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2019 | Book

Trauma in der Arbeitswelt

Editor: Stephanie Hartung

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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About this book

Dieses Buch klärt Sie über Traumata in der Arbeitswelt auf

Dieser Band beschäftigt sich mit den vielschichtigen und vieldimensionalen Wirkungen, die Trauma in der Arbeitswelt haben kann und hat und greift damit erstmals ein Thema auf, das so in der Öffentlichkeit noch nicht diskutiert worden ist.
Dabei betrachten die Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis das Thema aus mehreren Perspektiven. Die übergeordnete Perspektive nimmt geschichtliche Entwicklungen sowie politische und gesellschaftliche Dimensionen in den Blick. Die organisationstheoretische Perspektive untersucht das Vorliegen und die Verbindung von persönlichem, personalem und organisationalem Trauma. Der praxisorientierte Blick widmet sich dem Arbeitsalltag und zeigt die möglichen Folgen von:
Veränderungsprozessen
Joint Ventures
Übernahmen
Insolvenzen
Technologischen Umwälzungen

Lösungsansätze werden beschrieben

Dabei werden proaktive und reaktive Lösungsansätze beschrieben und der Leser wird ermuntert, sich mit der Tragweite des Themas und den vorhandenen Möglichkeiten zur Vorbeugung auseinanderzusetzen. Das Buch bietet damit einen umfassenden und kritischen Blick und möchte die Fachwelt zugleich zu weiteren und vertieften Untersuchungen anregen. Dieser Band richtet sich an verschieden Adressaten:
Entscheider
Personalverantwortliche
Mitarbeiter
Unternehmer

Die Themengebiete im Überblick

Dieses Buch über das Trauma in der Arbeitswelt beschäftigt sich unter anderem mit den folgenden Thematiken:
Trauma und Arbeit
Trauma und Kriegssprache in der Wirtschaft
Individuelles und kollektives Trauma, und warum Verwaltungen die bessere Organisationsform sindDrei Formen von Organisationstrauma
Trauma Management am Arbeitsplatz
Organisationale Veränderungsprozesse und seelische Gesundheit.
Vom Traum zum Trauma – Ehrgeiz und Verstrickung in einem Familienunternehmen
Die „Kleine vom August“ – Aus der Innensicht einer engagierten Arbeitnehmerin
Beruf als Trauma-Überlebensstrategie

Table of Contents

Frontmatter
Trauma und Arbeit
Zusammenfassung
Trauma gibt es, seitdem Menschen Kriege führen. Kriegstraumata wirken unmittelbar, mittelbar und transgenerational – genetisch wie sozial – und sie führen zu weitreichenden Folgestörungen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anlässe für Trauma, seien es einzelne Momente wie Unfall, Mord, Tod, Vergewaltigung etc., oder seien es anhaltende Zustände wie z. B. Verwahrlosung, Desinteresse, Lieblosigkeit, Grausamkeit, Gewalttätigkeit o.ä. Als offene Systeme können nicht nur einzelne Menschen traumatisiert werden. Trauma wirkt auch auf Gruppen von Menschen sowie auf von Menschen gebildete soziale Strukturen, wie z. B. Organisationen, denn auch sie sind offene Systeme. Das Ergebnis von Trauma sind Zustände der Gespaltenheit, der Übererregtheit und der Lähmung. In diesen Zuständen gestalten traumatisierte Menschen unbewusst ihre privaten und beruflichen Beziehungen und Umfelder. Die Folge sind gespaltene und spaltende, übererregte und übererregende sowie gelähmte und lähmende Strukturen und Beziehungen, die wiederum zu Retraumatisierungen führen können. Trauma birgt einen positiven Rückkopplungseffekt, d. h. es wirkt sich verstärkend auf sich selbst aus. Über individuelles Trauma und die Folgen ist bereits viel geschrieben worden. Zu System-, bzw. Organisationstrauma, ebenso wie zur Bedeutung von Trauma in der Arbeitswelt und die mögliche gegenseitige Beeinflussung gibt es hingegen im deutschsprachigen Raum so gut wie keine Literatur. Diese Verbindung stelle ich in meinem Text dar. Im ersten Teil skizziere ich die Entwicklungsgeschichte und wesentliche Erkenntnisse der Traumaforschung. Vor diesem Hintergrund begründe ich, warum ich für eine weit gefasste Definition von Trauma plädiere, die den genannten Prämissen gerecht wird. Im zweiten Teil beschreibe ich die grundlegenden und existenziellen Aspekte von Arbeit. Im dritten Teil lege ich dar, welche Verbindung zwischen Trauma und Arbeit besteht, und wie sie einander beeinflussen. Der Text will die weite Verbreitung von Trauma und dessen so umfassende wie entscheidende Bedeutung für unsere Arbeitswelt darlegen. Zugleich will er Anregung für vertiefte Traumaforschung im organisationalen Bereich sein.
Stephanie Hartung
Trauma und Kriegssprache in der Wirtschaft
Zusammenfassung
Die Entwicklung hin zu einem Weltmarkt, einer Weltpolitik und einer Weltreligion geht einher mit einer andauernden Auseinandersetzung darüber, wer den Markt, die Politik und den Glauben beherrscht. Monokultur kennt kein Vielfaches, weder ökonomisch, noch politisch, noch religiös. Wohin wir auch blicken, wir sehen nationale Kriege mit internationaler Beteiligung um politische Systeme, Grenzlinien, Lokalkulturen und geostrategisch wertvolle Regionen. Wir erleben Wirtschaftskriege um Währungen und Bodenschätze – die im Mantel nationaler Kriege daherkommen – um Wasser, Handelsbilanzen, Importzölle, Abgaswerte, Energieformen und Infrastruktur. Und wir sind Zeuge von Religionskriegen, bzw. Kriegen im Namen der Religion um den einzig wahren Glauben an den einzig wahren Gott, Auseinandersetzungen um die globale Macht der Gestaltung des kulturellen Miteinanders – wer gibt die Richtung vor? Hand in Hand mit all diesen Kriegen gehen Traumatisierungen von Menschen, die mit einer beinahe garantiert ererbten dissoziativen Grundfassung entsprechende Strukturen im Gesellschafts- wie im Arbeitsleben gestalten. Den Zusammenhang zwischen der traumatisierten Grundfassung und den Dimensionen ihrer Ausprägung habe ich in meinem Text Trauma und Arbeit beschrieben. Meine Grundannahme für die weiteren Betrachtungen ist nun, dass sich die Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen in unserem Verständnis von der Welt, in unserem Selbst-Verständnis und nicht zuletzt auch in unserer Sprache im Alltag, ebenso wie in der Arbeitswelt, insbesondere in der Wirtschaft widerspiegeln.
Stephanie Hartung
Individuelles und kollektives Trauma, und warum Verwaltungen die bessere Organisationsform sind
Zusammenfassung
Ausgehend von einem psychoanalytischen Begriff des Traumas wird der Frage nachgegangen, inwiefern nicht nur Einzelne, sondern auch Gruppen, Organisationen und Gesellschaften unter Trauma-Folgestörungen leiden können. Dazu wird kurz an den Freudschen Begriff des Traumas erinnert (Abschn. 1), um sodann mit seiner Hilfe Gemeinsamkeiten und Unterschiede individueller und kollektiver Traumata darzulegen (Abschn. 2). Schließlich wird gezeigt, wie und warum Verwaltungen probate Organisationsformen sind, um Traumatisierungen, die beim Zusammentreffen von individuellen und kollektiven Bedürfnissen nahezu unvermeidbar sind, dennoch zu vermeiden (Abschn. 3).
Christian Kohlross
Drei Formen von Organisationstrauma
Zusammenfassung
Der Markt der traumatherapeutischen Weiterbildungen für Psychologen, Ärzte und Coaches boomt derzeit, und die Angebote befassen sich sämtlich mit Interventionsmöglichkeiten im individualtherapeutischen Bereich. So wichtig natürlich die Therapien im Einzelfall immer wieder sind – so möglicherweise partial aber begreifen sie die eigentlichen Dimensionen von Trauma. Denn Menschen treten nicht nur als Individuen auf. Sie leben und arbeiten in Verbindungen. Sie gründen Familien und bilden Gruppen. Und sie gründen Organisationen. Trauma und Organisation – die Verbindung ist ein bisher kaum erforschtes Gebiet. Die wenige verfügbare Literatur konzentriert sich beinahe ausnahmslos auf die helfenden Berufe, bei denen mehr Trauma vermutet wird, als in den anderen Berufszweigen. Doch je tiefer man in das Thema einsteigt, desto offensichtlicher wird, dass die Trauma-Response Fight, Flight or Freeze auch für Organisationen zutrifft. Organisationen zeigen dieselben Trauma-Reaktionen wie Menschen. Im Folgenden definiere ich drei verschiedene Formen von Organisationstrauma und beschreibe, wie diese sich jeweils auswirken. Ich lege außerdem dar, woran eine traumatisierte Organisation zu erkennen ist.
Volker Hepp
Trauma Management am Arbeitsplatz
Zusammenfassung
In meinem Beitrag betrachte ich die verschiedenen Anlässe, die zu psychischen Traumata bei Menschen am Arbeitsplatz führen können. Organisationen haben höchst unterschiedliche Risiko-Profile und unterscheiden sich dementsprechend in der Häufigkeit, mit der ihre Mitarbeiter Bedrohungen wie Gewalt, schwere Unfälle, Tod und natürliche oder von Menschen verursachte Katastrophen ausgesetzt sind. Berufstraumata können intensiv, kumulativ oder stellvertretend sein. Es ist möglich, einige der Faktoren zu identifizieren, die meisten Faktoren aber bleiben verborgen. Ich beschreibe, in welcher Form Organisationen proaktive Trauma-Prophylaxe betreiben, bzw. ein angemessenes Trauma-Management implementieren können. Dabei führen sechs Schritte zu einer effektiven Trauma Management Strategie. Diese umfasst verschiedene Verantwortungsebenen, die in Summe zu einer Organisationskultur führen können, in der die Bedürfnisse der Betroffenen besser berücksichtigt und unterstützt werden. So kann ein bedarfsgerechtes Versorgungskontinuum gewährleistet werden, das zur psychischen Genesung beizutragen vermag. Sofortmaßnahmen, welche die Organisation ergreifen kann, werden zusammen mit einigen der Probleme dargelegt, die bei der längerfristigen Rehabilitation und Genesung häufig auftreten. Anhand von Beispielen werden einige der zu vermeidenden Fallstricke bei der Unterstützung von Mitarbeitern nach einem Vorfall sowie die Überzeugungen und Annahmen erläutert, die bewährte Verfahren verhindern.
Liz Royle
Organisationale Veränderungsprozesse und seelische Gesundheit
Zusammenfassung
„Stress ist ein Muster aus spezifischen und unspezifischen Reaktionen des Organismus‘ auf ein Ereignis, welches dessen Gleichgewicht und dessen Verarbeitungsfähigkeit stört oder übersteigt“ (APA, Stressdefinition, American Psychological Association, 2018). Stress kann so zu einem traumatisierenden Moment werden; und es kann auch sein, dass „verarbeiteter Stress uns produktiv und glücklich macht“ (APA, Stressdefinition, American Psychological Association, 2018). Natürlich wünschen sich Organisationen glückliche und produktive Angestellte um ihre Produktivität und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und weiterentwickeln zu können. Dabei sehen sich Organisationen einem andauernden Wandel ausgesetzt, der von ihnen fordert, kontinuierliche kleinere und wirklich große Veränderungsprozesse erfolgreich zu managen. Für den einzelnen Menschen in der Organisation bedeuten solche kontinuierlichen Veränderungsprozesse, dass sein bestehendes Gleichgewicht andauernd gestört und in Folge justiert werden will. Je schneller aber die Veränderungen aufeinanderfolgen, und je umfassender sie sind, desto schneller und grundlegender müssen Menschen in der Lage sein, sich zu verändern und dabei ihr seelisches Gleichgewicht zu erhalten. Wenn Stress die Folge eines gestörten Gleichgewichts ist, dann müssen die kontinuierlichen Veränderungsprozesse als mögliche Hauptursache für Stress in der Arbeitswelt verstanden werden. Erfolgen solche Veränderungsprozesse mit zunehmender Geschwindigkeit und in umfassenderen Umfang, dann wird zugleich die Verarbeitungsfähigkeit des Einzelnen gestört und eben auch überstiegen. Andauernd schnelle und grundlegende Veränderung kann das das auslösende Trauma sein, dessen Folge ein Zustand von andauerndem und nicht mehr kontrollierbarem Stress ist, der zu Schlafstörungen, Depressionen und Angstzuständen führt, die in Summe als ein traumatisierter Dauerzustand für jeden Einzelnen verstanden werden müssen. Mitarbeiter mit Trauma wirken negativ auf die allgemeine organisatorische Motivation. Und in Kombination mit zu erwartenden langen krankheitsbedingten Ausfällen beeinträchtigen sie oder bedrohen gar die Leistungskraft der Organisation für Selbsterhalt und Geschäftsentwicklung. Organisationen sollten daher wissen, wie unnötiger – oder auch schlecht verarbeiteter – Stress vermieden werden kann. Denn wir leben heute in einer Welt, in der die ständigen Veränderungen größer und schneller sind, als wir oder unsere Organisationen sie überhaupt verarbeiten können. Diesbezüglich brauchen uns nur die Veränderungen durch neue Robotertechnologien oder die künstliche Intelligenz zu vergegenwärtigen. Oder auch die Frage betrachten, welche von den Jobs, die wir heute machen, in ein paar Jahren überhaupt noch existieren werden. Wir brauchen also ein Verständnis für das Verhältnis zwischen Veränderungsprozessen in Organisationen und menschlichem Stress. Und wir sollten die Ursachen für dieses Verhältnis kennen. Dann und nur dann werden wir in der Lage sein, die nötigen Maßnahmen zur Stressvorsorge einzuleiten und das Ausmaß stressiger und stressender Veränderungsprozesse in Organisationen zu begrenzen. Wenn es darüber hinaus eine direkte negative Beziehung zwischen Engagement für die eigene Arbeit und Stress gibt, und wir auch hierüber mehr Kenntnisse hätten, dann wären wir vielleicht auch in der Lage, die Zahl der engagierten Mitarbeiter zu erhöhen: Nach Gallup sind lediglich 32 % der US-amerikanischen Angestellten engagiert, involviert und begeistert bei der Arbeit – die anderen 64 % sind es nicht! (Gallup, Gallup Bus J, Jan. 7, 2016) Weltweit sind übrigens nur noch 13 % engagiert in ihren Jobs. Das sind wahrhaft keine ermutigenden Zahlen. Der folgende Text untersucht Gründe und Hintergründe für die genannten Zahlen und zeigt Möglichkeiten für Veränderungen auf.
Steen Bjerre
Vom Traum zum Trauma – Ehrgeiz und Verstrickung in einem Familienunternehmen
Zusammenfassung
Dieser Beitrag schildert, wie eine Verquickung von Geschäften und Freundschaften, wie sie in Familienunternehmen häufig der Fall ist, ein Firmentrauma potenzieren kann. Zu der wirtschaftlichen Erschütterung kommt hier hinzu, dass tiefe Beziehungen zerbrechen und damit das wichtige Thema „Vertrauen“ nachhaltig torpediert wird. Vertrauen jedoch ist für jede Organisation und Zusammenarbeit unerlässlich. Fehlendes Vertrauen führt nicht nur zu Überwachung, sondern zu Lähmung von Kooperation und Innovation und damit zur Verhinderung tragfähigen Erfolges. Nicht zuletzt zeigt der Beitrag, dass eine familientraumatische Parallele eine mögliche Prädisposition für eine Beteiligung an einem Firmentrauma erhöhen könnte.
Marion Lockert
Die „Kleine vom August“ – Aus der Innensicht einer engagierten Arbeitnehmerin
Zusammenfassung
Der Text beschreibt den über 40 Jahre langen Berufsweg einer im Widerstand gewachsenen engagierten, selbstbewussten und kompetenten Frau, inmitten eines meist von Männern dominierten Berufsalltags. In einem Rückblick wird beschrieben, wie durch Reflexion und eine veränderte innere Haltung letztlich eine gesunde Entwicklung entstehen konnte.
Elke Forster-Mahle
Mein Beruf als Trauma-Überlebensstrategie und Weg zu mir selbst
Zusammenfassung
Dieser Beitrag beschreibt den beruflichen Weg des Autors als etappenweises gewahr werden der eigenen Traumabiografie. Im beruflichen wie privaten Leben an Grenzen zu gelangen, wurde anfangs stets als sehr bedrohlich erlebt, konnte dann aber immer als Chance genutzt werden, die eigene Lebensgeschichte und die eigene Psyche in ihrer Tiefe zu verstehen. Statt in den Aktionismus im Außen zu verfallen, erwies es sich als wesentlich zielführender, emotionale innere Prozesse zu klären. Dadurch entstanden stets neue Optionen im beruflichen wie privaten Kontext und ein grundlegendes Identitätsverständnis, das dazu verhilft, Täter-Opfer-Dynamiken aus dem Weg zu gehen und stattdessen gut und sinnvoll zu leben und zu arbeiten.
Franz Ruppert
Metadata
Title
Trauma in der Arbeitswelt
Editor
Stephanie Hartung
Copyright Year
2019
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-58622-8
Print ISBN
978-3-662-58621-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-58622-8