Zusammenfassung
Technische Systeme mit Reibung sind vom Gesichtspunkt der Systemdynamik nichtlineare dissipative offene Systeme. Auch wenn ein solches System eine stationäre Bewegung ausführen kann, kann diese nur dann realisiert werden, wenn sie stabil relativ zu kleinen Störungen ist. Anderenfalls schaukelt sich das System auf – das Ergebnis ist eine periodische oder chaotische Schwingung. Ist die Schwingungsamplitude so groß, dass die relative Geschwindigkeit der reibenden Oberflächen zeitweise Null wird, so besteht die Bewegung aus wechselnden Phasen von Ruhe (Stick) und Gleiten (Slip) und wird entsprechend als Stick-Slip-Bewegung bezeichnet.
Die in vielen technischen Reibungssystemen (Bremsen, Gleitlager, Rad-Schiene-Kontakte usw.) auftretenden reiberregten Schwingungen können einerseits zu erhöhtem Verschleiß und zur Bildung von unerwünschten Strukturen auf den Reiboberflächen (Riffeln auf den Schienen, Rissbildung, Polygonisierung der Bahnräder, Waschbrettmuster), andererseits zu subjektiv unangenehmem Vibrieren oder Geräuschen verschiedener Natur (Rattern, Heulen, Pfeifen, Quietschen) führen. Für das Problem der Bekämpfung von Bremsenquietschen oder Kurvenquietschen gibt es in vielen Bereichen bis heute noch keine Lösungen, die zuverlässig und preisgünstig technisch umgesetzt werden könnten. Auch in den Anwendungen, wo Quietschen den technischen Vorgang an sich nicht beeinträchtigt, können technische Lösungen manchmal allein aufgrund des Quietschens und der damit verbundenen Komfortstörung nicht benutzt werden.
In diesem Kapitel untersuchen wir einige Modelle der reiberregten Schwingungen, die es erlauben, ein besseres Verständnis der Bedingungen einer stabilen oder instabilen Bewegung zu gewinnen und praktische Empfehlungen zur Vermeidung der reiberregten Schwingungen zu erarbeiten.