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20-06-2016 | Steuerrecht | Schwerpunkt | Article

Die Investmentsteuerreform ist auf dem Weg

Author: Johannes Höring

3:30 min reading time

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Der Gesetzgeber sieht zahlreiche Neuregelungen im Investmentsteuerrecht vor. Was kommt auf Anleger und Banken zu?

Am 9.6.2016 hat der Bundestag das Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG) angenommen. Es wird erwartet, dass der Bundesrat dem Gesetz am 8.7.2016 in der vorliegenden Fassung zustimmt. Einige geplante Änderungen werden nachfolgend kurz vorgestellt.

Zwei Besteuerungssysteme

Im Bereich der Investmentsteuer wird es laut Gesetzesvorhaben zwei unabhängige Besteuerungssysteme für Publikums-Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds geben. Das bisherige „transparente“ System bei Publikums-Investmentfonds soll abgeschafft und durch eine pauschale Besteuerung auf Anlegerebene ersetzt werden. Für Spezial-Investmentfonds bleibt es grundsätzlich bei den bisherigen (semi-)transparenten Besteuerungsregelungen.

Ertragsnachweis bei Drittstaatenfonds 

Die Möglichkeit des Nachweises der tatsächlichen Höhe der Erträge aus einem Investmentfonds nach § 6 Abs. 2 Investmentsteuergesetz (InvStG) soll über EU-Investmentfonds hinaus auf Drittstaatenfonds und inländische Investmentfonds ausgedehnt werden. Vorgesehen ist außerdem eine Erweiterung des § 6 InvStG zur Pauschalbesteuerung bei fehlenden Nachweisen der Besteuerungsgrundlagen. Mit der Neuregelung wird ein Petitum des Bundesrates umgesetzt.

Der EuGH hat mit Urteil vom 9.10.2014, Rs. C-326/12 im Fall „van Caster und van Caster“, entschieden, dass § 6 InvStG an das Unionsrecht anzupassen ist. Dem Steuerpflichtigen, der Anteile an einem ausländischen Investmentfonds gezeichnet hat, sei die Möglichkeit einzuräumen, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe seiner Einkünfte nachweisen lässt. Die Finanzverwaltung müsse Inhalt, Form und Maß an Präzision, denen die Angaben genügen müssen, bestimmen. Der Gesetzentwurf beschränkte den Anwendungsbereich der Neuregelung auf EU-Investmentfonds. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17.11.2015, VIII R 27/12, entschieden, dass die Regelung des § 6 InvStG nicht der sog. Stand-Still-Clause des Artikels 64 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unterfällt und auch für ausländische Investmentfonds aus Drittstaaten am Maßstab der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen ist. Neben der Erweiterung auf Drittstaatenfonds bezieht die geänderte Formulierung auch Inlandsfonds mit ein, um eine mögliche Inländerdiskriminierung zu vermeiden.

Hinweis: Das BMF hatte in der Zwischenzeit auf die Urteile reagiert und mit Schreiben vom 23.5.2016 die Erweiterung der Nachweismöglichkeit der Besteuerungsgrundlagen für Drittstaatenfonds wieder zugelassen (wie in dem ursprünglichen BMF-Schreiben vom 4.2.2015).

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Fazit

Mit dem Inkrafttreten des InvStG im Jahr 2004 glaubte man die europarechtliche Problematik der pauschalen Investmentbesteuerung gelöst zu haben. Spätestens seit 2014 mit der entsprechenden Entscheidung des EuGH zu § 6 InvStG sind die Stimmen nicht …

Cum-Cum-Geschäfte  

Das Gesetz sieht vor, dass „Cum-Cum-Geschäfte“ zur Umgehung der Dividendenbesteuerung künftig unterbunden werden sollen (§ 36 Abs. 2a EStG-E). Um dieses Ziel zu erreichen, soll eine Mindesthaltedauer von 45 Tagen in einem Zeitintervall von 91 Tagen um den Fälligkeitstag der Kapitalerträge eingeführt werden. Dabei sollen Tage, an denen weniger als 30 Prozent des Kursrisikos getragen werden, nicht berücksichtigt werden. Wird die Mindesthaltedauer nicht erfüllt, wird die Anrechnung der auf die Dividendenerträge einbehaltenen Kapitalertragsteuer ausgeschlossen. Nicht gezahlte oder erstattete Kapitalertragsteuer ist in diesen Fällen nachzuzahlen. Die neue Vorschrift betrifft gleichermaßen die Direktanlage und die Anlage über einen Investmentfonds.

Es ist zu erwarten, dass gerade das für Kreditinstitute aktuelle Thema der Cum-Cum-Geschäfte zukünftig weiter Gegenstand von Gesetzgebungsprozessen sein wird. Im Hinblick auf die Vermeidung von sog. Cum-Cum-Geschäften bleibt abzuwarten, ob der Markt nicht weitere Gestaltungs- oder Abmilderungsmöglichkeiten schaffen wird.

Kritikern sind die „Vereinfachungen“ zu kompliziert

Schon seit 2011 wird von der Finanzverwaltung. die Idee einer grundlegenden Neukonzeption der deutschen Fondsbesteuerung gefordert. Anstelle der aktuellen 33 Besteuerungsgrundlagen sind zukünftig nur noch vier Kennzahlen notwendig. Befremdlich erscheint es dennoch, dass der Umfang der Regelung im geplanten neuen InvStG trotz der annoncierten und angestrebten Vereinfachung immer weiter anwächst. Kritiker empfinden das Gesetzeswerk nun als noch komplizierter als bisher. Es ist bereits jetzt abzusehen, dass dieser Reform weitere Reformen zur Klarstellung der Regelungen folgen werden. Für alle Beteiligten der Finanzbranche wird diese Gesetzesänderung eine der bedeutendsten Einschnitte seit Einführung des InvStG darstellen. Nun müssen sich alle mit den Anforderungen und Neuerungen auseinanderzusetzen und vor allem die IT-Systeme anzupassen, um den erheblichen Mehraufwand effektiv und kostenreduzierend bewältigen zu können. 

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