Wie hat sich die Rolle von CFOs im Zuge der Digitalisierung verändert? CFO-Personalexperte Hanns Goeldel erklärt, welche Fähigkeiten diese benötigen, um die an sie gestellten Erwartungen zu erfüllen, und woran es häufig noch hapert.
Sie sind spezialisiert auf die Besetzung von CFO-Positionen. Was ist aus Ihrer Sicht heute die wichtigste Rolle eines Finanzvorstands?
CFOs sollten Business Partner sein. Das ist die Rolle, in der sie den größten Wert im Unternehmen stiften können. Als Business Partner durchdringen CFOs alle strategischen und operativen Themen aus ihrer kaufmännischen Perspektive und agieren als Sparringspartner für den CEO und die anderen Kollegen der Geschäftsführung. Das ist eine wichtige eigenständige Funktion, in der CFOs mit eigenen Standpunkten, Ideen und Vorschlägen aktiv auf das Unternehmen einwirken und einen großen Wertbeitrag leisten.
Wie viele CFOs füllen diese Rolle tatsächlich aus?
Auf der obersten Führungsebene verstehen sich die meisten CFOs durchaus als Business Partner und werden auch so wahrgenommen. Dies entspricht zudem der Erwartungshaltung der Eigentümer und Aufsichtsgremien, die genau diese Eigenschaft als wichtiges Kriterium einfordern und damit eine klare Richtung bei der Bestellung der CFOs und der Entwicklung potenzieller Nachfolger vorgeben. Sicherlich gibt es aber auch immer noch CFOs, die ihre Hauptrolle darin sehen, Transparenz über die Unternehmensentwicklung zu schaffen und die Ordnungsmäßigkeit des Zahlenwerks sicherzustellen.
Ist es eine Frage der Persönlichkeit, ob man ein guter Business Partner wird, oder ist es eher eine Frage der Prägung durch Ausbildung und Karriere?
Bei der Entwicklung zum Business Partner kommen beide Aspekte zusammen. Ob und inwieweit man sich in diese Rolle entwickeln kann, ist zu einem guten Teil eine Frage der Persönlichkeit und des Potenzials. Wir schätzen das Potenzial von Personen anhand von vier Persönlichkeitsfaktoren ein, und alle vier scheinen mir für einen echten Business Partner relevant. Zum einen muss man Neugier und Erkenntnisvermögen mitbringen, um die Komplexität und Veränderung von Märkten und Geschäftsmodellen zu durchdringen. Zum anderen muss man aber auch über Entschlossenheit und Mobilisierungskraft verfügen, um notwendige Veränderungen im Unternehmen durchsetzen zu können. Wie stark man sein Potenzial ausschöpfen kann, hängt aber sicher auch von der Art der Tätigkeit ab, die man über Jahre ausübt und durch die man geprägt wird. Menschen, die sich jahrelang in "Kaminkarrieren" auf die effiziente Abwicklung von Planungs- und Reporting-Prozessen konzentrieren, werden nicht die notwendigen Erfahrungen machen können, um in der Rolle des CFOs als Business Partner Akzeptanz zu finden. Daher ist es sinnvoll, unterschiedliche Funktionen zu durchlaufen und über Projekte das eigene Profil zu verbreitern oder in unterschiedlichen Unternehmensumgebungen zu lernen, zum Beispiel in einem Start-up, in der Beratung oder in einem Private-Equity-Portfoliounternehmen. Für eine gewisse Zeit selbst operative Verantwortung zu übernehmen, führt in vielen Fällen zu einem zusätzlichen Entwicklungsschritt. Viele Unternehmen fördern solche breit angelegten Entwicklungen im Unternehmen oder suchen bewusst nach CFO-Kandidaten, die durch solche Lernphasen gegangen sind.
Welches CFO-Profil ist im Kontext einer Transformation gefragt? Hat ein ausschließlich kapitalmarkt- und finanzorientierter Finanzvorstand in einem solchen Umfeld noch eine Existenzberechtigung?
In Unternehmen, die als Holding ihre Beteiligungen wie ein Portfolio steuern, kann der CFO mit einer stark kapitalmarkt- und finanzorientierten Sicht ein exzellenter Sparringspartner für den CEO sein, gerade wenn es um die Beurteilung von neuen Geschäftsmodellen und entsprechende Investitionsentscheidungen geht, um das Portfolio der Beteiligungen neu auszurichten. Aber der CFO einer operativen Einheit kann aus meiner Sicht die Transformation nur dann vorantreiben, wenn er die Geschäftsmodelle und die operativen Geschäftsprozesse im Detail kennt und versteht, welche Veränderungen notwendig sind, um das eigene Unternehmen nachhaltig wettbewerbsfähig aufzustellen.
Das vollständige Interview lesen Sie in der Zeitschrift "Controlling & Management Review" (Ausgabe 7|2019).