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09-02-2017 | Umwelt | Kommentar | Article

Übergreifende Forschung zur Entsorgung radioaktiver Stoffe

Authors: Prof. Dr. Ulrich Smeddinck , Sophie Kuppler, Dipl.-Geol. Saleem Chaudry

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Die Entsorgung hoch radioaktiver Reststoffe ist eine ungelöste Aufgabe. Ulrich Smeddinck, Sophie Kuppler und Saleem Chaudry zeigen, dass eine rein technische Herangehensweise nicht erfolgreich ist.

Der Umgang mit den Abfällen aus der kommerziellen Energieerzeugung, aus Forschung und Medizin wird von Wissenschaftlern heute als komplexes Problem beschrieben, dass zu seiner Bearbeitung der Expertise diverser Disziplinen bedarf. In der Bevölkerung wird die Entsorgung als eine Herausforderung wahrgenommen, die sie betrifft und mit der sie sich auseinandersetzen muss und will. Diese Betroffenheit führt dazu, dass auch Instrumente und Prozesse der repräsentativen Demokratie auf den Prüfstand gestellt werden. Die Versuche einer rein technisch-naturwissenschaftlichen Herangehensweise in der Vergangenheit müssen als gescheitert angesehen werden.

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Die Entsorgung radioaktiver Reststoffe als inter- und transdisziplinäre Herausforderung – eine Einführung

Der Band folgt einem dreiteiligen Aufbau. Im ersten Teil werden einzelne, in ENTRIA vertretene Disziplinen hinsichtlich ihres Beitrags zur Entsorgungsforschung vorgestellt und ihre Anknüpfungspunkte für interdisziplinäre Zusammenarbeit diskutiert.


Das Forschungsprojekt ENTRIA nähert sich Fragen der Entsorgung aus einer interdisziplinären Perspektive. In wissenschaftsübergreifender Zusammenarbeit werden Bewertungsgrundlagen für drei mögliche Entsorgungsoptionen entwickelt. Der Sammelband Inter- und Transdisziplinarität bei der Entsorgung radioaktiver Reststoffe geht in 13 Beiträgen auf verschiedene Aspekte der Entsorgungsaufgabe ein und reflektiert die Arbeit von ENTRIA aus einer wissenschaftstheoretischen Perspektive.

Sichtweisen müssen in Einklang gebracht werden

Staatliche Akteure, zivilgesellschaftliche Gruppen oder Betroffene, zum Beispiel Anwohner von Standortzwischenlagern, haben je unterschiedliche Sichtweisen auf Fragen der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Handlungsoptionen im Rahmen von Governance in diesem Spannungsfeld sind Untersuchungsgegenstand politikwissenschaftlicher Forschung. Bemerkenswert ist der Versuch, mit dem Standortauswahlgesetz von 2013 neue Maßstäbe hinsichtlich der Öffentlichkeitsbeteiligung am Entsorgungsprozess zu setzen. Eine durch das StandAG veränderte Behördenstruktur und veränderte Rechtsschutzmöglichkeiten verlangen darüber hinaus nach einer rechtswissenschaftlichen Bewertung.

Regulierungsbedarf entsteht auch hinsichtlich der eigentlichen Aufgabe, die durch eine geordnete Entsorgung radioaktiver Abfälle geleistet werden soll: dem Schutz vor den Folgen ionisierender Strahlung. Neben der Bevölkerung und der Umwelt müssen im Rahmen des praktischen Strahlenschutzes vor allem Beschäftigte, die mit radioaktiven Stoffen umgehen müssen, in den Fokus genommen werden. Es gilt, das Risiko einer Schädigung soweit möglich zu minimieren.

Das Risiko einerseits, das radioaktive Abfälle und der Umgang mit ihnen darstellen, und der Wunsch nach Sicherheit vor den resultierenden Gefahren andererseits sind Antagonisten, die auch die Forschung in diesem Bereich in besonderer Weise prägen. Dabei sind sowohl Risiko als auch Sicherheit Begriffe, die von verschiedenen Akteuren und auch wissenschaftlichen Disziplinen unterschiedlich gebraucht werden. Neben differierenden Begriffsdefinitionen sind es vor allem Unterschiede in der Wahrnehmung von Risiko, die den Umgang mit diesen Konzepten ausmachen.

Gemeinsame Perspektiven entwickeln

Der Umgang mit inkompatiblen disziplinären Termini stellt eine besondere Herausforderung interdisziplinärer Forschung dar. Möglichkeiten einer Vereinheitlichung von Begriffsdefinitionen über wissenschaftliche Disziplinen hinweg sind enge Grenzen gesetzt. Worte werden für den disziplinären Gebrauch der Umgangssprache entnommen und ihre Bedeutung enger gefasst, eine Übertragung auf fremde Wissenschaften auf diese Weise erschwert.

Praktische Umsetzung erfährt interdisziplinäre Forschung beispielsweise im Rahmen von Langzeitsicherheitsnachweisen. Beim Safety Case für einen Entsorgungsstandort müssen Erkenntnisse aus Geologie, Geochemie, Strahlenschutz, Geotechnik, Materialwissenschaften usw. berücksichtigt werden, um zur Sicherheitsbewertung beizutragen.

Eine interdisziplinäre Bearbeitung der Problemlage erfordert dabei mehr als ein reines Nebeneinanderstellen der Ergebnisse verschiedener Disziplinen. Vielmehr müssen gemeinsame Perspektiven auf den Forschungsgegenstand gefunden werden, was einen engen Dialog zwischen den Disziplinen erfordert sowie ein Forschungsumfeld, welches bottom-up-Prozesse erlaubt.

Letztendlich stellt sich die Frage, wie die vielfältigen disziplinären und interdisziplinären Forschungsergebnisse so integriert werden können, dass Bewertungsgrundlagen für die verschiedenen Entsorgungsoptionen geschaffen werden können, auf deren Basis die Politik und die Öffentlichkeit eine Entscheidung über den gewünschten Entsorgungsweg treffen können. Eine solche Synthese ist ein eigener Arbeitsschritt, welcher auch die Bearbeitung und Darstellung von Dissens beinhaltet.

 

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