Wie ist die europäische Bankenbranche auf Klima- und Umweltrisiken vorbereitet? Nicht gut genug, belegt eine aktuelle Untersuchung der EZB. Diese offenbart viele Schwächen in den Risikomanagementprozessen. Nun zwingen Fristen die Institute, zügig die Lücken in der Risikosteuerung zu schließen.
Banken schätzen das Ausmaß von klima- und umweltbedingten Risiken auf ihr Geschäft falsch ein, zeigt eine EZB-Untersuchung.
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Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Prozesse im Risikomanagement der Banken im Hinblick auf den Klimawandel überprüft und die Ergebnisse in ihrem aktuellen Report "Walking the talk" zusammengefasst. Ihr Fazit: Die Institute sind noch weit von einer angemessenen Steuerung der Klima- und Umweltrisiken entfernt. Deshalb setzt die Notenbank den Instituten nun zeitlich gestaffelte Fristen, um die im Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken 2020 festgelegten Erwartungen bis Ende 2024 zu erfüllen. Als Hilfestellung bietet die EZB in ihrem aktuellen Kompendium "Good practices for climaterelated and environmental risk management" Best Practices, mit denen einige Geldhäuser "rasche Fortschritte" gemacht haben und die zu besseren Verfahren im gesamten Bankensektor führen sollen.
Laut EZB-Report haben 85 Prozent der europäischen Banken für das Erkennen und Steuern von Klima- und Umweltrisiken sowie für ihre Governance- und Risikomanagementprozesse "zumindest grundlegende Verfahren etabliert". Doch fehlen der Zentralbank differenzierte Methoden und granulare Informationen zu den genannten Risiken. Außerdem bestünden aufsichtliche Bedenken, was die Umsetzungsmöglichkeiten bei den meisten Geldhäusern betrifft. Denn die Implementierung ihrer Verfahren bleibe noch immer hinter den Erwartungen zurück. "Infolgedessen werden Breite und Ausmaß solcher Risiken von den Banken nach wie vor deutlich unterschätzt, und nahezu alle Banken (96 Prozent) weisen bei der Identifizierung dieser Risiken Schwächen auf", heißt es zur Begründung.
EZB gibt drei Fristen zur Umsetzung vor
Bis März 2023 müssen die Institute ihre Klima- und Umweltrisiken adäquat kategorisieren und eine vollständige Beurteilung der Auswirkungen dieser Risiken auf ihre Geschäftsaktivitäten vornehmen. Diese müssen anschließend im zweiten Schritt bis Ende 2023 in die Governance, Strategien und das Risikomanagement einbezogen werden.
"Einige Banken haben bereits Planungen für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und entsprechenden Kontakt zu ihren Kunden aufgenommen. Allerdings nehmen die meisten Banken noch eine abwartende Haltung ein", moniert die EZB. Sie moniert fehlende Zwischenziele der Banken im Hinblick auf die Erreichung von langfristigen strategischen Verpflichtungen. "Oder sie setzen diese so, dass die unmittelbare Auswirkung auf das Bankgeschäft vernachlässigbar ist."
Im letzten Schritt müssen die Institute bis Ende 2024 alle noch verbleibenden der 2020 festgelegten Erwartungen in Bezug auf die Klima- und Umweltrisiken erfüllen. Dies schließe die vollständige Integration in den bankinternen Prozess zur Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung (ICAAP) und in die Stresstests ein.
Durchsetzungsmaßnahmen für Trödler
Die Einhaltung der Fristen will die EZB überwachen und auch Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen. Hierfür ließen die Aufsichtsinstanzen "bereits institutsspezifische klima- und umweltbezogene Erkenntnisse in den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) einfließen". In diesem gibt es für mehr als 30 Banken verbindliche qualitative Anforderungen.