Weltweit kommen Firmen mit der Transformation nicht wie geplant voran. Deutsche Unternehmen gehen die Digitalisierung allerdings besonders zögerlich an. Doch wer den Wandel jetzt nicht wuppt, wird abgehängt.
Am Willen mangelt es nicht. Dennoch hinken die meisten Unternehmen bei der Umsetzung der digitalen Transformation ihren eigenen Zielen hinterher. Laut dem Business Transformation Index 2023 (BTI) von Expleo verfehlen Dreiviertel von 1.359 befragten Großkonzernen aus Deutschland, Frankreich, Irland, Indien, Großbritannien und den USA mindestens eins ihrer Transformationsziele. Am häufigsten werden der Zeitplan (42 Prozent) und das Budget (40 Prozent) nicht eingehalten.
Schwieriges Agieren im volatilen Umfeld
"Die Kombination aus wirtschaftlichem, regulatorischem und gesellschaftlichem Druck der letzten drei Jahre hat sich zu einer immer größer werdenden Herausforderung für Unternehmen und ihre Transformationsprogramme entwickelt", erklärt Rajesh Krishnamurthy, CEO von Expleo.
Indessen belegen die Investitionen in Transformationsprogramme, dass die Bereitschaft zur Umgestaltung weiterhin hoch ist: Im internationalen Schnitt wenden die befragten Konzerne dafür elf Prozent ihres Jahresumsatzes auf. Ralph Gillessen, Executive Board Member bei Expleo zeigt sich aber besorgt, weil "Deutschland die digitale Transformation zwar engagiert angeht, jedoch im Vergleich zum Ausland in fast allen Bereichen mit angezogener Handbremse fährt."
Während beispielsweise 50 Prozent der weltweit befragten Unternehmen ihre Innovationen vorantreiben wollen, sind es in Deutschland nur 40 Prozent. Auch beim Thema Kundenorientierung belegt Deutschland den letzten Platz.
Viele Herausforderungen bremsen die Transformation
Ausgehend von den Befragungsergebnissen identifiziert der BTI vier wesentliche Herausforderungen für die Business Transformation:
- Qualifikationsdefizite und Fachkräftemangel: 77 Prozent der Befragten nennen mangelnde Fähigkeiten und Erfahrungen in digitalen Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz/Maschinenlernen, Augmented Reality/Virtual Reality und Datenwissenschaft als großes Problem. 70 Prozent geben zudem an, wegen unerschwinglicher Gehälter könnten sie Technologiefachkräfte nicht halten.
- Makroökonomische Instabilität und Unsicherheit: Aufgrund des volatilen Umfelds durch geopolitische Konflikte, Langzeiteffekte von Covid-19 und steigende Zinssätze schrauben 67 Prozent der Befragten ihre Pläne zurück. Häufigste Gründe sind dabei die Kosteninflation (48 Prozent) sowie die wirtschaftliche Unsicherheit (41 Prozent).
- Höhere Customer-Experience-Erwartungen: Dieser Bereich hat eine sehr hohe Priorität für die Unternehmen. 51 Prozent der Befragten geben dies als einen der wichtigsten Treiber für ihre Umgestaltungsbemühungen an. Nichtsdestotrotz verfehlen 44 Prozent ihre Ziele in diesem Bereich und nur 23 Prozent glauben, dass sie ein marktführendes Kundenerlebnis bieten.
- Die Notwendigkeit, nachhaltiger zu wirtschaften: Nachhaltigkeit ist für Unternehmen heute ein Muss. Jeder zweite befragte Konzern hat schon einmal die Zusammenarbeit mit einem Lieferanten beendet, weil es mit dessen Umweltleistung unzufrieden war. Aber 42 Prozent geben auch zu, dass sie selbst bereits Kunden oder Einnahmen aufgrund ihrer Nachhaltigkeitsleistung verloren haben.
Personal und Qualifikation sind wichtige Stellschrauben
Die Studie liefert auch Erkenntnisse, auf welche Maßnahmen die Konzerne setzen, um ihre Transformationsziele umzusetzen. Oberste Priorität haben demnach Investitionen in die Ausbildung der Mitarbeitenden. Ferner sollen die Talentpools erweitert und diversifiziert werden. Kurzfristig setzen die Firmen zudem weiterhin auf externe Experten. Darüber hinaus nennen die Befragten als Maßnahme zum Ausgleich des Fachkräftemangels den Einsatz von (Hyper-)Automatisierung und KI.
Des weiteren konzentrieren sich deutlich mehr Unternehmen auf die generelle Verbesserung ihrer Business Agility, so die Studie. Für die deutschen Betriebe muss ein kritischer Check ihrer digitalen Anpassungsfähigkeit umso mehr gelten.
Transformationsarchitektur schaffen
John Gøtze und Alex Romanov zufolge ist es dafür essentiell, mögliche digitale Chancen im gesamten Unternehmens-Ökosystem präventiv zu identifizieren und zu definieren. Zudem müsse eine Geschäftsarchitektur erstellt und gepflegt werden, die leicht umgestaltet und neu konfiguriert werden kann und die es ermöglicht, die erforderlichen Änderungen schnell einzuführen, so dass die Transformationsarchitektur bei Bedarf verfügbar ist. (Seite 62)
In dem Buchkapitel "Beschleunigte digitale Transformation" stellen die Springer-Autoren hierzu verschiedene methodische Ansätze vor. Eine wesentliche Grundlage ist dabei die Analyse des Geschäftsmodells und der Unternehmensprozesse sowie die Identifikation von bereits existierenden und potenziellen neuen Schnittstellen. Die Schnittstellen sind entscheidend für die Umstellung auf digitale Prozesse und Leistungen.
Ansätze für die Beschleunigung der digitalen Transformation | |
Methoden zur Identifikation potenzieller interner digitaler Schnittstellen (Seite 66ff): |
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Methoden zur Strukturierung der Geschäftsarchitektur mit dem Ziel, schnell Änderungen vornehmen zu können (Seite 73ff). |
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Organisation der Geschäftsarchitekturarbeit zur Förderung der Agilität (Seite 77ff) |
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Neue Finanzierungsinstrumente nutzen
Wie die Ergebnisse des BTI belegen, stellt auch die Finanzierung der digitalen Transformation selbst für die befragten Großkonzerne eine erhebliche Herausforderung dar. Für kleine und mittlere Unternehmen trifft dies in der Regel noch viel stärker zu.
Insbesondere für KMU haben Dirk Stein et al. daher in dem Praxisleitfaden "Finanzierung der Digitalen Transformation" zahlreiche neue Finanzierungsinstrumente zusammengestellt. So empfehlen die Springer-Autoren folgende Maßnahmen zur Erhöhung der finanziellen Stabilität und für einen positiven Cash-Effekt im Zuge der digitalen Transformation (Seite 55):