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18-09-2015 | Robotik | Schwerpunkt | Article

Seilroboter tritt als Bewegungssimulator an

Author: Dieter Beste

2:30 min reading time

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Ein neuartiger Bewegungssimulator kann zu einer wilden Achterbahnfahrt ansetzen und den kompletten Raum von fünf mal acht mal fünf Metern ausnutzen, oder aber Bewegungen vollführen, die der Passagier überhaupt nicht bemerkt.

Seilroboter werden bisher in Produktionsumgebungen genutzt, wo sie hohe Anforderungen erfüllen. Die Systeme übertreffen konventionelle Industrieroboter bezüglich Größe und Traglast um ein bis zwei Größenordnungen. Der Endeffektor kann durch bis zu acht Seile und Winden frei und zugleich sehr präzise bewegt werden. Basierend auf dieser Technologie ist jetzt unter der Leitung von Heinrich Bülthoff am Tübinger Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik weltweit erstmals die Idee eines seilgetriebenen Bewegungssimulators realisiert worden. Während theoretische Arbeiten zu parallelkinematischen Mechanismen bereits Jahrhunderte zurückreichen, sind praktische Anwendungen erst seit einigen Jahrzehnten bekannt. Die Autoren des von Raimund Neugebauer herausgegebenen Buches „Parallelkinematische Maschinen“ verweisen in der Einleitung (Seite 2) auf ein von James Gwinnett 1931 in den USA patentiertes System, das seiner Zeit offenbar weit voraus war.

Die jetzt von einem Seilroboter ausgeführte Bewegungssimulation eignet sich nach Institutsangaben für ein breites Anwendungsspektrum aus dem Bereich der virtuellen Realität (VR). Hierzu zählen zum Beispiel Fahr- und Flugsimulationen sowie die Erforschung grundlegender Wahrnehmungsprozesse beim Menschen. „Dieser Simulator bietet uns völlig neue Möglichkeiten, die Bewegungswahrnehmung und mögliche Anwendung in der neurologischen Forschung bei Gleichgewichtsstörungen zu studieren“, so der Wahrnehmungsforscher Bülthoff.

Arbeitsraum beliebig skalierbar

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Bei dem Seilsimulator steuern acht im Raum verspannte und an Seilwinden befestigte Stahlseile die Bewegung der Simulatorkabine. Im Gegensatz zu herkömmlichen Bewegungssimulatoren ermöglicht die Verwendung von Seilen, die bewegte Masse zu reduzieren und die Arbeitsräume beliebig zu skalieren. Die Antriebsleistung von insgesamt 348 kW erlaubt es im konkreten Fall, die Kabine mit der 1,5-fachen Erdbeschleunigung entlang frei programmierbarer Bahnen in einem hallengroßen Arbeitsraum zu beschleunigen. Zudem ist der Simulator durch das Umhängen der Seile innerhalb einer Stunde an verschiedene Kabinen anpassbar und lässt sich somit für unterschiedliche Szenarien einsetzen.

Zuverlässig in sicherheitskritischer Anwendung

Philipp Miermeister, der am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart der Arbeitsgruppe für Seilrobotik von Junior-Professor Andreas Pott angehört, hat in der zweijährigen Zusammenarbeit beider Institute die Konzeption und Umsetzung des Simulators vorangetrieben. Die Wissenschaftler haben sowohl die Steuerungsalgorithmen selbst implementiert als auch eine leichte und zugleich widerstandsfähige Kabine aus Kohlefaser entwickelt, die den hohen dynamischen Belastungen im Betrieb standhält. Der vollständig aus Karbonfaserrohren hergestellte Kabinenrahmen maximiert das nutzbare Kabinenvolumen mit einem Durchmesser von 260 cm für Projektionsflächen und Cockpitinstrumentierung. So lässt er sich für hochwertige Videoprojektionen und realistische Bedienerschnittstellen nutzen. Gleichzeitig ist der leichte Rahmen (nur80 kg) sehr schnell zu beschleunigen und hält große Kräfte aus, denn im Betrieb ziehen die Seile mit bis zu 1,5 Tonnen an der Außenstruktur.

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