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2005 | Book

Türöffner Zeitarbeit?

Kompetenz und Erwerbsverlauf in der Praxis der Leiharbeit

Authors: Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Book Series : Soziale Chancen Schriftenreihe des ISO-Instituts, Köln

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Table of Contents

Frontmatter
Vorwort des Herausgebers
Zusammenfassung
Zwischen dem Postulat der lernenden (Wissens-)Gesellschaft und der Realität der berufsbegleitenden Weiterbildung entsteht eine immer tiefer werdende Kluft in dem Maße, wie die Arbeitsuchenden und Beschäftigten auf eigene Rechnung und Verantwortung ihre Weiterqualifizierung über-nehmen müssen. Dies betrifft vor allem die am Rande des ersten Arbeits-markts stehenden Erwerbstätigen, die durch Personaldienstleister, nämlich Zeitarbeitfirmen und neuerdings Personal-Service-Agenturen, in Beschäf-tigung vermittelt werden. Für diesen wachsenden Personenkreis ist gerade die Erweiterung ihrer Kompetenzen entscheidend für die Überwindung der Barrieren, die einer längerfristigen Beschäftigung entgegenstehen.
Walter R. Heinz
1. Einleitung
Zusammenfassung
Zeitarbeit1 ist eine in den letzten Jahren deutlich wachsende Arbeitsform, die wie geringfügige Arbeit, befristete Arbeit und freie Tätigkeit auf Werkvertragsbasis zu den insgesamt zunehmenden atypischen Beschäftigungsverhältnissen zählt. Die auch als Phänomen der Erosion des Normalarbeitsverhältnisses diskutierte Entwicklung steht im Zusammenhang mit Unternehmensstrategien und Arbeitsorganisationskonzepten, die als Dezentralisierung und Flexibilisierung der Organisation in Verbindung mit einer Vermarktlichung der Arbeitsbeziehungen innerhalb der Unternehmen beschrieben werden, in deren Folge die einzelnen Beschäftigten verstärkt innerbetrieblicher Konkurrenz ausgesetzt werden. Neben einer gesicherten Kernbelegschaft werden Belegschaftssegmente mehr oder weniger systematisch aufgebaut, die ständig ihre Support-Funktion für den Kern unter Beweis stellen, zugleich aber, als alltäglich bedrohte Randbe-legschaften, darauf verwiesen sind, ihre Marktgängigkeit dauerhaft zu erhalten (so etwa Sattelberger 1998). Diese „fluiden“Belegschaftsteile (ausgeliehene Arbeitskräfte, freie Mitarbeiter, Werkvertragsnehmer/innen) werden bei Bedarf als Reserve zum Ausgleich von Auftragsschwankungen oder als Vertretungen bei vorübergehenden Personalengpässen eingesetzt; zeitliche Befristung des Anstellungsverhältnisses, des Werk- oder Leihvertrages eröffnen den Betrieben dabei den erwünschten Flexibilitäts-spielraum. Diesem Segment zunehmend diskontinuierlich Beschäftigter sind auch die Beschäftigten in Zeitarbeit zuzuordnen.
Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte
2. Optionen der Untersuchung des Phänomens Leiharbeit: Das Forschungsdesign
Zusammenfassung
Ob Zeitarbeit vor allem für längere Zeit aus dem Erwerbsleben Ausgeschiedenen als Türöffner in den ersten Arbeitsmarkt dient und sie in ein „normales“ unbefristetes Arbeitsverhältnis fuhrt, wird in dieser Untersuchung nicht in der Perspektive der arbeitsmarktpolitischen Verbleibsforschung thematisiert. Das heißt, es geht hier nicht lediglich darum, ob und in welchem Ausmaß Zeitarbeitsverhältnisse nach einer gewissen Zeitspan-ne in irgendein Beschäftigungsverhältnis übergeführt werden. Das ist gewiß auch Thema aus der Perspektive subjektorientierter Qualifikationsfor-schung, deren Erkenntnisinteresse grundsätzlich auf nachhaltige Entwicklungen gerichtet ist, reicht aber nicht hin. Es stellt sich nämlich aus dieser Perspektive die über den bloßen, meist aus forschungsökonomischen Gründen nur kurzfristig kontrollierten Verbleib hinausweisende Frage, welche längerfristigen Auswirkungen Zeitarbeitsverhältnisse auf den Erwerbsverlauf haben. Ein ganz entscheidender Stellenwert kommt hier der für die Arbeitsmarktposition des einzelnen zentralen Frage des Erhalts und der Weiterung der Qualifikationen zu.
Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte
3. Das Interessendreieck: Entleiher — Verleiher — Zeitarbeitnehmer aus der Perspektive ihrer Experten
Zusammenfassung
Zeitarbeit — oder in arbeitsrechtlicher Terminologie: Arbeitnehmerüberlassung — stellt als Arbeitsverhältnis zwischen Zeitarbeitunternehmen, Zeitarbeitskraft und Entleihunternehmen eine kontrakt- und tarifrechtlich komplexe Form des Arbeitsverhältnisses dar, die seitens des Gesetzgebers mit dem 1972 erlassenen Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) einer besonderen rechtlichen Regulierung unterworfen wurde. Die Konstruktion des Gesetzes zielte - vor den Reregulierungen im Zuge der jüngsten Arbeitsmarktgesetzgebung - darauf ab, mit der Zeit eine Bündelung der Ar-beitseinsätze zu einem Dauerarbeitsverhältnis zu erreichen, sie durch Re-gulierungen wie das Befristungs- und das Wiedereinstellungsverbot (innerhalb von drei Monaten nach Entleihung) oder das Synchronisierungs-verbot (zwischen Beschäftigungsverhältnis beim Verleihunternehmen und Arbeitseinsatz im Entleihunternehmen) in Richtung Dauerarbeitsverhältnis zu „normalisieren“.
Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte
4. Die Türöffner: Nachfrage und Angebot bei Entleihern und Verleihern
Zusammenfassung
Die Entleiher von Arbeitskraft bilden im Interessendreieck der Arbeitnehmerüberlassung den Ausgangspunkt. Ohne ihren Bedarf an zeitweisem, aber eben immer auch nur vorübergehendem Ausgleich von Personalengpässen, der offenbar über den freien Arbeitsmarkt zumindest ad hoc nicht beziehungsweise nur zu zu hohen Kosten geleistet werden kann, gäbe es das Phänomen Zeitarbeit nicht.
Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte
5. Lebenserfahrungen: Zeitarbeit im Urteil der Zeitarbeiter — Die Bilanzen
Zusammenfassung
Auch im Interessendreieck der Arbeitnehmerüberlassung geht es letzten Endes immer um den „Faktor Arbeit“, das heißt um menschliche Arbeitskraft, die auf dem Arbeitsmarkt angeboten, vermittelt und verkauft wird. Der Unterschied zu herkömmlichen Arbeitsmarktverhältnissen, wo Anbieter und Nachfrager von Arbeitskraft sich — im idealen Modell — einander gegenüberstehen und miteinander über den Preis, die Lohnhöhe, verhan-deln, um dann, durch Arbeitsgesetzgebung und Kollektiv-(Tarif-)Verträge moderiert, zu einem marktgerechten individuellen Arbeitsvertrag zu kommen, besteht darin, daß sich hier ein Dritter, als Arbeitskraft-Handelsmakler quasi, eingeschaltet hat, um eine schwierige Marktsituation auf unübersichtlichen Teilarbeitsmärkten zu klären: der Verleiher, das Zeitarbeitunternehmen. An diesem Sachverhalt ändert die formal andere rechtliche Gestaltung arbeitsökonomisch kaum etwas — wenn auch das konkrete Procedere bei Preisermittlung und Verteilung des erzielten Arbeitsentgelts anders aussieht.
Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte
6. Zeitarbeit — Chance für Kompetenzentwicklung und Türöffner in gesicherte Beschäftigung?
Zusammenfassung
Zeitarbeit, die in dem Dreiecksverhältnis der beteiligten Akteure begründete eigentümliche Konstruktion von Erwerbsarbeit, hat seit Mitte der neunziger Jahre einen bemerkenswerten Image-Wandel erfahren: Die Unternehmen, die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung betreiben, haben in der öffentlichen Meinung ihren bis dato dominierenden Ruf als „ Sklaventreiberbranche“und „ Ausbeuteragenturen“zugunsten der ihnen in letzter Zeit zugeschriebenen Funktion eines Türöffners in gesicherte Beschäftigung insbesondere für Langzeitarbeitslose abstreifen können. Selbst die ehemals schärfsten Kritiker und Gegner von Zeitarbeit - Arbeitsverwaltung und Gewerkschaften - sind zu Partnern in der Praxis geworden, wie sich an den Kooperationsprojekten zwischen Arbeitsverwaltung und Zeitarbeitunternehmen und dem spektakulären Tarifvertrag zwischen dem Bundesverband der Zeitarbeitgeber und DGB-Gewerkschaften von 2003 zeigt. Das ist um so bemerkenswerter, als sich die Bedingungen in Angebot und Ausübung dieser Erwerbsarbeitsform bis in die jüngste Zeit substantiell kaum verändert hatten.
Axel Bolder, Stefan Naevecke, Sylvia Schulte
Backmatter
Metadata
Title
Türöffner Zeitarbeit?
Authors
Axel Bolder
Stefan Naevecke
Sylvia Schulte
Copyright Year
2005
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80958-2
Print ISBN
978-3-8100-3977-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80958-2