Demografischer Wandel und Fachkräftemangel erschweren den Recruiting-Erfolg. Social-Media-Aktivitäten wie Tiktok-Videos können die Einstellung der Zielgruppe zur Arbeitgebermarke allerdings positiv beeinflussen.
Der Arbeitsmarkt gestaltet sich aktuell für die meisten Unternehmen als Arbeitnehmermarkt. Auch stellen der Generationenunterschied und die stetig fortschreitende Digitalisierung Organisationen bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung vor weitere Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen ihre Maßnahmen überdenken und neuartige Maßnahmen einsetzen, um im Kampf um Talente wettbewerbsfähig zu bleiben.
Neue Wege im Employer Branding
Ein Ansatz für die langfristige Bindung und Gewinnung von Mitarbeitern ist gezieltes Employer Branding. Employer Branding bezeichnet Strategien und Maßnahmen, die dazu dienen, die interne und externe identitätsbasierte Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber zu gestalten. Im Sinne des klassischen Markenmanagements sollten auch beim Employer Branding das Selbstbild der internen Zielgruppe (Markenbild) mit dem Fremdbild der externen Zielgruppe (Markenimage) bestenfalls übereinstimmen. Die Employer Brand verfolgt somit das Ziel, die notwendige Qualität und Quantität an Humankapital zum Beispiel in Form von geeigneten Bewerbenden zu erreichen. Abgeleitet aus der Corporate Brand erzeugt die Employer Brand Assoziationen und Einstellungen bei der Zielgruppe und kommuniziert die Kernwerte des Unternehmens als Arbeitgeber.
Funktionen und Wirkungsbereiche der Arbeitgebermarke
Die Employer Brand erfüllt drei grundsätzliche Funktionen aus Arbeitgebersicht und Arbeitnehmersicht, um die strategischen Ziele zu erreichen. Aus Arbeitgebersicht sind die Kernfunktionen die Präferenzbildung und Emotionalisierung bei Kandidaten sowie die Differenzierung vom Wettbewerb, während die Employer Brand aus Arbeitnehmersicht Orientierung, Vertrauen und Identifikation hervorrufen sollte. Diese Funktionen dienen vor allem der Mitarbeitergewinnung und -bindung, der Unternehmenskultur und -marke sowie Ausrichtung auf die Leistung und das Ergebnis.
Social-Media-Plattform Tiktok fürs Recruiting nutzen
Im Trend sozialer Medien ist in jüngerer Vergangenheit die Plattform Tiktok für das Employer Branding zunehmend von Bedeutung. Tiktok ist eine Videoplattform mit Fokus auf user-generated content, konkret Kurzvideos, die anhand des Nutzerverhaltens ausgespielt werden. Vor allem junge Menschen zwischen 14 bis 29 Jahren in Deutschland nutzen die App, allerdings schätzen auch Mitglieder der Generation X und Y die Inhalte dieser Plattform. Die Plattform konnte bereits im Produktmarketing als erfolgreiches Instrument eingesetzt werden. Das zeigen die Einführung von Tiktok-Shops im Juni 2023 sowie die Postings zu #TiktokMadeMeBuyIt.
Tipps für die Erstellung von Tiktok-Videos für das Employer Branding
- Unterhaltung: Ein unterhaltsames Video kann die Einstellung zur Arbeitgebermarke positiv beeinflussen. Die Bedeutung der Unterhaltung war insbesondere in der jüngeren Zielgruppe, vorrangig Generation Z, sowie bei Jobsuchenden stärker ausgeprägt als bei anderen Tiktok-Nutzern. Der Einsatz von visuellen Effekten, Musik, Witz und Storytelling steigert die Aufmerksamkeit und fördert die Emotionalisierung. Nach Ergebnissen unserer Studie können auch weniger bekannte Employer Brands auf sich aufmerksam machen, wenn das Video unterhaltsam ist.
- Informativität: Es ist wichtig, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen und zu verstehen, welche Informationen diese benötigen, um den Entschluss zu fassen, sich zu bewerben. Mögliche Themen sind Persönlichkeitsentwicklung, Benefits und Karrierechancen. Es ist ratsam, zu zeigen, wie diese Themen auch in der Unternehmenskultur gelebt werden. Das fördert vor allem die Funktionen Präferenzbildung, Differenzierung und Vertrauen.
- Glaubwürdigkeit: Unternehmen sollten in ihren Videos eine glaubwürdige Kommunikation gewährleisten. Kann das Unternehmen die eigenen Werte und Persönlichkeit in den Tiktok-Videos authentisch vermitteln, so fördert dies vor allem die Funktionen Vertrauen, Orientierung, Identifikation und Differenzierung.
- Irritation: Inhalte, die auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Zielgruppe gerichtet sind, können Irritation vermeiden. Daher müssen Unternehmen die Zielgruppe verstehen, um die Interessen, Vorlieben und Bedürfnisse zu berücksichtigen und Diskrepanzen zu vermeiden. Dennoch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auch negatives Feedback, etwa in Kommentaren, wertvolle Informationen liefern kann.
- Qualität: Für die Gestaltung der Videos ist auf eine visuelle und inhaltliche Qualität im Sinne von Tiktok zu achten. Tiktok-Nutzer entscheiden innerhalb der ersten drei Sekunden darüber, ob sie ein Video abbrechen oder fortsetzen. Effekte, Handlung, unterschiedliche Perspektiven im Video und authentische Kommunikation helfen bei der positiven Gestaltung und unterstützen die Funktionen Differenzierung und Orientierung.
- Markenmanagement: Aus der Corporate Brand ist eine klare Botschaft für die Employer Brand zu entwickeln und zu vermitteln. Die Inhalte auf Tiktok und das Employer Branding müssen der Gesamtkommunikation der Corporate Brand folgen. Folglich trägt auch das allgemeine Markenmanagement des Unternehmens zum Erfolg des Employer Branding bei.
Beispiele für gelungene Arbeitgeber-Videos auf Tiktok
Die Volksbank Mittelhessen startete eine Kampagne auf Tiktok, um mit dem konventionellen Image von Banken zu brechen und so junge Talente für sich zu begeistern. Das Geldinstitut konnte durch die Tiktok-Videos, die von Azubis erstellt wurden, humorvollen Content produzieren, welcher innerhalb von vier Wochen mehrere Millionen Views und rund 16.500 Follower. Die Volksbank verzeichnete daraufhin mehr Bewerbungen, Anfragen zu Praktika und Ausbildungsplätzen.
Lidl wollte das Social-Media-Portfolio erweitern, um die Zielgruppe Schüler gezielter ansprechen zu können. Unter dem Motto "Kollegentalente" konnte der Discounter mit seinen Mitarbeitenden und ihren Eigenarten wie der "Backwaren-Ballerina" oder der "Superordentliche" sowie durch das Beteiligen an Hashtag-Challenges wie zum Beispiel #movelikelidl beweisen. Innerhalb der ersten Tage gab es mehr als 36 Millionen Aufrufe der Challenge und es wurden mehr als 34.000 Follower generiert.
Mit der Zielsetzung, ihren Verhaltenskodex "lebendig und nah am Arbeitsleben"“ für Beschäftigte zu kommunizieren, nahm das Klinikum Dortmund ihre Interessenten authentisch und informativ mit in den Arbeitsalltag und begleitete das Ganze durch den Hashtag #chooseyourcharacter. Dabei stellte eine Mitarbeiterin unterschiedliche Berufe im Klinikum als Charaktere zur Musik von "Super Smash Bros" vor. Die Kampagne erhielt auch in vielen weiteren Medien Aufmerksamkeit. Das Klinikum verzeichnet mittlerweile 77.700 Follower und über 1,4 Millionen Likes.
Fazit: Insgesamt bietet Tiktok Unternehmen eine einzigartige Möglichkeit, die Arbeitgebermarke zu präsentieren und eine Verbindung zu potenziellen Bewerbern und auch Mitarbeitenden herzustellen. Durch den Einsatz von unterhaltsamen, informativen, kreativen und authentischen Inhalten können Unternehmen ihre Employer Brand auf Tiktok stärken und sich als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Das allgemeine Markenmanagement kann über Bekanntheit und Image die Prozesse des Employer Branding beeinflussen. Tiktok-Videos sind eine Maßnahme im Employer Branding, dessen Effizienz und Effektivität von Unterhaltung, Information, Glaubwürdigkeit, Irritation und Qualität der Videos bestimmt werden.