Im Web gefunden zu werden, bleibt für Unternehmen existenziell. Da die Online-Welt immer komplexer wird, braucht es Akteure, die ihre Kräfte in einem SEO-Cockpit bündeln, wie Springer-Autor Bastian Sens im Interview mit Springer Professional erklärt.
Springer Professional: Herr Sens, auf Ihr Springer-Buch "Das Online-Marketing-Cockpit" folgt nun eine neue Veröffentlichung, "Das SEO-Cockpit". Welches Prinzip haben Sie mit dem Cockpit entwickelt und inwieweit kann es Unternehmen bei ihrer Suchmaschinenoptimierung behilflich sein?
Bastian Sens: Mit den Cockpits verfolge ich die Idee und Überzeugung, dass Strategien nur dann konsequent umgesetzt werden, wenn sie die Akteure – intern wie extern – immer vor Augen haben. Das kann durchaus auf einem Whiteboard, ausgedruckt oder in anderen Formen sein. Wichtig ist wirklich nur, dass wir die Strategie immer verfolgen und nicht davon abrücken. Denn in der heutigen Zeit sind wir so schnell abgelenkt und haben unzählige Möglichkeiten, im Online-Marketing aktiv zu sein. Doch einfach nur etwas zu machen, um aktiv zu sein, reicht nicht. Wir müssen unsere Kräfte bündeln und absolut in eine Richtung lenken. Das gilt generell für das Online-Marketing und impliziert selbstverständlich auch die Suchmaschinenoptimierung.
Das SEO-Cockpit enthält die acht essenziellen Phasen einer erfolgreichen SEO-Strategie. Diese beginnt nicht, wie sonst oft angenommen, bei der Keyword-Recherche, sondern bei der Positionierung des Unternehmens. Was differenziert das Unternehmen von Wettbewerbern und warum sollte man dort unbedingt Kunde werden?
Werfen wir einen Blick in die Praxis: Wie gehen Sie in Ihrer Agentur Sensational Marketing zum Beispiel vor, wenn ein Kunde einen Website-Relaunch plant?
Ein solches Projekt gehört zu den heikelsten im SEO-Bereich. Damit können viele gute Optimierungen vorgenommen, aber auch viele Rankings in Google vernichtet werden. Mein Lieblingsbeispiel ist dafür immer hrs.de, die einfach vergessen hatten, Weiterleitungen von alten auf neue URLs einzurichten. Sie sind damit für Begriffe wie "Hotel+Stadt" zahlreich von Position eins raus aus den Top 100 von Google verschwunden. Eine simple Maßnahme, an die doch jeder Programmierer denkt, könnte man meinen. Doch ich habe es schon viel zu oft gesehen. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Worum es bei einem Website-Relaunch geht, ist eine gute und sorgfältige Planung: Wer, was, wann? Das sind die zentralen Fragen. Wir bringen im Zusammenspiel mit der Webdesign-Agentur des Kunden die SEO-Erfahrung mit in das Projekt. Wenn im Vorfeld eine SEO-Strategie mit dem Cockpit erstellt wurde, läuft es auch wesentlich zielgerichteter, da alle Parteien, unter anderem die Zielgruppe und die Positionierung beziehungsweise die Content-Strategie, klar vor Augen haben.
Ein weiteres SEO-Spezialthema sind die Sozialen Medien. Welchen Einfluss haben neue Online-Kommunikationskanäle auf die Suchmaschinenoptimierung?
Einen direkten Einfluss nachzuweisen, ist immer schwierig. Was man jedoch ziemlich sicher sagen kann ist, dass der Bekanntheitsgrad einer Person oder eines Unternehmens gewiss einen großen Einfluss auf das Ranking der eigenen Website hat. Google favorisiert Marken, die zu einem bestimmten Thema klar zugeordnet werden können. Wofür steht "Kieser Training"? Fitnesstraining für einen starken Rücken. Wofür steht Jack Wolfskin? Funktionale Outdoor-Kleidung. Unternehmen müssen sich klar positionieren, erst so werden sie bei der Zielgruppe entsprechend abgespeichert. Wenn zukünftig eine (Kauf-)Entscheidung ansteht, dann soll die Zielgruppe an das entsprechende Unternehmen denken. Ein ganz wichtiges Instrument dafür ist Social-Media-Marketing. Durch die wiederholte Kommunikation und Platzierung der Positionierung bei der Zielgruppe kann der Branding-Effekt stattfinden.
Letztlich steigert die Bekanntheit die Anzahl der Suchanfragen in Google. Im Folgenden wird das Unternehmen als wichtige Marke erkannt und platziert dann die Unternehmenswebsite für die Keywords in deren Themengebiet (Nische) besser.
Welche Tools helfen bei der Suchmaschinenoptimierung – und ist es überhaupt ratsam für Unternehmen, SEO inhouse zu betreiben?
Generell helfen Tools selbstverständlich bei der Analyse und Aggregation von SEO-Daten. Doch der Haken daran ist, dass sie auch entsprechend richtig interpretiert werden müssen. Dafür braucht es SEO-Knowhow, das es zu erwerben gilt. Ist das nicht tiefgründig der Fall, werden die Daten potenziell falsch interpretiert und demnach falsche Maßnahmen abgeleitet. SEO kann selbstverständlich auch inhouse sinnvoll sein. Unternehmer müssen hierfür eine einfache wirtschaftliche Rechnung anstellen: Was kostet eine SEO-Agentur und was kostet ein SEO-Mitarbeiter? Hinzu gerechnet werden müssen jedoch auch die stetige Weiterbildung und der Austausch mit SEO-Kollegen. Das Problem von Inhouse-SEOs ist, dass sie ansonsten "im eigenen Saft schmoren" und sich weniger Wissen aneignen können. Diese Zeit muss einberechnet werden. Außerdem bietet die SEO-Agentur natürlich auch eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der Vertragsgestaltung. Das Wissen bezüglich des Kunden und der Nische muss natürlich erst aufgebaut werden. Alles hat seine Vor- und Nachteile, die ein Unternehmen für sich abwägen muss.
Was erwarten Sie, wenn Sie in die SEO-Zukunft blicken?
Meiner Ansicht nach wird SEO für die meisten Unternehmen ein essenzieller Baustein im Online-Marketing-Mix bleiben. Wir werden weiter nach Informationen, Herstellern, Dienstleistern und so weiter in Suchmaschinen suchen – ob in Google oder irgendwann vielleicht auch mit einer anderen Suchmaschine. Das Finden wird Google sicherlich durch Algorithmusänderungen noch weiter erleichtern und die Suchmaschinenoptimierung auf Trab halten. SEO ist und bleibt ein Fulltime-Job, denn wir müssen Google auf den Fersen bleiben.