Die größte Migrationsbewegung unserer Zeit ist der zentrale Treiber des globalen Wandels im 21. Jahrhundert und muss durch politisches Handeln und internationale Zusammenarbeit gesteuert werden. Statt schnell wachsende Megacitys sollen nachhaltige Mittelzentren entstehen, die widerstandsfähiger gegen Krisen sind und den Druck auf örtliche Ressourcen wie Wasser und Land entschärfen. Zu diesem Ergebnis kommt das Hauptgutachten "Der Umzug der Menschheit: Die transformative Kraft der Städte", das der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) vorgelegt hat.
Einzelne plastische Beispiele im WBGU-Gutachten zeigen direkt die Folgen bei einer unveränderten Migrationsbewegung. Die Anzahl von heute mehr als 850 Millionen in Slums wohnenden Menschen würde sich beispielsweise voraussichtlich verdoppeln. Der Bau der erforderlichen Siedlungen in Massivbauweise aus Stahl und Zement alleine in den Entwicklungs- und Schwellenländern würde dabei den Ressourcenverbrauch und den Ausstoß an Treibhausgasen so erhöhen, dass die natürliche Lebensgrundlage der Menschheit gefährdet wäre, betont der WBGU in seinem Gutachten.
Empfehlungen für die Schaffung nachhaltiger Städte
Im Gutachten des WBGU fordern die Wissenschaftler die Verstärkung der weltweiten Auseinandersetzung mit Urbanisierung und Transformation. Die G20 sollen sich des Themas dauerhaft annehmen. Zusätzlich sollte das UN-Programm für Siedlungswesen (UN-Habitat) reformiert und gestärkt werden. Konkret geben die Wissenschaftler Empfehlungen in folgenden Transformationsfeldern:
- Klima und Ressourcen
- Menschenorientierte Städte
- Städte und internationale Politik und
- Forschung
WBGU möchte fundamentalen Perspektivwechsel anstoßen
Mehr als zwei bis drei Milliarden Menschen werden in den nächsten Jahrzehnten weltweit in die Städte drängen, beziffert das Gutachten die Dimensionen. Dirk Messner, WBGU Ko-Vorsitzender und Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik fordert deshalb, die Lebensbedingungen der Ärmsten müssten in den Mittelpunkt der Stadtentwicklung gerückt werden. Diesen fundamentalen Perspektivwechsel will der WBGU auf der vom 17. bis 20. Oktober 2016 in Quito, Ecuador, stattfindenden UN Konferenz Habitat III anstoßen.
Im letzten Jahrhundert haben Regierungen viel Erfahrung mit dem Management begrenzter Ökosysteme wie Flussbecken, Wälder oder Seen gesammelt. Im 21. Jahrhundert stehen sie einer der größten Herausforderungen gegenüber, mit der die Menschheit jemals konfrontiert wurde: der Notwendigkeit, die menschliche Entwicklung mit der Entwicklung des gesamten Erdsystems einschließlich der meisten seiner Subsysteme überein zu bringen und stabile soziale Institutionen aufzubauen, die einen sicheren Übergang und eine Koevolution natürlicher und sozialer Systeme gewährleisten.", stellt Frank Biermann im Essay "Erdsystem-Governance – Ein neues Paradigma der globalen Umweltpolitik" auf Seite 3 fest.
Das Essay erläutert das Konzept der Erdsystem Governance und zeigt die Grundzüge des Earth System Governance Projects auf.