2013 | OriginalPaper | Chapter
Scheinbeweise, Widerlegungen und ein großer Skandal
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Die Mathematikgeschichte kennt eine große Zahl von Beweisversuchen für das Euklidische Parallelenpostulat – wie man z. B. der Bibliographie von D. M.Y. Sommerville entnehmen kann. Einige davon haben wir im ersten Kapitel kennengelernt und wir haben gesehen, dass diese Beweisversuche nicht selten (z. B. im Falle von G. Saccheri und A. M. Legendre) beachtliche Fortschritte mit sich brachten – wenn auch nicht den gewünschten. Die Situation war schwierig: Weil kein komplettes System von Axiomen zur Verfügung stand, wusste man nie genau, was vorausgesetzt werden durfte und was nicht (vgl. Kap. 8). Klar war, dass man alle Sätze, die man ohne direkte oder indirekte Verwendung des Parallelenpostulats beweisen konnte, für einen Beweis dieses Postulats verwenden durfte. Umgekehrt aber war die Situation unübersichtlich, denn man konnte ja nicht ausschließen, dass man einen Satz, den man bislang nur mit Hilfe des Parallelenpostulats beweisen konnte, nicht vielleicht doch ohne dieses beweisen könnte. Auch die Frage, wie die Grundbegriffe der Geometrie (z. B. „Gerade“) zu definieren seien, sorgte für viel Aufsehen.