Hohe Treibhausgasemissionen und Sanierungskosten der Stahlbewehrungen in Betonkonstruktionen stellen ein Problem dar, nichtmetallische Bewehrungen aus Basalt wären eine mögliche Alternative. Im folgenden Beitrag wird diese anhand der im kontinuierlichen Tunnelbau verwendeten Tübbinge untersucht. Dafür wurden vorerst stahlbewehrte Dreipunktbiegeversuche im Labormaßstab aus der Literatur numerisch mit dem Programm Sofistik zur Parameterabstimmung an einfachen Geometrien validiert. Anhand dieser Erkenntnisse wurden anschließend zwei unterschiedliche Stahlbetontübbinge des Koralmtunnels modelliert und berechnet. Die unterschiedlichen Modellkörper mit aus Versuchen validierten Parametern konnten nun in der Sofistik-Simulation mit Basaltbewehrung neu bemessen werden. Die numerischen Analysen ermöglichen erste Darstellungen des Einsparungspotenzials von Treibhausgasen an basaltbewehrten Betonbauteilen wie Tübbingen.
Notes
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Einleitung
Stahlbewehrungen werden für einen Großteil aller Bauwerke trotz ihrer Nachteile in Bezug auf die Korrosion des Stahls sowie der hohen CO2-Emissionen bei der Herstellung verwendet. Als umweltfreundlichere Alternative zeigt sich eine Bewehrung aus Basalt, welche sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bietet.
Zur Herstellung der Basaltbewehrung wird Basaltstein eingeschmolzen und zu Endlosfasern, sogenannten Faserfilamenten, gezogen. Diese können zu eindimensionalen Stäben geformt, aber auch zu Matten oder Bewehrungskörben vernetzt werden. Da die reinen Basaltfasern gegenüber dem alkalischen Milieu im Beton nicht resistent sind, werden sie anschließend in einem Harzbad getränkt. Im Vergleich zur Stahlbewehrung weist Basaltbewehrung eine höhere Zugfestigkeit, eine geringere Dichte und eine höhere Korrosionsbeständigkeit auf. Weiters ist Basalt nicht elektrisch leitend. Eine Basaltbewehrung ist im Moment jedoch, vor allem aufgrund der deutlich geringeren Stückzahl, wesentlich teurer. Zudem existieren nur vereinzelt bauaufsichtliche Zulassungen. Ein weiterer sehr wichtiger Vorteil ist hingegen das geringere Treibhauspotenzial im Vergleich zur Stahlbewehrung. Dies zeigt eindrucksvoll Abb. 1, in der das Treibhauspotenzial über die normierte Festigkeit des Endmaterials dargestellt ist.
Abb. 1
Normierter Vergleich des Treibhauspotentials pro Festigkeit [N/mm2] des Endmaterials [1] (BFRP Basaltfaser; GFRP Glasfaser; BST Stahlbewehrung; Niro Edelstahlbewehrung; CFRP Carbonfaser)
Die im Folgenden beschriebenen Versuchskörper wurden mithilfe des Programms Sofistik berechnet, wobei sie für die Einarbeitung teilweise vereinfacht wurden, um die durch die Änderungen verursachten Auswirkungen besser zu erkennen. Beispielsweise wird die Bewehrung, welche für die modellierten Versuche irrelevant ist, nicht in das Modell übertragen.
Sofistik berechnet die Bewehrung pro Bewehrungslage in cm2/m über den gesamten Querschnitt auf zwei verschiedene Methoden. Dabei liefert jedes QUAD-Element fünf Ergebnisse, eines in jedem Eckpunkt und eines in der Mitte des Elements. Für die Berechnung mittels Knotenergebnissen bildet das Programm pro Element jeweils den Mittelwert der vier Eckpunktergebnisse und gibt die Elemente mit einem maximalen Mittelwert aus. Für die Berechnung mittels Elementmittenwerten werden hingegen nur die jeweiligen Mittenwerte der Elemente herangezogen. Dadurch ergibt jede Bewehrungsermittlung in Sofistik zwei Ergebnisse, die im Normalfall, gerade bei einfacheren Systemen wie Biegeversuchen, keine große Diskrepanz ergeben sollten. Im Allgemeinen sind aufgrund der Mittelwertbildung der Knotenergebnisse die Elementmittenwerte zu bevorzugen, da diese im Normalfall genauere Ergebnisse liefern [2]. Zur genaueren Untersuchung sollten jedoch beide Werte analysiert werden.
Zu Beginn der Berechnungen wurde, zum besseren Verständnis des Zusammenhangs der Mesh-Größen mit der berechneten Bewehrung, eine Mesh-Size-Analyse durchgeführt (Abb. 2). Im Bereich mit kleineren Mesh-Größen als vom Programm vorgeschlagen schwanken die Ergebnisse recht stark. Bei größer werdenden Elementen wird durch die automatische Verfeinerung in den für die Berechnung essenziellen Bereichen ausreichend verfeinert. Weiters ist anzumerken, dass das Ergebnis zwar nicht genau mit der tatsächlich im Versuch eingelegten Menge an Bewehrung übereinstimmt, aber trotzdem eine gute Tendenz der Mesh-Größen zu erkennen ist. Durch die voreingestellte Verfeinerung mit automatischer Mesh-Größe findet Sofistik das Optimum zwischen genauen Ergebnissen und geringer Rechenleistung, sie wird somit als Grundlage für die Analyse des Tübbings verwendet.
Abb. 2
Mesh-Size-Analyse mit voreingestellter Verfeinerung
Im Folgenden werden zuerst Versuche (Dreipunktbiegeversuch und Tübbing) aus Beton und Bewehrungsstahl mittels Sofistik nachgerechnet. Im nächsten Schritt werden diese Versuche mittels einer Basaltbewehrung berechnet und abschließend die Ergebnisse in einer Gegenüberstellung präsentiert.
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3.1 Dreipunktbiegeversuch
Die von J. Carmona und G. Ruiz erprobten Dreipunktbiegeversuche [3] bieten eine gute Grundlage für die ersten Berechnungen und späteren Adaptierung des Programms Sofistik, da diese bis zur maximal aufnehmbaren Kraft belastet und nicht nur auf die Gebrauchstauglichkeit geprüft worden sind. In diesen Versuchen wurden zudem Balken ohne Querkraftbewehrung und ohne Bewehrung in der oben liegenden Druckzone getestet, wodurch in diesen Bereichen ein Maximalwert von 0,00 cm2/m angenommen werden kann. Dadurch kann gut überprüft werden, welche Adaptierungen im Programm zu einer Änderung des Ergebnisses führen.
Wie in Abb. 3 ersichtlich, richtet sich die Länge des Trägers nach der Trägerstärke (D), mit den Werten D = 150 mm für den Träger M und D = 300 mm für den Träger L. Die Trägerbreite beträgt immer 50 mm. Weiters beinhaltet jeder Trägername im Beitrag zwei Zahlen. Die erste steht dabei für die Anzahl an Bewehrungseisen im Träger, die zweite für die Anzahl an Bewehrungseisen, welche im 45° Winkel als Querbewehrung nach oben geführt und aus Gründen der Simplizität hier nicht behandelt werden. Die Bewehrung liegt in allen Trägern, bis auf den L80, einlagig bei 0,85 * D, von oben gemessen, im Träger. Im Falle des L80 sind acht Bewehrungseisen eingelegt, welche aus Platzgründen in zwei Lagen eingebaut wurden.
Im Zuge dieser Arbeit wurden die Dreipunktbiegeversuche M20, M40, L40 und L80 in Sofistik eingespielt und die berechneten Werte mit denen aus den Versuchen verglichen. Wie in Tab. 1 zu erkennen ist, stimmt die berechnete Bewehrung nicht komplett mit der im Versuch eingelegten Bewehrung überein und variiert auch teils nach oben bzw. unten. Bei allen untersuchten Dreipunktbiegeträgern dieser Versuchsreihe berechnet Sofistik etwas mehr Bewehrung als tatsächlich verwendet wurde, mit Ausnahme von Träger L80. Dies könnte mit dem wandartigen Querschnitt dieses Balkens zusammenhängen, da hier das Programm zusätzlich eine notwendige Bügelbewehrung ausgibt.
TABELLE 1
Vergleich berechnete Bewehrung mit Bewehrung im Versuch; Dreipunktbiegeversuch
Balkennummer
Bewehrung im Versuch
Maximaler Elementmittenwert
Maximales
Knotenergebnis
[–]
[cm2/m]
[cm2/m]
[cm2/m]
L40
3,93
4,32
4,43
L80
7,85
7,03
7,03
M20
1,96
2,54
2,54
M40
3,93
3,97
4,04
3.2 Tübbing
Die aus den Dreipunktbiegeversuchen erlangten Erkenntnisse werden im Folgenden auf zwei Tübbinge umgelegt: einen Tübbing vom Koralmtunnel Baulos KAT2 [4] sowie einen vom Koralmtunnel Baulos KAT3, welcher von der TU Graz in Zusammenarbeit mit der Montanuniversität Leoben untersucht wurde. Für beide wurde Stahl der Güte B550 verwendet, die Bewehrungspläne sowie detaillierte Aufzeichnungen zu den einwirkenden Kräften liegen vor. Die Tübbinge wurden am Tübbingprüfstand der Montanuniversität Leoben unter Laststeigerung der mittig angreifenden Vertikallast geprüft. Das dafür verwendete Lastmodell ist ein Einfeldträger mit zwei Auflagern, einem beweglichen, an dem auch die Horizontallast von 70 kN eingeleitet wird, und einem festen. Für die Auswertung werden die obere und mittlere Bewehrungslage als Mindestbewehrung in Sofistik eingegeben, um auf diese Weise die für die maximale Last auf Biegung essenzielle untere Bewehrungslage bestmöglich mit den Versuchen vergleichen zu können. Aufgrund der Einstellmöglichkeiten in Sofistik wird von einer gleichmäßig aufgeteilten Bewehrung über den gesamten Querschnitt ausgegangen.
Tab. 2 zeigt den Vergleich der berechneten mit der im Versuch eingelegten Bewehrung der beiden modellierten Tübbinge. Die Diskrepanzen zwischen der tatsächlich eingelegten Bewehrung laut Versuch und der berechneten Bewehrung von Sofistik könnten unter anderem auf eine im Versuch höhere effektive Beton- oder Stahlqualität im Vergleich zu den normativen Mindestanforderungen zurückzuführen sein. Dabei ist jedoch hervorzuheben, dass sich die Unterschiede ohnehin in einem Bereich befinden, der akzeptierbar ist und nicht auf Auslege- oder Programmfehler rückzuschließen ist.
TABELLE 2
Vergleich berechnete Bewehrung mit Bewehrung im Versuch; Tübbing
Tübbing
Bewehrung im Versuch
Maximaler Elementmittenwert
Maximales
Knotenergebnis
[–]
[cm2/m]
[cm2/m]
[cm2/m]
KAT2
15,87
18,46
19,39
KAT3
17,18
20,88
21,69
In Abb. 4, welche die Verteilung der Hauptbewehrung der unteren Lage nach Knotenergebnissen des Tübbings KAT2 zeigt, ist ersichtlich, dass die maximale Bewehrung nur in einem relativ kleinen Bereich in der Mitte des Tübbings benötigt wird. Dies zeigt ebenfalls Abb. 5, in welcher die Spannungsverteilung im Tübbing visualisiert ist.
Zur Veranschaulichung, in welchem Bereich die Verbesserung durch den Umstieg auf Basaltbewehrung im Vergleich zur herkömmlichen Stahlbewehrung liegen könnte, wird der Dreipunktbiegeversuch M40 mit einer Basaltbewehrung in Sofistik eingespielt. Die maßgeblichen physikalischen Eigenschaften von Basalt sind dem Produktdatenblatt [5] der Firma Basalt Fibertec GmbH entnommen worden. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Zugfestigkeit von bis zu 4000 MPa. Die von Sofistik berechnete Bewehrungsfläche aus Stahl beträgt bei diesem Versuch mittels Elementmittenwerten 3,97 cm2/m und konnte durch Verwendung von Basaltbewehrung auf 0,98 cm2/m verringert werden.
In einem nächsten Schritt wird der Tübbing KAT2 mit Basaltbewehrung modelliert. Für die Berechnung mittels Elementmittenwerten werden in der unteren Lage 18,46 cm2/m Stahlbewehrung benötigt, im Gegensatz zu nur 11,34 cm2/m Basaltbewehrung, wobei hier die obere und mittlere Bewehrung auf 0,00 cm2/m gesetzt ist und alle anderen Kennwerte dem ursprünglichen Versuch entsprechen. Demzufolge wird bei Basalt, trotz fehlender oberer und mittlerer Bewehrungslage, unten deutlich weniger Bewehrungsfläche benötigt als bei Stahl.
Bezüglich des in Tab. 3 dargestellten Vergleichs der Stahl- mit der Basaltbewehrung ist zu erwähnen, dass sich die Bewehrung pro Querschnittsfläche und der Bewehrungsgrad auf das gesamte Bauteil, und somit auf alle im Bauteil eingelegten Längsbewehrungen, beziehen. Für die Berechnung wird bei allen Versuchen für die untere Bewehrung der Elementmittenwert herangezogen. Abb. 6 und 7 dienen der Visualisierung des möglichen Einsparpotenzials, wobei hier nur die Biegebewehrung, welche für die modellierten Versuche benötigt ist, dargestellt wird.
Die durchgeführten Berechnungen zur möglichen Umstellung der herkömmlichen Bewehrung aus Stahl hin zu einer Bewehrung aus Basalt weisen eine deutliche Reduktion der erforderlichen bewehrten Querschnittsfläche auf. Im Dreipunktbiegeversuch wurde eine Verringerung der Querschnittsfläche auf etwa ein Viertel festgestellt, während beim Tübbing die Querschnittsfläche der unteren Biegebewehrung um rund 40 % reduziert werden konnte, bei gleichzeitigem Entfall der oberen und mittleren Bewehrung. Diese Ergebnisse beziehen sich zwar vorläufig nur auf die Bedingungen des Versuchsaufbaus im Tübbingprüfstand und berücksichtigen daher noch nicht die vielfältigen Anforderungen, denen ein Tübbing sowohl während des Einbaus als auch im eingebauten Zustand ausgesetzt ist. Dennoch kann bereits festgestellt werden, dass eine Umstellung von Stahl auf Basalt bedeutende ökologische und ökonomische Vorteile zur Folge haben könnte.
Aus ökologischer Perspektive spricht insbesondere der höhere Bedarf an Stahlbewehrung zur Erzielung einer vergleichbaren Zugfestigkeit wie bei Basalt sowie der hohe Energieverbrauch bei der Stahlproduktion für eine Umstellung auf Basaltbewehrung. Des Weiteren kann durch den Wegfall des Korrosionsschutzes die Überdeckung deutlich reduziert und auf das für den Verbund zwischen Beton und Bewehrung notwendige Maß verringert werden, was auch eine Reduktion des Betonverbrauchs ermöglicht. Ökonomisch betrachtet ergibt sich der Vorteil in einem deutlich geringeren Erhaltungsaufwand, bedingt durch die Verlängerung der Wartungsintervalle und die damit einhergehende Reduktion der Sanierungskosten sowie der durch Sperrungen von Infrastrukturbauwerken entstehenden Ausfallkosten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Bewehrungskörbe aus Basalt automatisiert herzustellen, was beispielsweise die Kosten eines Tübbings weiter senken könnte.
Um diese Vorteile jedoch genauer validieren zu können, sind Versuche im Labor und am Tübbingprüfstand notwendig. Begleitende Modellierungen mit Sofistik sind sinnvoll, um zusätzliche Daten zu erheben und mögliche Anpassungen im Programm vorzunehmen. Neben der technischen Anwendung und Umsetzung sind auch gesetzliche Anpassungen bzw. Änderungen in den Normen notwendig, um den Einsatz von Basaltbewehrung deutlich zu erleichtern.
Damit verbundene Modellierungen in Sofistik sind sinnvoll, um auch hier noch weitere Daten sammeln und eventuell Adaptierungen im Programm vornehmen zu können. Neben der Anwendung und Ausführung von wissenschaftlichen Versuchen sind Gesetzes- bzw. Normenänderungen notwendig, um den Einsatz einer Basaltbewehrung deutlich zu vereinfachen.
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