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19-04-2022 | Risikosteuerung | Schwerpunkt | Article

Zinsanstieg und Krieg bestimmen Firmenkreditgeschäft

Author: Angelika Breinich-Schilly

4:30 min reading time

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Unternehmen müssen für Bankdarlehen aktuell tiefer in die Tasche greifen als noch Ende 2021. Einem Report zufolge, könnte eine lange Phase von Zinssteigerungen bevorstehen. Zudem dürfte der Ukraine-Krieg mittelfristig sowohl die Kreditnachfrage als auch die Vergabepolitik belasten.

"Die Zinsen für Unternehmenskredite haben in den vergangenen drei Monaten Anstiege verzeichnet, deren Dynamik von historischem Ausmaß sind", lautet das Fazit einer Anfang April veröffentlichten Untersuchung des Finanzierungsanbieters Taylor und Barkow Consulting. Die Analyse basiert auf dem Corporate Credit Index der Beratungsgesellschaft für Zinsen von Unternehmenskrediten mit fünfjähriger Laufzeit. In den Index fließen Rohdaten und Statistiken unter anderem der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie des Statistischen Bundesamtes ein.

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Kreditinstitute stehen vor der Herausforderung, nicht nur die Bonität eines Unternehmens zu bewerten, sondern ihnen zunehmend auch nutzungsabhängige Finanzierungen zu ermöglichen.

Die Bank of England hat ihren Leitzins am 16. Dezember 2021 um 15 Basispunkte auf 0,25 Prozent und Anfang Februar 2022 nochmals auf 0,5 Prozent erhöht und damit auf die steigenden Verbraucherpreise reagiert, die in Großbritannien im Dezember 2021 bei 5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat lagen", schreibt Carmen Mausbach zur internationalen Zinsentwicklung in der Zeitschrift "Versicherungsmagazin" (Ausgabe 3 | 2022). 

Zinsschock ist historisch

Zu Jahresbeginn hatte die US-Notenbank Fed signalisiert, die Inflation stärker zu bekämpfen, als zuvor von den Märkten erwartet worden war. Darauf folgte laut Analyse ein Zinssprung, der kurzzeitig zwar wieder abflachte, aber desssen Sekundäreffekte zusammen mit den Folgen des Krieges in der Ukraine "einen weiteren Anstieg der Finanzierungskosten ausgelöst" hat. 

"Wir haben die Zinsschocks der vergangenen 40 Jahre und ihre Auswirkungen auf Unternehmenskredite eingehend analysiert. Im Ergebnis ist der heftige Anstieg der Kreditzinsen innerhalb weniger Wochen auch im historischen Kontext erheblich, je nach Betrachtungsweise sogar einmalig", so Teylor-Chef Patrick Stäuble.

Druck auf EZB steigt deutlich

Hohe Inflationswerte Anfang 2022 erhöhten schließlich auch den Druck auf die EZB erheblich, ihre Geldmarktpolitik wieder zu normalisieren. Als Konsequenz haben die Zinsen an den Kapitalmärkten bereits erheblich angezogen, so der Report - mit den entsprechenden Folgen für Unternehmenskredite: Deren Zinssatz lag kurz vor Weihnachten 2021 noch bei 1,45 Prozent und ist auf nun 2,64 Prozent geklettert. Zuvor waren die Kreditzinsen für Firmenkunden über fast vier Jahrzehnte mit nur wenigen Ausnahmen gesunken. Im August 2019 erreichten sie mit 0,99 Prozent für ein marktübliches Darlehen mit fünfjähriger Zinsbindung ihren historischen Tiefpunkt. 

Der Zinsanstieg im Januar und Februar 2022 habe laut Analyse bis zu 78 Basispunkte oder 54 Prozent innerhalb eines Zeitraumes von acht Wochen betragen. Dabei habe es sich um den prozentual höchsten Zinsanstieg gehandelt, der jemals für Unternehmenskredite innerhalb eines solchen Zeitraums gemessen wurde. "Aber auch der absolute Zinsanstieg von 78 Basispunkten war immerhin noch der höchste der vergangenen 20 Jahre."

Unternehmensgröße bestimmt Kreditnachfrage

Dennoch sei der Zinssatz für fünfjährige Unternehmenskredite von aktuell 2,64 Prozent im historischen Kontext immer noch vergleichsweise niedrig, betont Stäuble. Die Analyse der Zinsbewegungen der vergangenen 40 Jahre lege nahe, dass "wir erst am Anfang einer längeren Phase steigender Zinsen stehen könnten". Unternehmen rät er, die noch günstigen Zinsen zu nutzen. 

Das haben Firmen in den vergangenen Wochen auch getan: Laut aktueller Kredithürde der Förderbank KfW und des Ifo-Instituts erlebte das Corporate-Geschäft von Banken und Sparkassen dank einer wieder gestiegenen Kreditnachfrage mittelständischer Kunden im ersten Quartal 2022 einen Aufwind. Mehr als ein Fünftel (20,6 Prozent) der befragten Entscheider gab in der vierteljährlichen Umfrage unter rund 9.000 Unternehmen an, entsprechende Verhandlungen mit Banken geführt zu haben. Gemessen am längerfristigen Durchschnitt von 26 Prozent sei das Interesse, sich die benötigten Finanzmittel über Bankfinanzierungen zu besorgen, im Mittelstand allerdings nach wie vor gering, betonen die Volkswirte von KfW Research.

Erneut rückläufig ist zudem die Nachfrage nach Krediten bei großen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Euro. 1,5 Prozentpunkte auf nunmehr 26,3 Prozent sank die Zahl der Darlehensanfragen. "Das ist der niedrigste Anteil seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2017."

Ukraine-Krieg beeinflusst Kreditvergabe

Da die Befragung der Unternehmen im Zeitraum vom 1. bis zum 24. März und somit nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine stattgefunden hat, ließen die Ergebnisse darauf schließen, "dass gesamtwirtschaftlich spürbare Liquiditätsengpässe in Folge des Krieges bislang ausgeblieben sind". Insgesamt kommen Mittelständler lauf KfW Research wieder einfacher an Bankkredite. "Im ersten Quartal fiel die KfW-Ifo-Kredithürde auf 17,7 Prozent und ist innerhalb eines Jahres um nahezu fünf Prozentpunkte zurückgegangen." 

Ob sich diese Entwicklung fortsetzt, sei angesichts der russischen Aggression aber fraglich. Der Krieg mitten in Europa schwäche die Konjunktur über eine massive Verteuerung der Energie, die Verschärfung von Materialengpässen bringt ernorme Unsicherheit. "Daher ist von einer Neubewertung der Ausfallrisiken durch die Finanzinstitute und einer Anpassung der Kreditvergabepolitik auszugehen", meinen die Ökonomen.

Als erstes Anzeichen deuten die Volkswirte den deutlichen Anstieg der Kredithürde für Großunternehmen mit einem Plus von 6,2 Prozentpunktne. "Besonders betroffen waren die in die internationale Arbeitsteilung stark eingebundenen Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes. Von diesen beklagten im März 22,6 Prozent ein restriktives Verhalten der Banken in Kreditverhandlungen." Dieser Anteil habe sich damit binnen eines Quartals mehr als verdoppelt.

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