitzen, und sind daher entsprechend zu gewichten.
Tab. 1
Beispielhafte Qualitätskriterien in einem Regelwerk
 
App-Entwickler
App
Produktbezogene Kriterien
– Geschäftsmodell, z. B. Monetarisierung
– Vertragliche Bestimmungen, z. B. Nutzungsbedingungen
– Kompatibilität mit bestehender Infrastruktur, z. B. Nutzung bestehender Schnittstellen
– Regulatorische Anforderungen, z. B. Jugendschutz, Datenschutz
Kundenbezogene Kriterien
– Wertvorstellungen, z. B. Interaktion mit Konsumenten
– Service für Konsumenten, z. B. Erreichbarkeit
– Performanz und Bedienbarkeit
– Sicherheit, z. B. Datenverwendung, Verbreitung schadhafter Inhalte
Auf der Plattform Apple iOS definieren der Code of Conduct bzw. der App-Review-Prozess die Anforderungen an Komplementäre und Apps. Der Code of Conduct legt das Verhalten der Komplementäre fest. Komplementäre müssen sich registrieren und dem Code of Conduct zustimmen. Apple evaluiert die Einhaltung der Regeln anhand des Code of Conduct. Daneben dient der App-Review-Prozess dazu, die Qualität der komplementären Apps sicherzustellen. Dabei müssen Apps Anforderungen in Bezug auf Sicherheit, Leistungsfähigkeit, Geschäftsmodell, Design, und gesetzliche Rahmenbedingungen erfüllen (Apple 2021).

4.3 Kontrollieren Sie die Einhaltung des Regelwerks nach klaren Richtlinien

Aufgrund der Isomorphie ist zu erwarten, dass App-Entwickler ein grundlegendes Interesse daran haben, sich dem Regelwerk entsprechend zu verhalten (DiMaggio und Powell 1983). Es bedarf in aller Regel aber zusätzlicher Qualitätskontrollen. Kontrollinstanzen haben die Aufgabe, die Komplementäre der Plattform zu prüfen. Sowohl die Art der Interaktion mit Konsumenten als auch die Qualität der bereitgestellten Apps wird Kontrollen unterzogen. Bei der Kontrolle sind direkte sowie indirekte Kosten zu berücksichtigen, welche in einem angemessenen Verhältnis zur Zielerreichung stehen sollten.
Die Unterstützung von Algorithmen und Konsumenten kann den Aufwand für Plattformbetreiber bei der Kontrolle von Regeln reduzieren. Automatisierte Filter können die Einhaltung einfacher Regeln prüfen, beispielsweise durch funktionale Tests von Apps. Daneben können Konsumenten bei der Kontrolle mitwirken. Darunter fallen beispielsweise das Melden von Apps im Hinblick auf Regelverstöße auf Plattformen und die Moderation dieser Inhalte durch dedizierte Gremien.
Ob Komplementäre die Regeln einhalten, beurteilt Apple im Rahmen des App-Review-Prozesses. Apps werden in Bezug auf die definierten Qualitätskriterien untersucht, um Regelverstöße festzustellen. Daneben stellt Apple im Rahmen von funktionalen Tests fest, ob die Design-Kriterien eingehalten wurden und eine stabile Performanz erreicht wird. Im App-Review-Prozess nutzt Apple sowohl automatische Filter als auch manuelle Inspektionen (Leswing 2019).
Neben der initialen Erfassung der Übereinstimmung von Komplementären mit den Anforderungen der Plattform muss eine Plattform die Einhaltung der Regeln kontinuierlich prüfen. Diese regelmäßigen Prüfungen validieren die Qualität von Apps und Komplementären.
Auch nachdem eine App von Apple freigegeben wurde, prüft die Plattform kontinuierlich die Qualität. App-Entwickler müssen jederzeit eine reibungslose Funktion der Apps sicherstellen. Daneben muss die App einen Wert für die Konsumenten schaffen, z. B. durch regelmäßige Updates. Andernfalls sieht es Apple vor, eine App aus dem App Store zu entfernen. Daneben behält Apple es sich auch vor, die Entwickler-Accounts zu terminieren, wenn App-Entwickler gegen den Code of Conduct von Apple verstoßen. Dieser Code of Conduct bezieht sich primär auf die Entwickler selbst und den Einklang von deren Wertvorstellungen mit dem Geschäftsmodell von Apple. Darunter fallen beispielsweise Diskriminierung oder Täuschungs- und Manipulationsversuche gegenüber Konsumenten (Apple 2021).

4.4 Setzen Sie Maßnahmen zur Nichteinhaltung nach fest definierten Kriterien ein

Werden Regelverstöße auf der Plattform registriert, hat ein Plattformbetreiber verschiedene Möglichkeiten, auf diese zu reagieren. Je nach Ausmaß des Verstoßes sind unterschiedliche Maßnahmen denkbar. Teilweise kann das Aussprechen einer Warnung gegenüber dem Komplementär ausreichen, um zukünftige Verstöße zu verhindern, gleichzeitig auch verhindern, dass sich der Komplementär von der Plattform abwendet. Eine solche Warnung soll dem Komplementär signalisieren, dass weitere Regelverstöße zu stärkeren Sanktionen führen, so beispielsweise dem Ausschluss von der Plattform.
Bei größeren Mängeln oder keiner zu erwartenden Verbesserung kann ein solcher Ausschluss des Komplementärs von der Plattform erfolgen. Plattformen können je nach Grad des Mangels Komplementäre temporär oder dauerhaft ausschließen.
Eine weitere Möglichkeit, Komplementäre für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft zu ziehen, ist das Vollziehen von Sanktionen. Sanktionen werden beispielsweise in Form von Strafzahlungen oder Statusdegradierungen verhängt. Diese haben zum Ziel, ein Umdenken bei den Komplementären herbeizuführen.
Entsprechen Apps nicht den Regeln, leitet Apple Maßnahmen gegenüber den App-Entwicklern ein. Ein Regelverstoß führt in erster Linie dazu, dass eine App nicht veröffentlicht wird. Ablehnungsgründe sind meist eine mangelhafte Performanz, die unerlaubte Nutzung von Kundendaten, eine unzureichende Beschreibung der App, oder ein minderwertiges Layout. Beheben App-Entwickler die Mängel, so haben sie erneut die Möglichkeit, ihre App für den Review-Prozess einzureichen (Apple 2021). Bei Grauzonen oder öffentlich sensiblen Anwendungen bezieht Apple das Executive Review Board mit in den Prozess ein. Besteht zusätzlicher Klärungsbedarf, kommuniziert Apple direkt mit den App-Entwicklern. Bei rechtswidrigen Verstößen, beispielsweise wenn eine App pornografische oder gewaltverherrlichende Inhalte darstellt, kann Apple zusätzlich eine Anzeige erstatten (Leswing 2019).

4.5 Vermeiden Sie Abhängigkeiten von Komplementären

Die Durchsetzung des Regelwerks wird dann besonders erfolgreich sein, wenn es Plattformbetreibern gelingt, Interessenskonflikte zu vermeiden. Um das Regelwerk durchsetzen zu können, sollten Plattformbetreiber eine Abhängigkeit von spezifischen Apps oder App-Entwicklern vermeiden. Schließt die Plattform eine populäre App aus, kann dies beispielsweise für Unzufriedenheit bei Konsumenten sorgen, und letztlich dazu führen, dass diese zu rivalisierenden Plattformen abwandern.
Der Einsatz von Maßnahmen bei Regelverstößen ist nur dann erfolgreich, wenn Sanktionen die Attraktivität der Plattform gegenüber Konsumenten und App-Entwicklern nicht erheblich reduzieren. Dieser Zusammenhang geht auf das Prinzip der Netzwerkeffekte zurück, dem zufolge die Attraktivität der Plattform von der Anzahl der auf ihr durchgeführten, wertvollen Interaktionen abhängt (Katz und Shapiro 1994; Evans und Schmalensee 2010).
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Plattformbetreiber ein diversifiziertes Ökosystem aufbauen. Mit fast zwei Millionen Apps (Caminade und Von Wartburg 2022), ist die Plattform Apple iOS in vielerlei Hinsicht diversifiziert. Das reduziert Abhängigkeiten und Interessenskonflikte und ermöglicht die konsistente Durchsetzung der Regeln.

4.6 Passen Sie Ihre Kontrollsysteme neuen Anforderungen an

Da sich stets neue Herausforderungen aus dem digitalen Wandel und dem Fortschritt von Technologien ergeben, sollten Plattformbetreiber das Kontrollsystem regelmäßig auf Aktualität und Anwendbarkeit prüfen. Plattformveränderungen sollen dabei neue Herausforderungen adressieren.
Um Vertrauen innerhalb des Plattform-Ökosystems zu stärken, sollten Plattformbetreiber die Aktualisierungen des Regelwerks mit Komplementären abstimmen. Das fördert das Vertrauen der Komplementäre und damit die Akzeptanz der Aktualisierungen. Daraus resultiert eine langfristige Kollaboration, von welcher sowohl Plattformbetreiber als auch Komplementäre profitieren. Nach DiMaggio und Powell (1983) gleichen sich Partner, also Plattformbetreiber und Komplementäre, in Ökosystemen an. Diese Angleichung führt im Zeitverlauf zu ähnlichen Vorstellungen und damit zu einem erhöhten Anreiz, diese Komplementäre in die Entwicklung von Strategien zu integrieren.
Um eine kontinuierliche Weiterentwicklung sicherzustellen und innovative Ideen zu fördern, nutzt Apple Programme und Veranstaltungen. Darunter fällt beispielsweise eine jährliche Tagung für App-Entwickler (Foerderer 2020). Diese hat das Ziel, die Entwicklungen der Plattform vorzustellen. Zusätzlich fördern Auszeichnungen für besonders vorbildliche Apps, Akademien, oder Vorträge ein gemeinsames Verständnis.

5 Fazit

Mit Blick auf die Relevanz von Netzwerkeffekten auf Mobile-App-Plattformen steigt die Bedeutung von Komplementären, welche das Angebot an Apps erweitern. Gleichzeitig entstehen mit der Öffnung der Plattform für Komplementäre Risiken in Bezug auf Qualitätsanforderungen. Qualitätsmängel reduzieren die Konsumentenzufriedenheit, führen zu einer Abwanderung von App-Entwicklern hoher Qualität, und behindern das Wachstum der Plattform.
Für Plattformbetreiber ist es notwendig, die Qualitätssicherung strukturiert zu steuern. Nach der Entscheidung für die Öffnung der Plattform definiert der Plattformbetreiber durch ein Regelwerk die Kriterien für die Teilnahme an der Mobile-App-Plattform. Manuelle und algorithmische Kontrollen prüfen die Einhaltung der definieren Regeln. Bei Verstößen implementieren Plattformbetreiber Warnungen, Ausschlüsse, und Sanktionen.
Unsere Erkenntnisse verdeutlichen, dass eine strukturierte Auseinandersetzung mit der Frage der Öffnung der Plattform sowie den relevanten Qualitätsanforderungen notwendig ist. Dabei geht es vor allem darum, Konsumentenanforderungen zu erfüllen. Konkrete Handlungsanweisungen bilden den Ausgangspunkt für ein klar definiertes Vorgehen bei der Qualitätssicherung.
Da Qualitätssicherung auf allen Arten von digitalen Plattformen relevant ist, sollte sich zukünftige Forschung intensiver mit den Qualitätsmechanismen auseinandersetzen. Es bietet sich an, die Qualitätssicherung auf transaktionsorientierten, innovationsorientierten, und datenzentrierten Plattformen zu beleuchten. Da Plattformen einen Portfoliocharakter bei der Auswahl von Komplementären besitzen, sollte insbesondere dieser Aspekt in aufbauender Forschung näher beleuchtet werden. Winkler et al. (2008) untersuchen diese Frage für traditionelle Wertschöpfungsketten.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Metadata
Title
Qualitätssicherung in Digitalen Plattform-Ökosystemen: Implementierung von Kontrollsystemen am Beispiel von Apple iOS
Authors
Michaela Lindenmayr
Jens Foerderer
Publication date
12-09-2022
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik / Issue 5/2022
Print ISSN: 1436-3011
Electronic ISSN: 2198-2775
DOI
https://doi.org/10.1365/s40702-022-00904-6

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