Bei der Tagung zur "motorischen Stickoxidbildung beim Dieselmotor" des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und dem Haus der Technik (HDT) konnte Tagungsleiter Thomas Koch viele Vertreter aus der Industrie, der Politik, der Presse und des Umweltbundesamtes zusammenbringen. Die vielschichtigen Fachbeiträge beleuchteten das sehr komplexe Thema der Dieselemissionen sachlich und fachlich fundiert in allen Facetten. Ob technische Lösungen, politische Fragen oder Gesundheitsaspekte, die Diskussionen verliefen ruhig und ohne gegenseitige Schuldzuweisungen.
Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob ein besseres Kommunikationsmanagement vor allem aus der Autoindustrie die Auswirkung des Dieselgates hätten mildern können, wie es im Roundtable über die "mediale Wahrnehmung" angesprochen wurde. Die fast schon hysterische Berichterstattung führte schnell zu Diskussionen über das Ende des Dieselmotors und das Ende des Verbrennungsmotors überhaupt. Das Ergebnis ist bekannt: rückläufige Zulassungszahlen für Dieselfahrzeuge in Deutschland und drohende Fahrverbote. Das sowieso schon schlechte Image der Autohersteller wurde weiter angekratzt – diese hatten sich zu sicher gefühlt und wurden nun kollektiv in Haftung genommen.
Der Dieselmotor ist noch nicht am Ende
Bei sachlicher Betrachtung wird klar: Die Lage ist längst nicht so dramatisch, wie zum Teil in der Öffentlichkeit dargestellt. Der Dieselmotor hat durchaus noch eine Zukunft. Natürlich lässt sich nicht bestreiten, dass die Industrie Fehler gemacht hat. Natürlich sollten die Grenzwerte für NOx eingehalten werden. Aber eine in Teilen unseriöse Berichterstattung hat beispielsweise den Eindruck erweckt, dass tausende Tote pro Jahr auf das Konto von Dieselfahrern gingen. Was gar nicht zu belegen ist, wie Vorträge einer Toxikologin und eines Lungenfacharztes aufzeigten. Auch dass die Ingenieure bereits technische Lösungen für die NOx-Problematik gefunden haben (wie übrigens beim Thema Feinstaub), kommt oft zu kurz.
Innermotorische Maßnahmen wie erhöhte Einspritzdrücke und kürzere Einspritzzeiten sowie eine aufwändige Abgasnachbehandlung machen die Dieselmotoren – endlich, muss man sagen – sauberer. Und das nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Straße, wie die präsentierten, neuesten RDE-Ergebnisse auf der Tagung zeigen. Selbst zwei amerikanische Autohersteller setzen plötzlich wieder Dieselmotoren ein. Und erste Auswertungen zeigen laut VDA zudem, dass die NOx-Immissionen in Städten wie Stuttgart, München und Berlin leicht sinken.
Wie geht es weiter?
Doch das alles könnte zu spät kommen, um das Blatt wieder zugunsten des Dieselmotors zu wenden. Auch wenn sich positive Meldungen zum einstigen Lieblingsmotor der Deutschen wieder mehren – die NOx-Grenzwerte in vielen deutschen Städten sind nach wie vor deutlich zu hoch. "Der Hauptverursacher für die unzureichende Luftqualität in den Städten ist der motorisierte Straßenverkehr", sagt Claudia Hornberg im Interview Wir brauchen eine nachhaltige Mobilität in den Städten. Am 22. Februar entscheidet deshalb das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über Fahrverbote in Düsseldorf und Stuttgart. Die Zeichen stehen schlecht, denn die Autohersteller hatten viele Zeit, ihre Aufgabe zu erledigen. Der einseitige Fokus auf den Dieselmotor und Stickoxide führt allerdings zur nächsten Mammutaufgabe für die OEMs: bei sinkenden Zahlen für Neuzulassungen mit Selbstzündern steigen nun die Kohlenstoffdioxid-Werte wieder an. Die Ruhe ist anscheinend die Ruhe vor dem nächsten Sturm.