Mit dem Wey 03 von GWM fährt man vorrangig elektrisch. Für lange Strecken steht im komfortablen Herausforderer aus China ein Turbo-Ottomotor zur Verfügung.
Das Design des Wey 03, eines von zwei in Deutschland erhältlichen Modellen der chinesischen Marke GWM, macht auf Oberklasse: An der Front prangt ein riesiger, verchromter Kühlergrill. Die LED-Scheinwerfer und -Heckleuchten bieten eine aggressive Drei-Strich-Optik, die an das "Krallen-Design" bei Peugeot erinnert. Der Wey 03 ist 4.668 mm lang, 1.890 mm breit und 1.730 mm hoch. Die chinesische Marke bot das SUV zuvor unter dem Namen "GWM Wey Coffee 02" an. Diese Bezeichnung leuchtet übrigens beim Starten auch noch auf dem Display auf.
Nach dem Öffnen der knarzenden Fahrertür fällt zunächst ein seltsam chemischer Geruch auf. Das Ambiente ist aber durchweg luxuriös gestaltet. Neben gestepptem Leder mit Kontrastnähten und Keder in weiß sind auf den Sitzen Bahnen aus Alcantara aufgebracht. Diese Kombination findet sich nahezu überall im Interieur. Die Mittelkonsole und der Rahmen des Cockpits fallen etwas ab, sie sind mit einem dunklen Holzimitat versehen. Der Wählhebel der Automatik ist aus Kristallglas. Der Verstellbereich für das Zweispeichen-Lenkrad ist sehr klein, die weichen Memory-Sitze sind achtfach elektrisch verstellbar, bieten Sitzheizung und -belüftung. Allerdings keine Lordosenstütze und die Sitzfläche ist zu kurz. Da mit dem PHEV auch längere Ladezeiten vonnöten sind, hat der chinesische Hersteller bei den Sitzen in anderer Hinsicht mitgedacht: Sie sind fast komplett umlegbar, sodass man auch ein Nickerchen beim Laden halten könnte. Mit einem Radstand von 2.745 mm bietet das SUV vor allem im Fond großzügige Platzverhältnisse. Die Ambientebeleuchtung ist auch hinten vorhanden, zudem sorgt die verstellbare Neigung der Rückenlehne für Extra-Komfort. Der leicht zugängliche Kofferraum hinter der elektrischen Klappe bietet zwischen 517 und 1.289 l Volumen. Allerdings liegt die Zuladung beim schweren PHEV nur bei 375 kg.
Elektronik + Connectivity
Monitore sind heutzutage wichtiger als Motoren: Knöpfe gibt es nur noch wenige. Das schmale, 9,2" großes Display vor dem Fahrer erinnert an VW I.D. und benötigt mit sehr vielen kleinteiligen Infos eine gewisse Gewöhnungszeit. Deutlich angenehmer, weil einfacher, gestaltet sich die Nutzung des großen, farbigen Head-up-Displays, das die relevanten Daten sehr scharf abbildet. Allerdings leuchtete es nachts – wie auch die anderen Displays und die Ambientebeleuchtung – trotz Einstellung auf der geringsten Helligkeitsstufe zu hell. Über dem Touch-Display für die Innenraum-Klimatisierung auf der Mittelkonsole steht ein 14,6" großer Multimedia-Touchscreen, der für fast alle anderen Funktionen zuständig ist. Der nicht besonders sensitive Touchscreen muss teilweise mehrfach bedient werden. Zudem wird jede Eingabe im Fahrzeug mit einem Signalton quittiert. Viele Untermenüs und unklare Bezeichnungen (wie etwa Mobilservice für Telefon) lenken den Fahrer zusätzlich beim Fahren ab. Abhilfe soll eigentlich die KI-Sprachsteuerung schaffen. Doch diese versteht auch nicht immer alles, zudem hat sie oft schlechte Laune und fragt dann in einem genervten Tonfall: "Was ist los?". Das Infotainmentsystem arbeitet, wenn man das richtige Menü gefunden hat, aber recht flüssig, auch die Navigation funktionierte ohne Tadel. Apple CarPlay und Android Auto sind selbstverständlich serienmäßig. Ein weiterer Schwachpunkt: Das Haupt-Display lässt sich zwar in zwei Bedienschritten ausschalten, aber es geht wieder an, wenn sich der Abbiegeassistent meldet. Oft schaltete es sich auch ohne ersichtlichen Grund einfach wieder ein. Es kam auch vor, dass sich Fenster überlappten, so konnte die Telefonfunktion einmal zum Auflegen nur über Umwege wieder erreicht werden. Ein Problem gab es beim Blinkerhebel, der oftmals nicht zurückstellte. Aufgrund eines schlecht definierten Druckpunktes kam es häufig vor, dass zunächst links geblinkt wurde und beim Versuch des Abstellens dann der Blinker rechts betätigt wurde. Auch das Keyless-Go offenbarte Schwächen und schloss das Fahrzeug nicht zuverlässig beim Verlassen ab. Sehr oft musste aus der Ferne der Knopf am Schlüssel genutzt werden.
Fahrerassistenzsysteme
Ein gemischtes Bild hinterlassen auch die rund 20 Fahrerassistenz-Systeme im China-SUV. Eine sehr sensible Abstimmung sorgt für sehr viele Warn- und Hinweistöne sowie blinkende Symbole, die man zudem aufgrund des kleinen Displays oft zunächst nicht zuordnen kann. Der Totwinkel-Assistent warnt akustisch und mit dem Symbol im Spiegel sowie mit einer auf der jeweiligen Seite blinkenden Ambientebeleuchtung. Diese allerdings spiegelte sich nachts in den Außenspiegeln. Die Fernlicht-Automatik blendet zu spät ab. Der ACC funktioniert recht gut und fährt selbsttätig wieder an, hat aber Schwächen bei der Beschleunigung, da arbeitet er oftmals zu zaghaft. Im Stau werden die sich dann bietenden Lücken gerne von anderen Verkehrsteilnehmern genutzt. Leider gibt es keine Resume-Taste, sodass nach einer kompletten Unterbrechung das Tempo neu eingestellt werden muss. Der Abbiegeassistent zeigt das Bild der 360°-Kamera im großen Display teilweise verzögert, manchmal auch gar nicht an. Die "Notlenkassistent" genannte Lenkunterstützung hat Schwierigkeiten bei engen Straßen und meldet sich dann ständig an und wieder ab. Der Geschwindigkeits-Assistent bimmelt bereits ab 1 km/h Überschreitung. Wären nicht die vielen verschiedenen Hinweistöne, könnte es im Wey-SUV, auch durch die "Active Noise Control", sehr ruhig während der Fahrt zugehen. Abgesehen davon, dass es nicht sinnvoll ist, können die Funktionen mit drei, vier Klicks in Untermenüs abgestellt werden. Aber das muss vor jeder Fahrt neu erfolgen.
Motor + Antrieb
Der GWM Wey 03 Plug-in-Hybrid AWD 2.0 kombiniert einen 150 kW (204 PS) starken Vierzylinder-Ottomotoren mit zwei Elektromotoren, die vorn 120 kW (163 PS) und hinten 135 kW (184 PS) leisten. Die Systemleistung liegt bei üppigen 325 kW (442 PS), das Systemdrehmoment bei 685 Nm. Ein 9-Gang-Doppelkupplungsgetriebe sorgt für die Kraftübertragung. Diese erfolgt vor allem im Sportmodus nicht ganz ruckfrei, immerhin kann in 5,3 s auf Tempo 100 beschleunigt werden. Die maximale Geschwindigkeit des SUV liegt bei 230 km/h.
Wie manch anderes Elektrofahrzeug bietet auch der Wey 03 ein abgekoppeltes Fahrgefühl. Das sehr weich abgestimmte Fahrwerk mit Einzelradaufhängung vorne und Multilenkerachse hinten vermittelt ein Gefühl des Schwebens, die gefühllose und sehr leichtgängige Lenkung lässt es an Präzision vermissen. Der Lenkmodus "Sport" brachte nicht viel Verbesserung. An Fahrmodi stehen neben dem hauptsächlich genutzten "Normal" auch "EV", "Charge" (gemeint ist Battery Hold), "Sport", "Snow", "Mud", "Sand" und "AWD" zur Verfügung. Das Fahrverhalten des SUV ist gutmütig und sanft abgestimmt, sodass eine dynamische Herangehensweise fast schon ausgeschlossen wird. Durch die (im Menü zweifach einstellbare) Rekuperation müssen die Bremsen übrigens nicht oft betätigt werden. Beim Stoppen aus voller Fahrt wirkten sie allerdings das eine oder andere Mal etwas überfordert. Der Wey 03 wiegt immerhin 2,3 t.
Elektrisches Fahren
Der Antrieb im Wey 03 ist auf das elektrische Fahren ausgerichtet und schaltet den Verbrennungsmotor nur bei Bedarf zu. Welcher Motor gerade arbeitet, kann mit einem winzigen Diagramm im Fahrerdisplay verfolgt werden. Voll aufgeladen bietet das PHEV laut Datenblatt bis zu 139 km rein elektrische Reichweite, die im Test aber aufgrund der herbstlichen Temperaturen nicht ganz erreicht werden konnten. Grund für die hohe Reichweite ist die verbaute 34-kWh-Batterie. Das Schnellladen soll eigentlich mit einer Ladeleistung von bis zu 50 kW erfolgen, aber die Werte reichten kaum über die 30 kW. So lag die benötigte Zeit zum Vollladen immer über einer Stunde. Immerhin: Dank fleißiger Besuche von Schnellladestationen musste das SUV im Testzeitraum fast nicht betankt werden.
Preis GWM Wey 03
Die schwächere FWD-Version des Wey 03 startet bei 47.900 Euro. Der Preis für den starken Allrad-PHEV mit Luxury-Ausstattung liegt bei 55.900 Euro. Bei der gebotenen Ausstattung ist der Wey 03 ein gutes Angebot. Vor allem mit dem Infinity-Audiosystem mit 12 Lautsprechern, Subwoofer und Surround-Sound, das Konzert-Atmosphäre bietet. Allerdings wechseln sich im China-SUV Licht und Schatten ab. Der Wey 03 bietet viele gute Ansätze, wirkt aber noch nicht ganz ausgereift. Großzügige Platzverhältnisse, viel Reisekomfort und ein starker Hybridantrieb stehen Schwächen bei der Software und der Bedienung gegenüber.
Pro und Contra GWM Wey 03 HEV Luxury
Pro
+ Gute Ausstattung
+ Ruhiger Innenraum, sehr gute Soundanlage
+ Hybridantrieb mit großer elektrischer Reichweite
Contra
- Bedienung
- Zu viele Warn- und Signaltöne
- Software nicht ausgereift