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Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik 5/2022

Open Access 12-09-2022 | Rezension

Rezension „Service for Good: Das Playbook für Dein Business – So geht Dienstleistung“

Author: Matthias Knoll

Published in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik | Issue 5/2022

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Susanne Robra-Bissantz, Christoph Lattemann (Hrsg.)
Service for Good: Das Playbook für Dein Business – So geht Dienstleistung
ISBN 978-3-75622-4807, Books on Demand, Norderstedt 2022, 156 S., 49,03 €
Sich als Unternehmen oder Organisation neu zu erfinden, am besten digital zu transformieren, ist das Gebot der Stunde. Die Forderung – oder der Zwang dazu – scheint allgegenwärtig. Doch muss man das wirklich immer und unbedingt? Und wenn ja, wie geht das? Kann Business überhaupt immer digital transformiert werden?
Unternehmen und Organisationen sehen sich vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Zum einen ist da die Forderung nach Nachhaltigkeit, Innovativität und Resilienz. Zum anderen sollten neue Technologien eingesetzt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig nehmen Zwischenfälle im Kontext der IT bedingt durch die wachsende IT-Durchdringung zu und gefährden die betroffenen Unternehmen und Organisationen teilweise existenziell. Wer sich also auf den Weg macht, sein Unternehmen oder seine Organisation zukunftsfähig zu machen, muss sich mit zahlreichen, sehr komplexen, miteinander vernetzten Frage- und Problemstellungen befassen. Schnell verliert man Überblick und Orientierung und neigt dann vielleicht dazu, Entscheidungen über neue Geschäftsmodelle „aus dem Bauch heraus“ zu treffen.
Diesem Reflex möchte das Playbook vorbeugen. Und auch wenn der Titel vielleicht suggerieren könnte, es sei ausschließlich für Dienstleitungsunternehmen und -organisationen bestimmt: Keineswegs, denn alle (ja, alle!) physischen Produkte müssen heute um Dienstleistungen angereichert werden, wollen sie konkurrenzfähig bleiben (oder wieder werden). Daher wird der Begriff „Service“ sowohl im Produkt-, als auch im Dienstleistungskontext verwendet, schließt also alle Angebote eines Unternehmens oder einer Organisation ein.
Der Weg zur Einführung solcher Angebote erfordert zum einen eine ganz neue (Service‑)Kultur. Man könnte dabei vielleicht auch vom passenden Mindset und seiner Verankerung im Unternehmen/der Organisation sprechen. Zum anderen werden neue Methoden zur Entwicklung und zum Design dieser Angebote benötigt.
Hier unterstützt das Playbook mit einer großen „Toolbox“. Es fasst die Ergebnisse des BMBF-geförderten Forschungsprojektes »BeDien« zusammen und stellt Ergebnisse der ebenfalls BMBF-geförderten Projekte aus der Förderlinie Personennahe Dienstleistungen vor. Das Interessante und Spannende an diesem Buch ist das „Wie“ der Vorstellung. Unter der Herausgeberschaft von Susanne Robra-Bissantz und Christoph Lattemann mit ihren Teams ist ein überaus kreatives Instrument für alle entstanden, die sich überlegen, wie neue Angebote in ihrem spezifischen Kontext aussehen könnten.
Das beginnt schon mit einem eher unerwarteten Layout und einer erfrischend „anderen“ Ansprache, setzt sich fort im Text, in Graphiken und der Struktur und reicht bis zum ersten zentralen Baustein, der grundsätzlichen Ausrichtung.
Betont wird die Gemeinsamkeit – der Community-Gedanke und der Gedanke der Offenheit. Gewonnene Erkenntnisse, bewährte Methoden, aber auch neue Thesen und Ideen sollen verbreitet und gemeinsam im Rahmen von Treffen und einem Erfahrungsaustausch diskutiert und weiterentwickelt werden. Hierzu ist insbesondere auch die Website www.​service-for-good.​de eingerichtet.
Betont wird zudem – und das ist der zweite zentrale Baustein – der Grundgedanke der Serviceorientierung. Letztlich kann, wie oben bereits angesprochen, alles als Dienstleistung bezeichnet und entsprechend verstanden werden. Daher auch der Titel „Service for good“ – salopp übersetzt mit „Alles Dienstleistung“ („for good“ – „endgültig“, „letztlich“). Das liegt nahe, ist aber alles andere als selbstverständlich. Bei physischen Produkten gesamthaft gedacht werden muss deshalb immer das „Bundle“. Bei „reinen“ Dienstleistungen ist dieser Aspekt ohnehin unstrittig. Sie sind immer Dienstleistungen.
Zwei weitere Aspekte sind den Herausgebenden und Projektteams ebenfalls wichtig: Erstens die Fokussierung auf den Menschen – neben rein wirtschaftlichem Handeln. Das „Wohlergehen“ („for good“ – „für einen guten Zweck“) und damit das Denken in „Dienstleistungen für den Menschen“ stellt bei personennahen Dienstleistungen immer auch einen zentralen Baustein dar. Und zweitens der Grundsatz, dass die digitale Transformation nur im Kontext ebendieser personennahen Dienstleistungen (also im Kontext der involvierten Menschen) nachhaltig gelingen kann. Der Einsatz von IT um der IT Willen war noch nie eine gute Lösung.
Betrachtet man zusammenfassend die Eigenschaften dieses kreativen Instruments, bleibt mit Blick auf eine Vielzahl aktuell existierender Serviceangebote zu hoffen, dass sich die mit diesem Playbook vermittelte Grundausrichtung rasch und umfassend in den Unternehmen und Organisationen verbreitet, denn es zeigt sich immer deutlicher, dass in sich geschlossene, rein gewinnorientierte oder gar mono-/oligopolistische Angebote gesamtgesellschaftlich eher negative Entwicklungen begünstigen.
Das Playbook ist zur verbesserten Orientierung in sieben große Abschnitte aufgeteilt, die jeweils bestimmte Aspekte der Serviceorientierung aufgreifen und umfassend diskutieren. Dabei werden jeweils die wissenschaftlichen Grundlagen, begleitet von Beispielen, anschaulich vorgestellt. Anschließend wird – auch anhand der geförderten Projekte – aufgezeigt, was eine Umsetzung in der Praxis bewirken kann und welche Methoden hierbei einsetzbar sind.
Einleitend werden ergänzend der Ansatz selbst und wichtige Grundbegriffe vorgestellt. Ein exzellent gewähltes Beispiel (Brot backen) verdeutlicht dabei, dass es zu wirklich allen Produkten einen Dienstleistungsaspekt gibt und den für das Verständnis und den nachhaltigen Erfolg wichtigen und notwendigen Mindset-Change. Zudem wird hier vorgestellt, wie das Playbook entstanden ist und genutzt werden kann. Es erlaubt ein nichtlineares „Durchstöbern“, ein Lesen von Anfang bis Ende, eine Nutzung als „Nachschlagewerk“ sowie die gezielte Suche für Inspiration und nach bestimmten Design-Methoden. Ein kleines Glossar und die Vorstellung des Teams runden das Playbook ab.
Im ersten Kapitel von Simon Michalke und Theresa Kroschewski steht der „Value in Use“ im Vordergrund. Wichtig ist nicht das konkrete Produkt oder die konkrete Dienstleistung, sondern die Problemlösung. Warum wird etwas bereitgestellt, welchen Wert hat es (für mich)? Die Nutzenden werden zu „Value Co-Creators“, weiterentwickelt aus dem Prosumer-Ansatz der 90er-Jahre. Eine grundsätzliche Eigenschaft, auf die im weiteren Verlauf vielfach zurückgegriffen wird.
Das zweite Kapitel von Manuel Geiger befasst sich mit „Value Interaction“. Worte und Taten sind wichtig. Verbundenheit soll entstehen. Der Wert von Interaktionen in Form eines Austausches von Informationen lässt sich dabei in Beziehungs‑, Matching- und Dienstleistungsebene unterteilen und differenziert für jedes Angebot analysieren und konzipieren.
Das dritte Kapitel, von Theresa Kroschewski und Simon Michalke, diskutiert das „Service-Ökosystem“ als zentralen Bestandteil der Serviceorientierung. Dabei ist ein Miteinbeziehen dritter Unternehmen und Organisationen beim Aufbau eigener Geschäftsmodelle essentiell. Denn praktisch niemand ist heute in der Lage, gute Servicequalität ohne Unterstützung Dritter sicherzustellen.
Im vierten Kapitel, von Rangina Ahmad und Anna Lux, wird die „Adaption“ näher beleuchtet, also die Fähigkeit, sich auf Veränderungen einstellen zu können (Customization und Personalisierung). Hier bietet die Digitalisierung eine gute Möglichkeit, adaptiv zu sein und sogar Anpassungen durchzuführen, die menschliche Fähigkeiten übersteigen. Denn mit entsprechend gestalteten digitalen Services lassen sich unterschiedliche Zielgruppen gleichzeitig und trotzdem individuell und situationsabhängig erreichen.
Das fünfte Kapitel, von Theresa Kroschewski, Christoph Lattemann, Ricardo Guerrero und Pia Gebbing, thematisiert die „Integration“. Hier wird ergänzend zu Partnerschaften in Service-Ökosystemen und unter Verweis auf das erste Kapitel dargestellt, dass idealerweise die Zielgruppen immer eingebunden sein sollten, wenn es um die Entwicklung neuer Services geht.
Das sechste Kapitel, von Pia Gebbing, Susanne Robra-Bissantz, Ricardo Guerrero und Theresa Kroschewski, greift die „Kollaboration“ auf. In konsequenter Fortführung und unter Verweis auf bisherige Überlegungen geht dieses Kapitel den Fragen nach: Warum ist die Fokussierung auf Kollaboration offenbar für den Unternehmenserfolg so wichtig? Welche Vorteile entstehen dabei genau? Und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Im siebten und letzten Kapitel, von Lisa Lohrenz und Pia Gebbing, steht „Digitales Design“ im Mittelpunkt. Dabei wird betont, dass eine umfassende Digitalisierung oder digitale Durchdringung des beruflichen wie privaten Alltags nicht automatisch dazu führen darf, dass der Mensch und seine Bedürfnisse und Werte in den Hintergrund rücken. Zudem ist wichtig, dass rein monetäre Interessen nicht im Vordergrund stehen sollen.
Fazit: Ein faszinierendes und tolles Buch – auch dank der schönen Illustrationen von Diana Meier-Soriat. Es lässt sich vielseitig einsetzen. Und es zeigt, dass es immer Thesen und Überlegungen gibt, und auch immer Methoden, die helfen, den Value in Use oder das Service-Ökosystem gut zu gestalten. Das ist nicht nur in Unternehmen und Organisationen wichtig, sondern auch im Studium, um die nächste Generation im Management frühzeitig mit den Grundgedanken einer verantwortungsvollen Serviceorientierung und den aktuell gängigen Methoden vertraut zu machen.
Und um damit auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Ja, man muss sich neu erfinden und digital transformieren, nur eben richtig, um nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben.
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Title
Rezension „Service for Good: Das Playbook für Dein Business – So geht Dienstleistung“
Author
Matthias Knoll
Publication date
12-09-2022
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik / Issue 5/2022
Print ISSN: 1436-3011
Electronic ISSN: 2198-2775
DOI
https://doi.org/10.1365/s40702-022-00911-7

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