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22-03-2023 | Transformation | Kolumne | Article

Wie Transformationen ganz sicher scheitern

Author: Peter Kuhle

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Die Mitarbeiter blockieren, die Chefs zaudern und oft fehlt einfach das Management-Know-how. Gründe, warum Transformationen in Unternehmen misslingen, gibt es viele. Executive Interim Manager Peter Kuhle kennt sie alle aus leidvoller Erfahrung und nimmt sie in seiner Kolumne gründlich auf's Korn.
  

70 Prozent aller Transformationen scheitern. Diese Zahl kursiert schon seit Jahren im Netz. Woher sie kommt, ist nicht mehr nachzuvollziehen – vermutlich von einem der großen Beratungshäuser dieser Welt. Fakt ist: Der Strukturwandel zwingt viele Unternehmen dazu, sich zu transformieren. Und in jedem Unternehmen arbeiten unterschiedliche Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Organisationskulturen und Herangehensweisen am Veränderungsprozess. Eine interessante Beobachtung dabei: Unabhängig von Branche und Hierarchieebene gibt es in vielen Unternehmen Verantwortliche mit bestimmten Denkansichten, die den Transformationsprozess blockieren, ausbremsen oder gar verhindern. 

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Faszinierend daran ist: Diejenigen, die sich mit ihren hinderlichen Glaubenssätzen querstellen, merken es oftmals gar nicht. Es ist, als würden sie sich für einen Marathon vorbereiten, während sie Chips essend auf dem Sofa liegen. Kann man machen, wird aber höchstwahrscheinlich nichts. Im Folgenden geht es nicht um die Frage, wie Unternehmen eine Transformation erfolgreich umsetzen – sondern um die Frage, wie sie so ein Veränderungsvorhaben mit Sicherheit in den Sand setzen. Und weil es zahlreiche Wege zum Scheitern gibt, hier nur eine kleine Auswahl. Diese aber hat es in sich:

1. Kurz vor Transformationsanpfiff aufgeben

Haben Sie schonmal eine Fußballmannschaft gesehen, die kurz vor Anpfiff aufgibt? Bei der Planung von Transformationen zeigen die Verantwortlichen in der Regel noch eine hohe Bereitschaft zur Veränderung. Sie haben einen starken Siegeswillen und kennen den Sense of Urgency nach John P. Kotter. Das Bewusstsein ist also da – eigentlich die ideale Voraussetzung, um einen Transformationsprozess in Gang zu setzen. Gemeinsam mit den Beteiligten entwickeln sie Konzepte und einen Zeitplan für die Implementierung. Bis zu diesem Zeitpunkt arbeiten alle Beteiligten mit großem Engagement an der Sache. Wie eine Fußballmannschaft, die sich für das Spiel warmmacht. 

Wenn dann jedoch die Umsetzung beginnt und der Anpfiff ertönt, ziehen sich so manche Führungskräfte plötzlich zurück. Sie äußern Bedenken, dass die Veränderungen die gesamte Unternehmenskultur beeinflussen – und fragen sich, ob das Tempo nicht zu schnell sei. Veränderungsbereit sind am Anfang immer viele, veränderungsfähig nur wenige. Vor allem, wenn sie kurz vor der Umsetzung feststellen: Das wird kein Spaziergang. Plötzlich wollen viele sich nur noch ein bisschen transformieren. Doch ein bisschen ist zu wenig. Der Weg muss schon bis zum Ziel gegangen werden – und eine Transformation ist nie geräuschlos.

2. Die Change-Kurve dehnen, wie ein Kaugummi

Ein weiteres Rezept zum Scheitern lautet: Angst vor Widerstand. Wer sich schonmal mit Veränderung auseinandergesetzt hat, kennt die Change-Kurve, die alle Beteiligten im Wandel durchschreiten müssen. Die Phasen dabei lauten: Schock, Widerstand, Einsicht, Akzeptanz, Ausprobieren, Annehmen, Integrieren. Was aber passiert, wenn die Verantwortlichen Angst vor dem Widerstand der Mitarbeitenden haben? Sie versuchen, die Change-Kurve so stark zu dehnen, bis sie keine mehr ist. 

Die Folge: Der Weg des Wandels zieht sich in die Länge und verfehlt seine Wirkung. Die Akzeptanz in der Belegschaft sinkt, weil die Notwendigkeit der Veränderung nicht mehr klar zu erkennen ist. Neue Verhaltensmuster werden gar nicht erst angenommen. Bums! Change gescheitert. Der Ansatz "flatten the curve" funktioniert bei einer globalen Virus-Epidemie – bei einer Change-Kurve ist er Eigensabotage. Eine Change-Kurve ist kein Kaugummi, den wir dehnen und ziehen können, wie es uns beliebt. Je flacher die Change-Kurve, desto geringer die Veränderung.

3. Die falschen Leute für die richtigen Veränderungen

Ein Bewusstsein zur Notwendigkeit der Veränderung zu entwickeln, ist der erste Schritt, den Verantwortliche im Transformationsprozess gehen müssen. Das Problem: Oftmals beauftragen sie dann interne Führungskräfte mit der Umsetzung, die in ihrem Leben noch kein Change-Projekt, geschweige denn eine komplexe Transformation, begleitet und umgesetzt haben. Diese Führungskräfte sind sicherlich absolute Experten in ihrem Bereich und ihrer Branche. Umsetzungsprofis für tiefgreifende Unternehmensveränderungen sind sie zu 99,9 Prozent der Fälle aber nicht. Das ist in etwa so, als würden wir mit Rückenschmerzen zum Zahnarzt gehen. 

Wer sich keine externen Transformationsexperten von außen holt, läuft Gefahr, in zahlreiche Stolperfallen zu tappen – und über Hürden zu stolpern, die der Profi von außen schon von weitem genommen hätte. Bei der Umsetzung einer komplexen Business-Transformation geht es nicht so sehr um das Branchenwissen mit all ihren Eigenheiten. Es geht vor allem um das Erfahrungswissen mit Transformationsprojekten und um die Kompetenz, den Wandel zu steuern und zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. 

4. Gefangen in der Branchenblase

Womit wir bei Punkt vier wären: Der eigenen Branchenblase. Jede Branche hat ihre Besonderheiten und Herausforderungen. Wer sich allerdings nur an Branchenregeln festhält, wird mit seinem Transformationsvorhaben scheitern. Denn: Transformation ist immer auch Innovation. Wenn Verantwortliche behaupten, bestimmte Ansätze seien untypisch für ihre Branche, werfen sie das Handtuch. Dann verweigern sie sich der Realität, nämlich, dass sich die Welt da draußen rasant verändert und neue Herangehensweisen notwendig sind. 

Die Telekommunikationsbranche, die Medienbranche und der Stahlhandel haben es vorgemacht. Ein Blick auf die Transformationen der Deutschen Telekom, von Axel Springer und von Klöckner & Co. lässt einige Parallelen erkennen: Die Marktbedingungen und das Kundenverhalten haben sich in den letzten Jahren verändert. Digitalisierung sorgt in nahezu jeder Branche für Veränderungsdruck. Um diese Baustellen zu beheben, mussten die Unternehmen aus ihrer Branchenblase ausbrechen und neue Perspektive zulassen. Sie haben ihre Unternehmenskultur verändert, ihre Organisationsstrukturen angepasst und Geschäftsmodelle erneuert. 

Fazit: Change richtig machen

Natürlich ist es alles andere als ratsam, dieser Anleitung zu folgen – es sei denn, Sie wollen wirklich scheitern. Ich kann Verantwortlichen nur nahelegen: Reflektieren Sie diese vier Punkte, um ein Fehlschalgen Ihrer Transformation zu verhindern.

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