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12-11-2024 | Recruiting | Interview | Article

"Nicht jeder muss in der IT programmieren können"

Author: Andrea Amerland

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IT-Experten sind Mangelware. Dadurch eröffnen sich in der EDV Möglichkeiten für Quereinsteiger, etwa aus dem Marketing oder dem Finanzbereich. Wie diese rekrutiert und eingesetzt werden können, erklärt Strato-CEO Claudia Frese im Gespräch.

springerprofessional.de: Im IT-Sektor fehlen nach wie vor Fachkräfte. Und der Bedarf soll weiter steigen. Für welche IT-Jobs fehlen aktuell besonders geeignete Kandidaten?

Claudia Frese: IT-Sicherheitsexperten sind momentan sehr stark nachgefragt, also etwa Systemadministratoren, die ihr Handwerk in der Tiefe verstehen, sodass sie das Thema Angriffs- und Ausfallsicherheit immer mitdenken. Die fortwährende Bedrohung durch Cyber-Kriminalität ist aktuell die wohl größte Herausforderung, einmal abgesehen vom Ressourcen-Aufbau der Hardware und dem Thema Energieeffizienz. Cyber-Sicherheit und die Sicherstellung von Datenschutz sind die entscheidenden Grundpfeiler, ohne die kein Unternehmen in der Branche erfolgreich bleiben wird. Entsprechend hoch ist der Bedarf an gut ausgebildetem Fachpersonal. 

Was unsere Branche aktuell massiv prägt, sind natürlich die technologischen Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz und Automatisierung, die allerorten Einzug halten. Ein spannendes Experimentierfeld, das viele neue Möglichkeiten eröffnet. KI-Fachleute und für Datenanalysen haben dem hohen Bedarf entsprechend beste Auswahlmöglichkeiten in diesem Jobmarkt.

Unternehmen setzen zugleich zunehmend auf Cloud-Technologien, und mit der Einbindung von KI-Anwendungsszenarien in eigene Geschäftsprozesse wird sich diese Entwicklung absehbar noch verstärken. Cloud-Architekten und -Administratoren werden in den kommenden Jahren also ebenfalls sehr gefragt bleiben.  

KI wird die IT-Jobs der Zukunft verändern. Was können Unternehmen tun, um entsprechende Fertigkeiten und Kenntnisse rechtzeitig an Bord zu haben?

Sie sollten bei den eigenen Leuten anfangen: Beim bestehenden Personal ist es entscheidend, eine Kultur zu fördern, die Innovation und technologische Anpassung begrüßt. Mitarbeitende sollten ermutigt werden, neue Technologien als Chance zu betrachten und KI frühzeitig in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. Ein versierter Umgang mit KI-Tools wird schon bald zu den Kernkompetenzen jedes Mitarbeitenden gehören.

Um dies zu erreichen, sind verpflichtende Weiterbildungsprogramme notwendig, die die Mitarbeitenden auf die Herausforderungen der KI vorbereiten. Schulungen dazu sollten technische Fertigkeiten, strategisches Denken und Innovationsförderung abdecken und praxisnah gestaltet sein, damit das Erlernte sofort angewendet werden kann.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, interne KI-Hubs zu etablieren, die als Wissenszentren fungieren. Diese Teams verbreiten Know-how über alle Abteilungen, damit dort sowohl die internen Abläufe optimiert als auch die Produkte und Dienstleistungen für die Kunden verbessert werden können. Der Nutzen von KI muss dabei im Vordergrund stehen, denn die Wertschöpfung geschieht an der Schnittstelle zwischen Technologie und Nutzerbedürfnissen. Es sollte zudem eine Feedback-Kultur etabliert werden, in der Mitarbeitende ihre Erfahrungen und Ideen zur KI-Nutzung austauschen können.

Schließlich liegt es in der Verantwortung der Unternehmensführung, die KI-Nutzung vorzuleben und zu thematisieren, etwa in Management-Meetings ein klares Signal zu senden. KI darf nicht als Nice-to-Have angesehen werden; sie muss als Kernkompetenz in die DNA des Unternehmens integriert werden. Nur so kann im Wettlauf um die besten Talente und Innovationen die digitale Transformation aktiv gestaltet werden.

Aus welchen Bereichen können geeignete Quereinsteiger kommen, um die IT-Personallücken zu füllen und warum?

Die Möglichkeiten sind vielfältig. Geeignete Quereinsteiger können aus den Bereichen Ingenieurwesen, Mathematik, Naturwissenschaften oder aus der Wirtschaft, etwa dem Marketing, kommen, da sie analytisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und oft ein technisches Grundverständnis mitbringen. 

Auch Fachkräfte aus dem Bereich Logistik oder Finanzen kommen in Frage, da sie regelmäßig mit komplexen Datenmodellen und Systemen arbeiten. Mit gezielten Weiterbildungen in Programmierung oder IT-Sicherheit können auch sie in IT-Rollen wechseln. 

Marketing-Fachleute verfügen beispielsweise selten über Programmier- oder Administrationskenntnisse. Wie und wo können sie im EDV-Bereich überhaupt eingesetzt werden beziehungsweise wie müssen sie noch qualifiziert werden?

Nicht jeder muss in der IT gleich programmieren können. Entscheidend ist die Fähigkeit, komplexe Problemstellungen zu identifizieren und zu analysieren, um dann innovative Lösungen zu finden. Marketingprofis anderer Branchen bringen diese analytischen Fähigkeiten mit. Konsumentenprobleme zu erkennen, ist in der IT unabdingbar, um technische Herausforderungen effektiv zu adressieren und sie in kundennahe Lösungen zu überführen.

Marketing-Kenntnisse im IT-Bereich anzuwenden, ist am Ende auch für den Vertrieb von IT-Produkten bares Geld wert. Wie halte ich Bestandskunden bei der Stange, wenn sie sich in meinem Produkt bewegen? An welchen Stellen ermutige ich sie, ihr Produktportfolio bei mir aufzustocken? Wie führe ich potenzielle Neukunden mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Kaufabschluss? All diese Fragen übersetzen sich in technische Prozesse, die stetig optimiert werden. Marketingwissen hat dafür eine hohe Relevanz.

In IT-Projekten sind agile Methoden und schnelle Feedbackschleifen zudem ein integraler Bestandteil der Prozesse, denn auch dort wollen komplexe Projekte organisiert, Ressourcen effizient verwaltet und Deadlines nicht aus dem Blick  verloren werden. Hier geht es um Projektmanagement und Kommunikations-Skills. Marketeers sind noch dazu erfahren darin, Brücken zwischen technischem Jargon und praktischer Anwendung zu bauen und komplexe technische Konzepte und Lösungen kommunikativ auf das Wesentliche herunterzubrechen. 

Weiterbildungsbedarf gibt es möglicherweise bei den Themen Cloud-Technologien, Künstliche Intelligenz und Cyber Security. Hier gilt es, sich entsprechend fortzubilden, um ein tiefes Verständnis für diese sich rasant verändernden Segmente zu entwickeln. 

Wie können IT-Unternehmen beziehungsweise IT-Abteilungen Quereinsteiger wie etwa Marketer für sich gewinnen?

IT-Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden häufig sehr attraktive Arbeitsbedingungen: Sie sitzen nicht selten in hochmodernen, offenen Coworking Spaces mit viel Raum für kreativen Austausch, aber auch mit ausreichend Rückzugsmöglichkeiten für Konzentration. Hybrides Arbeiten ist an der Tagesordnung und ermöglicht viel Flexibilität. 

Um qualifizierte Talente zu gewinnen, sollten Unternehmen auf innovative Recruiting-Methoden setzen, Flexibilität ermöglichen und attraktive Benefits anbieten. Die entsprechende technische Ausstattung gehört natürlich dazu. Wichtig für Quereinsteiger sind zudem ein intensives, auch fachliches Onboarding, begleitet von erfahrenen Mentoren, die sie bei ihrem Einstieg in die IT und die Projekte unterstützen, ebenso wie kontinuierliche Weiterbildungsangebote. Mit solchen Rahmenbedingungen schaffen Unternehmen gute Voraussetzungen für eine langfristige Zusammenarbeit - ob mit Fachkräften oder Quereinsteiger.

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