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So gelingt dem Einzelhandel der Turnaround

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In der Handelsbranche findet aktuell eine Marktbereinigung statt. Während einige Handelsunternehmen an den Krisen zerbrechen, gehen andere gestärkt daraus hervor. Wie die strategische Neuausrichtung im Einzelhandel gelingt.

Bei manchen Einzelhändlern gehen die Lichter aus, bei anderen floriert das Geschäft wie im Shopping Center Limbecker Platz in Essen.


In den zurückliegenden Monaten und Wochen meldeten gleich mehrere renommierte Marken- und Handelsunternehmen, dass sie sich in großen wirtschaftlichen Krisen befinden. Die Modemarke Esprit teilte mit, alle ihrer Filialen in Deutschland zu schließen und die Markenrechte zu veräußern, was gleichbedeutend mit der Aufgabe der Geschäftsaktivitäten zu verstehen ist. Als einen wesentlichen Treiber für den Niedergang von Esprit kann angesehen werden, dass es dem Management über Jahre nicht gelungen ist, den Konsumenten klar zu kommunizieren, wofür die Marke steht.

Der Deko- und Möbelhändler Depot ist ein weiteres Handelsunternehmen das aktuell in der Krise ist. Die Ursachen für die Krise bei Depot sind vielschichtig. Eine zu starke Expansion, Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Herausforderungen der Corona-Krise, gesteigerte Frachtkosten, einer zu langsamen Anpassung der Kostenstruktur und zahlreiche Wechsel der Eigentümer und im Management-Team endeten jetzt in der Anmeldung der Insolvenz. 

Esprit und Depot sind dabei nur zwei prominente Fälle von Handelsunternehmen in Deutschland, deren Probleme stellvertretend für eine Vielzahl deutscher Firmen stehen, die aktuell mit der Zukunftsfähigkeit ihrer Handelskonzepte ringen. Sie sind auf der Suche nach einem profitablen Geschäftsmodell und einer effektiven Handelsstrategie. 

Beispiele für gelungenen Turnaround im Handel

Dabei gibt es Beispiele für unerwartete Turnarounds und erfolgreiche Neuausrichtungen von Handelsunternehmen, so etwa Woolworth. Nach Jahren des Niedergangs und wechselnder Eigentümer markierte die Anmeldung der Insolvenz im April 2009 den vermeintlichen Tiefpunkt des Handelsunternehmens, welches damals mehr als 300 Filialen in Deutschland verfügte. Eine weit verbreitete Einschätzung damals war, dass Woolworth keine großen Überlebens- oder sogar Erfolgsaussichten mehr hat. Zu unklar waren Ausrichtung und Fortführungsperspektive damals.

Aus der Krise  und Insolvenz hat sich Woolworth jedoch überaus erfolgreich herausentwickelt. Im Jahr 2023 eröffnete das Unternehmen in Hamburg die 600. Filiale. Die Widerauferstehung von Woolworth ist ein gutes Beispiel für erfolgreiche strategische Planung und deren konsequenter Umsetzung. Das Woolworth-Management entwickelte aus einem unscharfen (Gemischt-) Warenhauskonzept, in dem es in den Augen vieler Kunden Alles und Nichts gab, ein trennscharfes Handelskonzept, dass überzeugt mit perfektem Timing und herausragender Anpassung an die Anforderungen des Markts.

So entspricht in Zeiten hoher Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit das Niedrigpreissegment von Woolworth mit rund 6.000 Artikeln unter drei Euro perfekt den Bedürfnissen der Verbraucher. Unterstützt von effizienten und kostensparenden Prozessen, ist es eben diese klar am Kundenbedarf orientierte und passgenaue Marktpositionierung, die aus Woolworth wieder ein wachstumsorientiertes Einzelhandelsunternehmen gemacht hat. 

Zielgerichtete Neupositionierung schafft Vertrauen

Der entscheidende erste Schritt im erfolgreichen Turnaround von Woolworth war eine umfassende Marktanalyse, die die veränderten Bedürfnisse und Erwartungen der Konsumenten in den Mittelpunkt stellte. In Zeiten hoher Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit, als die Verbraucher ihr frei verfügbares Einkommen stark einschränkten, erkannte das Unternehmen, dass der Fokus auf einem zugeschnittenen Angebot an preisgünstigen Alltagsprodukten von zentraler Bedeutung sein würde.

Für Handelsunternehmen in Krisenzeiten bedeutet dies, dass eine gründliche Marktanalyse unerlässlich ist, um die aktuellen Bedürfnisse der Zielgruppe zu verstehen und darauf abgestimmte Angebote zu entwickeln. Man muss sich also schonungslos mit dem Kunden mitentwickeln oder sich direkt eine komplett neue Zielgruppe suchen. Es reicht oftmals nicht, nur an einzelnen Stellschrauben zu drehen und sich ein "Race to the bottom" mit beispielsweise günstigerer Konkurrenz aus Fernost zu liefern.

Vielmehr muss aus der tiefgehenden Marktanalyse auch die Entwicklung eines neuen und abgrenzenden Alleinstellungsmerkmals (USP) folgen. Andere Unternehmen scheitern häufig, weil sie versuchen, es allen recht zu machen, was zu einem diffusen Markenbild führt und das allgemeine Vertrauen der Kunden schwächt. Frei nach dem Motto: Eine Marke für alle ist eine Marke für keinen. Die eingeleiteten Maßnahmen müssen vielmehr dazu führen, dass sich die Marke klar und eindeutig in den Köpfen der Verbraucher verankert.

Halbherzige Strategien führen zu unklarer Positionierung

Das Management von Handelsunternehmen in der Krise ist also aufgefordert, konsequent vom Markt her zu denken und zum Markt auch mitunter bedingungslos zu handeln.  Das beinhaltet insbesondere das bewusste Verlassen von angestammten Marktpositionierungen. Gerade diese Neupositionierung erfordert es vom Management, alle Mitarbeiter und Unternehmensteile aktiv einzubeziehen und im besten Fall so aus Betroffenen Beteiligte zu machen. 

Viele Handelsunternehmen zögern oftmals aufgrund spezifischer Umstände auf Führungsebene, notwendige Änderungen vollständig umzusetzen, sei es aus Angst vor kurzfristigen Verlusten oder aus Gewohnheit. Eine ähnliche Konstellation ließ sich besonders bei dem eingangs erwähnten Einrichtungshändler Depot beobachten, der unter anderem mit Konkurrenten wie Action und Butlers starke Konkurrenten bekam, die nun allgemein als günstigere Alternative wahrgenommen werden. Der abgegrenzte Mehrwert für den Depot-Kunden, ließ sich dabei nicht mehr zu den deutlich höheren Preisen ins Verhältnis setzen.

Das Ergebnis ist ein unklarer Marktauftritt und eine verstärkte Krise. Auch Esprit fand sich schlussendlich aufgerieben zwischen billiger Fast-Fashion und Luxusmode als Mittelklassenmarke ohne eigene Daseinsberechtigung. Ein Blick in die deutsche Handelslandschaft zeigt, dass zu oft Neuausrichtungen von Handelsunternehmen von innen heraus nicht konsequent und tiefgreifend genug vorangetrieben werden. Das Ergebnis ist ein in der Wahrnehmung der Kunden unklares Bild des Handelsunternehmens. Eine halbherzige Umsetzung der Neupositionierung kann also somit die Krise sogar noch vergrößern. 

Für Unternehmen ist es dabei von entscheidender Bedeutung, auf der Entscheidungsebene das richtige Personal zu finden - Führungskräfte, die den Mut besitzen, nach einer schonungslosen Marktanalyse transformative Entscheidungen zu treffen und dabei stets das Gesamtbild im Blick behalten, um sich so von lähmenden Strukturen sowie ausgedienten Alleinstellungsmerkmalen eines Handelsunternehmens zu lösen, die den Kunden nicht mehr ansprechen. 

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    Shopping Center Limbecker Platz in Essen/© © brckylmn / Getty Images / iStock, Schmalkalden/© Schmalkalden, NTT Data/© NTT Data, Verlagsgruppe Beltz/© Verlagsgruppe Beltz, EGYM Wellpass GmbH/© EGYM Wellpass GmbH, rku.it GmbH/© rku.it GmbH, zfm/© zfm, ibo Software GmbH/© ibo Software GmbH, Lorenz GmbH/© Lorenz GmbH, Axians Infoma GmbH/© Axians Infoma GmbH, OEDIV KG/© OEDIV KG, Rundstedt & Partner GmbH/© Rundstedt & Partner GmbH