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2017 | Book

Transparenz als Ideal und Organisationsproblem

Eine Studie am Beispiel der Piratenpartei Deutschland

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About this book

Leopold Ringel entwickelt die These, dass Organisationen beständig versuchen, ihr Inneres vor äußerer Einsicht zu verstecken, um eine idealisierte Selbstdarstellung aufrechtzuerhalten - auch dann, wenn sie sich dazu bekennen, mehr Transparenz herzustellen. Daraus folgt eine Spannung zwischen den institutionalisierten Idealvorstellungen von Transparenz und der organisationalen Praxis, die in einer qualitativen Fallstudie zur Landtagsfraktion der Piratenpartei NRW untersucht wird. Trotz der starken Verankerung der Piratenpartei im Transparenzdiskurs ist die Fraktion nach ihrer Wahl in den Landtag Stück für Stück und entgegen ihren eigenen Vorstellungen dazu übergegangen, eine intransparente organisationale Hinterbühne herauszubilden.

Table of Contents

Frontmatter
Chapter 1. Einleitung
Zusammenfassung
Der futuristische Roman von Dave Eggers (2013) beginnt mit dem ersten Arbeitstag der Hauptfigur Mae beim scheinbar großartigsten und aufregendsten Unternehmen aller Zeiten: „The Circle“. Das Besondere an dieser jungen, dynamischen und höchst erfolgreichen Organisation ist ihr bedingungsloses Bekenntnis zu einem freien Fluss von Informationen, sowohl im Inneren als auch im Kontakt mit der Umwelt. Jeder Mitarbeiter muss sich über soziale Medien mitteilen und ist umfassend über Aktivitäten von Kollegen informiert.
Leopold Ringel

Erster Teil

Frontmatter
Chapter 2. Transparenz: Genealogie und Institutionalisierung
Zusammenfassung
Woher kommt die Popularität von Transparenz? Seit wann spricht man von mehr Transparenz, die, in welchem Kontext auch immer, unbedingt notwendig ist und von der die moderne Gesellschaft nicht genug zu bekommen scheint? Um diese Frage zu klären, widmet sich das vorliegende Kapitel der historischen Genese des Transparenzdiskurses.
Leopold Ringel
Chapter 3. Auswirkungen von Transparenzmaßnahmen
Zusammenfassung
Wie in Kapitel 2 beschrieben, entstand die Forderung nach mehr Transparenz (damals noch unter dem Begriff der Publizität) zu Zeiten der Aufklärung und im Kontext philosophischer Debatten. In weiterer Folge diffundierte sie als scheinbar universaler Lösungsmechanismus für organisationale Probleme in immer mehr gesellschaftliche Teilbereiche und schlug sich in der Form spezifischer formaler Organisationsstrukturen nieder. Welche Wirkungen verspricht man sich von der Implementierung von Transparenzmaßnahmen? Erstens soll mehr Transparenz zur Eindämmung von Korruption und schädlichem Verhalten führen (Abschnitt 3.1.).
Leopold Ringel
Chapter 4. Mangelhafte Organisationen
Zusammenfassung
Kapitel 2 und 3 verdeutlichen, das zwischen Transparenz als institutionalisiertem Ideal und ihren Auswirkungen auf Organisationen zu unterscheiden ist. Einerseits hat sich im Verlauf der vergangenen 200 Jahre eine Vorstellung von Transparenz herausgebildet, die in immer mehr Bereichen der modernen Gesellschaft als Mittel zur Bekämpfung verschiedener organisationaler Probleme zur Anwendung kommt. Andererseits deuten empirische Studien darauf hin, dass die erhofften Wirkungen, die man durch die Implementierung von Transparenzmaßnahmen eigentlich erreichen will, oftmals verfehlt werden.
Leopold Ringel
Chapter 5. Synthese: Ein Forschungsrahmen
Zusammenfassung
Kapitel 2 hat gezeigt, dass Transparenz sich im Zuge historischer Prozesse in eine weitestgehend unhinterfragte, positiv konnotierte und normativ eingeforderte institutionalisierte Erwartung entwickelt hat. Heutzutage stehen mehr und mehr Organisationen in verschiedenen gesellschaftlichen Feldern vor der Herausforderung, kommunikativ auf sie Bezug zu nehmen, d. h. sich offiziell zu ihr zu bekennen und die vorgegeben Maßnahmen umzusetzen.
Leopold Ringel

Zweiter Teil

Frontmatter
Chapter 6. Politische Parteien und Fraktionen
Zusammenfassung
Das vorliegende Kapitel beschreibt jene Eigenschaften von Parteien, die hinsichtlich des Themas Transparenz und des in Kapitel 5 skizzierten theoretischen Rahmens von Bedeutung sind. Insofern ist der Zugriff auf die Parteienforschung hochselektiv und primär daran interessiert, Aspekte hervorzuheben, die Parteien zu einem besonderen Organisationstyp machen und auf Divergenzen zwischen internen Prozessen und der organisationalen Außendarstellung hinweisen. Aus diesem Grund beginnt das Kapitel mit den Umweltkontakten von und Erwartungen an Parteien (Abschnitt 6.1).
Leopold Ringel
Chapter 7. Die Piratenpartei Deutschland
Zusammenfassung
Dieses Kapitel wendet sich dem empirischen Fall der Piratenpartei Deutschland zu, anhand dessen der im ersten Teil des Buches skizzierte theoretische Rahmen zur Anwendung kommt, und beschreibt sowohl die organisationsstrukturellen Besonderheiten als auch die Geschichte dieser jungen, im Jahr 2006 gegründeten Partei.
Leopold Ringel
Chapter 8. Methodisches Vorgehen und Forschungsprozess
Zusammenfassung
Das Kapitel beschreibt die methodologischen Prämissen der in Kapitel 9 bis 12 dargestellten Fallstudie und die verwendeten Erhebungs- und Auswertungsmethoden. In Kapitel 5 wurde hinsichtlich der Erforschung der organisationsinternen Verarbeitung von Transparenzforderungen darauf hingewiesen, dass qualitative Verfahren für die Durchführung eines solches Vorhabens besonders geeignet sind.
Leopold Ringel
Chapter 9. Vor der Wahl: „Alles muss transparent sein“
Zusammenfassung
Dieses und die folgenden drei Kapitel beschreiben die Ergebnisse der Fallstudie zur Landtagsfraktion der Piratenpartei Nordrhein-Westfalen. Es wird gezeigt, wie die Piraten unter der Bedingung selbst gestellter Transparenzerwartungen versuchten, eine Fraktion aufzubauen und als kollektiver Akteur im Landtag von Nordrhein-Westfalen in Erscheinung zu treten.
Leopold Ringel
Chapter 10. Es kommt anders als gedacht: „How to Landtag“
Zusammenfassung
Die Piratenpartei erzielte bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen ein Ergebnis von 7,8 % und hatte damit Anspruch auf 20 Sitze im Landtag. In den darauffolgenden Wochen machten die neu gewählten Abgeordneten (die bis dahin nur nebenberuflich Politik betrieben hatten) ihre ersten Schritte in diesem neuen Kontext. Sie begannen damit, die für die Piratenpartei typische Transparenzmaßnahmen und partizipativen Entscheidungsprozesse umzusetzen.
Leopold Ringel
Chapter 11. Emergenz einer organisationalen Vorder- und Hinterbühne
Zusammenfassung
Als Reaktion auf die Irritation des Deutungsmusters der „piratigen Denke“ in der parlamentarischen Praxis entwickelten die Abgeordneten der Piratenfraktion im Laufe der ersten Monate nach ihrem Einzug in den Landtag mannigfaltige Interpretationen und Formen des praktischen Umgangs mit ihrer neuen Situation. Diese lassen sich auf verschiedenen Ebenen (sowohl auf individueller als auch auf kollektiver) und in unterschiedlichen Kontexten beobachten. Daraus resultierte in Ansätzen die Emergenz einer Trennung von organisationaler Vorder- und Hinterbühne – entgegen der in der Piratenpartei verankerten Idee von weitreichender Prozess- und Echtzeittransparenz.
Leopold Ringel
Chapter 12. Fraktion ‚Under Construction‘
Zusammenfassung
Die Landtagsfraktion der Piratenpartei Nordrhein-Westfalen hat sich nach den ersten Monaten im Landtag in gewissem Ausmaß in eine ‚normale‘ Fraktion verwandelt, die heterogene Umwelterwartungen dadurch ausbalanciert, dass sie vielerlei Informationen über ihre inneren Abläufe nur selektiv transparent macht. Jedoch weisen die Interviews trotzdem auf eine fundamentale Unsicherheit hin: Die Entwicklung in Richtung einer immer stärkeren Anpassung an andere Fraktionen kann jederzeit durch einzelne Abgeordnete sabotiert werden.
Leopold Ringel
Chapter 13. Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung
Die vorliegende Studie beschäftigt sich sowohl konzeptionell als auch empirisch mit dem Thema Transparenz, wobei sie eine möglichst enge Verbindung und gegenseitige Befruchtung von Theorie und Empirie verfolgt. Es wird mit anderen Worten davon ausgegangen, dass weder das theoretische Arbeiten als Selbstzweck noch ‚theoriefreie‘ empirische Forschung einen angemessenen Zugang zu dem untersuchten Phänomen ermöglichen – vielmehr braucht es, zugespitzt formuliert, einen empirisch gesättigte (und an empirischen Problemen ansetzende) theoretische Perspektive und eine theoretisch informierte Forschungshaltung, um die soziologische Erkenntnis zu einem empirischen Gegenstand voranzubringen.
Leopold Ringel
Backmatter
Metadata
Title
Transparenz als Ideal und Organisationsproblem
Author
Leopold Ringel
Copyright Year
2017
Electronic ISBN
978-3-658-18328-8
Print ISBN
978-3-658-18327-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-18328-8