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2021 | OriginalPaper | Chapter

Tech-Demo/Tech-Doku. Zur Wirklichkeit des Animierens

Author : Julia Eckel

Published in: In Wirklichkeit Animation...

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Der Beitrag befasst sich mit verschiedenen Arten und Weisen, in denen Wirklichkeit und Animation miteinander verwoben sind. Ausgangspunkt bilden dabei drei Fragehorizonte: Was ist ‚in Wirklichkeit Animation‘ (definitorisch)? Wie ist ‚Animation in Wirklichkeit‘ eingebettet (produktions-, distributions- und rezeptionstechnisch)? Und wie ist zugleich ‚Wirklichkeit in Animation‘ gegeben (thematisch und ästhetisch)? Illustriert werden diese Fragehorizonte mit Blick auf zwei spezifische Phänomenbereiche, einerseits so genannte Tech-Demos (Demonstrationsvideos, die z. B. neue Animationstechniken präsentieren) und andererseits Tech-Dokus (z. B. technikaffine Making-ofs zu Animationsfilmen, die deren Machart offenlegen).

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Appendix
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Footnotes
1
Zugrunde gelegt werden soll hier ein Wirklichkeitsbegriff, der auf Michel Foucaults poststrukturalistische Ansätze zurückgeführt werden kann und bei dem ‚Wirklichkeit‘ als zeitlich variables und vielfältiges Feld diskursiv und dispositiv konstituierter Episteme konzipiert wird. Das heißt, was als – subjektiv wie objektivierbar – ‚wirklich‘ erscheint ist in der Regel abhängig von dem kulturell bedingten Wissen, das wir über die Welt erlangen können und das wiederum in der Regel abhängig ist von den miteinander verschalteten sprachlich-ideellen wie dinglich-materiellen Strukturen, die eine Gesellschaft oder Kultur (z. B. auch eine Wissenschaftskultur, eine Produktionskultur etc.) als konsensual wirklich annimmt (Foucault 1977). Bei Foucault stehen für diese Form des epistemischen Zusammenhangs konzeptionell zum einen die ‚Diskurse‘, die zu behandeln seien „als Praktiken […], die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen“ (ebd. 1981, S. 74) sowie zudem die ‚Dispositive‘, die nicht nur die sprachliche Konstitution von Wissen einschließen, sondern auch ihre Einbettung in nicht-sprachliche, dingliche, institutionelle, soziale und praktische Zusammenhänge (ders. 1978, S. 119–125.). Zur Problematik der Diskursivität von Wirklichkeit (speziell bei Foucault) siehe ausführlicher auch Jäger (1996) sowie zu Wirklichkeit und Diskurs generell die Beiträge in Keller et. al. (2018).
 
2
Diese diskursive wie dispositive Bedingtheit gilt natürlich grundsätzlich für alles, was ‚wirklich‘ ist; inwiefern aber Animation als Mechanismus und Praktik der Bewegtbilderzeugung genau diese Beschaffenheit von Wirklichkeit im Bild verhandelt – inwiefern also möglicherweise Animation einen auf die filmische Medialisierung von Wirklichkeitsvorstellungen expliziten Zugriff verspricht –, das soll im Folgenden weiter beleuchtet werden.
 
3
Siehe hierzu etwa auch die Debatten um Animation und Realismus, wie sie stellvertretend Mihailova (2019) zusammenfasst.
 
4
SIGGRAPH steht für ‚Special Interest Group on Graphics and Interactive Techniques‘ und ist der Name einer Arbeitsgruppe innerhalb der Association for Computing Machinery (ACM) sowie seit 1974 eines jährlichen, gleichnamigen Kongresses, der einer der größten zum Thema Computergrafik ist (Siggraph.org o. J.).
 
5
Zum Konzept der technischen Demonstration in einer weitergreifenden Perspektive siehe zudem Smith (2009) sowie Ernst/Schröter (2020, S. 51–61).
 
6
Dass es sich bei diesen Körpern im Video um scheinbar eindeutig gegenderte Körper handelt, ist dabei ein Aspekt, der einer eigenen Analyse wert wäre. So werden immer wieder weiblich und männlich konnotierte Körper einander gegenübergestellt, wobei bei den Frauenkörpern vor allem die Brust, bei den Männerkörpern vor allem der Bauch im Vordergrund zu stehen scheint (teilweise werden diese Parts sogar in Close-Ups und durch Einfärbungen extra hervorgehoben – als Orte des größten Geschehens quasi). Die weibliche Brust ebenso wie die männlichen wie weiblichen primären Geschlechtsteile sind dabei nicht zu sehen bzw. wurden sie bereits im Scanprozess durch Kleidung verdeckt aufgezeichnet. Das heißt, die ‚Weichteile‘, die für das Projekt von Interesse sind, sind bereits klar genderpolitisch gerahmt. Gleichzeitig zielt das Projekt darauf ab, sehr unterschiedliche Körperformen und Maße zu berücksichtigen, die mit dem BMI als Maßeinheit quantifiziert werden. Aus einer gender- und queertheoretischen Perspektive wäre es also sicherlich sehr interessant, sich mit den Vorstellungen von ‚Normativität‘ und ‚Diversität‘ auseinanderzusetzen, die dieses Video (re)produziert und die sich natürlich auch in die mathematische Modellbildung selbst einschreiben.
 
7
Der Begriff des „Filmischen“ wird in diesem Artikel sehr breit ausgelegt und schließt vielfältige Erscheinungsweisen des audiovisuellen Bewegtbildes ein – das heißt, er beschränkt sich nicht nur auf Kinofilme, sondern ist auch auf die audiovisuelle Beschaffenheit von Videos, Games, Fernsehen etc. übertragbar.
 
8
Dieses Argument eines gedoppelten Realismus – bezogen also sowohl auf natürliche wie mediale Formen von Realitätseindrücken – wird in Bezug auf den Bereich der Computergrafik vielfach unter dem Begriff des Fotorealismus diskutiert; siehe hierfür stellvertretend: Manovich (2001, S. 199 f.); Maulko (2012); Schirra und Scholz (2004) sowie Schröter (2004).
 
9
Siehe hierzu auch den Beitrag von Andrea Polywka in diesem Band.
 
10
Für eine ähnliche Argumentation siehe Christen (2011), der in seinem Text zu DVD-Bonus-Features ebenfalls die klassischere Form des Making-of von „technischen Dokumentation[en]“ (ebd., S. 98) abgrenzt, die er vor allem im Umfeld des (computergenerierten) VFX-Kinos angesiedelt sieht.
 
11
An dieser Stelle sei nur kurz auf Souriaus filmologische Terminologie Bezug genommen, die „sieben Existenzebenen des filmischen Universums“ (Souriau 1997, S. 145) unterscheidet und dabei interessanterweise ebenfalls den Begriff des „Wirklichen“ zentral setzt. So differenziert Souriau zunächst „afilmische“, „profilmische“, „filmographische“ sowie „filmophanische (und leinwandliche)“ Wirklichkeit(en) (also eine Wirklichkeit außerhalb des Films, eine für den Film arrangierte/ausgewählte Wirklichkeit, die Wirklichkeit des Filmstreifens und die Wirklichkeit dessen, was am Ende konkret auf der Leinwand erscheint; ebd., S. 146–151), um anschließend die Diegese (als „fiktionale Wirklichkeit“, ebd., S. 151) davon abzugrenzen. Zuletzt folgen die „spektatoriellen Tatsachen“ (ebd., S. 152) und die „kreatorielle Ebene“ (ebd., S. 154), mit denen Souriau die subjektiv-mentalen Rezeptions- und Produktionsvorgänge (in Zuschauer*innen und Filmemacher*innen) berücksichtigt. Auch Souriau geht also von einer über verschiedene Ebenen des Wirklichen verflochtene Beschaffenheit des Filmischen aus, die ebenso für den Animationsfilm gelten kann – auch wenn Souriau selbst in einer Fußnote (ebd., S. 150) auf die Besonderheiten verweist, die spezifische Formen des Animationsfilms (Zeichentrickfilm, kameralose Animation) für die Frage des profilmischen, filmographischen und filmophanischen bedeuten. Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser Frage siehe Hasebrink (2019).
 
12
Das Making-of verweist zudem auf die hohe Bedeutung, die der Ton in diesen Produktionsprozessen einnimmt. So dient die Aufzeichnung der Stimme von Schauspielerin Teri Hatcher nicht nur als purer Soundtrack; die Puppe selbst und ihre Bewegungen werden auch der körperlichen, nicht nur stimmlichen Performance der Schauspielerin nachempfunden. Dadurch soll die Figur in ihrer hybriden Beschaffenheit (‚echte‘ menschliche Stimme vs. künstlich hergestellter und bewegter Puppenkörper) kohärenter – und das heißt womöglich ‚irgendwie realistischer‘ – erscheinen, so wird es von Trey Thomas suggeriert.
 
13
Weitere Beispiele, die diese Ästhetik aufweisen, sind z. B. in den Behind-the-Scenes-Materialien des Produktionsstudios Laika zu finden, wie etwa die Making-of-Sequenz am Ende von The Boxtrolls (siehe The Boxtrolls Behind the Scenes – Time Lapse End Credits (2014) – Stop-Motion Animated Movie HD) oder auch das Making-of zu Paranorman (siehe das YouTube-Video LAIKA | ParaNorman | Hand-Making the World). Auch in Video-Berichten über das Studio kommen diese Zeitraffer-Sequenzen zum Einsatz – siehe etwa das YouTube-Video How Stop-Motion Movies Are Animated at the Studio Behind ‚Missing Link‘ | Movies Insider). Weitere Beispiele, produziert im Umfeld der Animationsfilme von Wes Anderson, wären Making Fantastic Mr. Fox oder auch Isle of Dogs | „Making of: Puppets“ Featurette (2018).
 
14
Die Analyse bezieht sich hier auf das Video Avatar Exclusive – Behind The Scenes (The Art of Performance Capture), ein Video, das scheinbar gezielt zu Marketing-Zwecken im Vorfeld des Film-Release erstellt wurde. Ein weiteres, längeres Making-of zum Film trägt den Titel Avatar – Creating the World of Pandora (2010) und ist z. B. als Bonusmaterial auf der Kauf-DVD des Films veröffentlicht. Zwischen beiden Materialien gibt es große Überschneidungen, aber auch Abweichungen. So ist etwa Camerons Claim „that this is not an animated film“ in der Langversion nicht enthalten.
 
15
Zu diesem ‚anti-animatorischen‘ Gestus, der in letzter Zeit vor allem von Disney forciert wird, siehe auch Holliday (2020).
 
16
„What we can see is their performance coming through the CGI character“, so beschreibt es Produzent John Landau.
 
17
Zur Verhältnisbestimmung der Begriffe ‚virtuell‘ und ‚real‘ siehe als Überblick Kasprowicz/Rieger (2020), die betonen, dass diese Grenzziehung (im Sinne eines Ausschließungsverhältnisses) nicht aufrecht zu erhalten ist.
 
18
Dass die Einblicke, die Making-ofs in Prozesse der Filmproduktion zu liefern vorgeben, dabei vielfach Zwecken des Marketings unterliegen und somit – im Sinne eines generellen dokumentarischen Zweifels – nicht unkritisch als direkte und daher ‚wahre‘ Aufzeichnung von ‚wirklichen‘ Vorgängen (hier: am Set) gelesen werden sollen, ist immer wieder Thema in Auseinandersetzungen mit dem Format des Making-of (exemplarisch Caldwell 2008, S. 283–306; Christen 2011; Evans 2010). Wie Joachim Paech (2004, S. 223) es zusammenfasst: „Der Blick hinter die Kulissen des Theaters und des Cinéma sollte niemals desillusionieren, sondern im Gegenteil durch Verblüffung und Faszination die Illusionswelten erweitern helfen, er dient nicht der Aufklärung, sondern der Verklärung von Produktionsabläufen; verwiesen wird nicht auf konkrete Arbeitsabläufe, vielmehr soll auf ein Ergebnis und ein Warenangebot neugierig gemacht werden, welche die Faszination seiner Herstellung zu übertreffen versprechen.“ Für die Hinweise zur weiterführenden Literatur danke ich Felix Hasebrink ganz herzlich.
 
Literature
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Metadata
Title
Tech-Demo/Tech-Doku. Zur Wirklichkeit des Animierens
Author
Julia Eckel
Copyright Year
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-33287-7_2