Instagram-Nutzer beeinflussen einander besser als direkte Ansprache durch Unternehmen.
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Erst im April vermeldete Instagram einen neuen Meilenstein – die 700-Millionen-Nutzer-Marke war erreicht. Im Mai stellte das Netzwerk nun Gesichtsfilter vor, mit denen es ein Alleinstellungsmerkmal des konkurrierenden Video-Dienstes Snapchat kopiert. Bewährt hat sich die Kopiermethode bereits mit den "Instagram Stories", ein Feature, das zuvor nur Snapchat hatte und es möglich macht, Fotos und Videos zu teilen, die nach 24 Stunden verschwinden. Vor rund einem Jahr ließ das neue Feature schon die Nutzerzahlen deutlich steigen. Mit den neuen Filtern ist zu erwarten, dass die Nutzerzahlen abermals wachsen.
Derzeit laden minütlich mehr als 40.000 Nutzer ihre Fotos und Videos hoch. Gemessen an der Anzahl der monatlich aktiven Nutzer, belegte Instagram in einem Ranking der größten sozialen Netzwerke den achten Platz hinter dem erstplatzierten Mutterkonzern Facebook. Aktuell gibt es etwa zehn Millionen aktive deutsche Accounts – die Tendenz ist steigend. Hier erreichen Unternehmen eine aktive Zielgruppe, die durchschnittlich zwischen 18 und 29 Jahren alt ist. Damit wird Instagram auch als Werbeplattform immer interessanter, wie ein Whitepaper von Facelift zeigt.
Bildästhetik statt Werbetext
Anzeigen auf Instagram unterscheiden sich kaum von organischen Beiträgen. Das heißt, zwischen gesponserte Beiträgen und nichtwerblichen Beiträgen ist oft kein Unterschied zu sehen. Die Instagram-Anzeigenplattform unterstützt vier Anzeigenarten:
- Fotoanzeigen: Dieses Format kommt dem am nächsten, was die meisten Benutzer üblicherweise in ihrem Feed sehen.
- Videoanzeigen: Diese können bis zu 60 Sekunden lang sein und werden automatisch abgespielt, wenn sie im Zentrum eines Benutzer-Feeds erscheinen.
- Karussellanzeigen: Benutzer können in der Anzeige zwischen Fotos und Videos nach links blättern, um weitere Inhalte aus einer Serie zu sehen.
- Dynamische Anzeigen: Zeigen Inhalte an, die mit den auf der Website angeschauten Produkten zusammenhängen.
Spezielle Software verschiedener Anbieter ermöglicht es darüber hinaus, Influencer zu identifizieren, die nach Zielgruppenkriterien das Produkt optimal bewerben können. Gemäß Facelift-Whitepaper lassen sich über Instagram-Werbung zweierlei Ziele realisieren:
- Markenwahrnehmung schärfen
- Marke emotional aufladen.
Demnach ist Instagram dazu geeignet, eine bestehende Markenidentität zu schärfen, indem kommunizierte Inhalte aufgrund der Fokussierung des Netzwerks auf Bilder sofort wahrgenommen werden. Darüber kann aber auch ein in die Jahre gekommenes Image aufpoliert werden. Das gelingt vor allem wenn eine moderne und ästhetische Bildsprache eingesetzt wird, wie das Whitepaper hervorhebt. Das Netzwerk könne darüber hinaus eine unterbewusste Bewertung von Marken fördern. Es eigne sich als Instrument, um die emotionale Aufladung unabhängig von der Sprache und somit universell herbeizuführen.
Influencer kommen nicht aus der Mode
In der Studie "Why Do People View Photographs on Instagram?" der Aufsatzsammlung "Digital Libraries: Knowledge, Information, and Data in an Open Access Society" suchen die Autoren Chei Sian Lee, Sei-Ching Joanna Sin nach Ursachen, warum es wahrscheinlicher ist, dass Nutzer Bildinhalte statt Text konsumieren und mit anderen Nutzern teilen. Dabei heben die Autoren vier Grundbedürfnisse hervor, die Nutzer dazu bewegt, Instagram-Inhalte zu konsumieren:
- das Bedürfnis, abgelenkt zu werden,
- das Bedürfnis, aktuelle Trends im Blick zu behalten,
- das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit und
- Voyeurismus.
Je stärker diese Bedürfnisse ausgeprägt seien, desto häufiger konsumierten sie Instagram. Werbeinhalte funktionierten vor diesem Hintergrund vor allem dann, wenn sie in einem C-to-C-Verhältnis – also von Nutzer zu Nutzer - kommuniziert würden, statt direkt durch ein Unternehmen. Über Plattform-eigene Multiplikatoren als Sprachrohr für Werbeinhalte könnten Inhalte authentischer kommuniziert werden, wie die Autoren Gwarlann de Kerviler, Alice Audrezet, Emmanuelle Suprin in der Studie "Consumer Brand Relationship in the Age of Instagram" des Sammelbands "Marketing at the Confluence between Entertainment and Analytics" feststellen. (Seite 346) Die Motivation für Influencer sei in diesem Zusammenhang jedoch nicht in erster Linie der finanzielle Gewinn, wie die Autoren ermittelt haben. Vielmehr ginge es Influencern darum, ihre Online-Selbstdarstellung zu stärken. So sollten sich Werber um ein ausgewogenes Verhältnis zu Influencern bemühen und ihnen dabei zu helfen, wie Experten auf ihrem Gebiet wahrgenommen zu werden, so Kerviler, Audrezet und Suprin.
Christof Ehrhart, Christoph Hardt und Patrick Maloney sehen den Vorteil von Netzwerken wie Instagram vor allem in der guten Messbarkeit der Content-Wahrnehmung. Das Nutzerverhalten kann auf Plattformen wie Insstagram nämlich ohne Umfragen und Streuverluste untersucht werden, wie sie im Kapitel "Die Rolle der Unternehmenskommunikation" des Buches "Kommunikation in der digitalen Transformation" feststellen. Dadurch wird auf einfache Weise deutlich, welche Inhalte bei welchen Nutzergruppen wie ankommen. (Seite 62) Insofern bringen es Ehrhart, Hardt und Maloney auf den Punkt, wenn sie das Erfolgsgeheimnis des Netzwerks in der Nutzer-Influcencer-Interaktion über Bilder folgendermaßen beschreiben: "Der Kommunikator als Geschichtenerzähler kommt also nicht aus der Mode."