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28-12-2015 | Umwelt | Interview | Article

Wie geht es weiter mit der Nitratbelastung der Gewässer?

Author: Günter Knackfuß

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Die zu hohen Einträge von Stickstoffverbindungen sind eines der großen ungelösten Umweltprobleme unserer Zeit. Im Interview erklärt Professor Frieder Haakh die Situation, Ursachen und Gegenmaßnahmen.

Springer Professional: Wie stellt sich die Situation in ihrem Versorgungsgebiet dar?

Frieder Haakh: Immer noch unbefriedigend, denn in 27 Jahren Schutzgebiets- und Ausgleichgsverordnung, kurz SchALVO ist es  - entgegen dem Landestrend - ausgerechnet im größten und bedeutendsten Wasserschutzgebiet in Baden-Württemberg nicht gelungen, den Nitratanstieg zu stoppen und umzukehren. Dies betrifft die Trinkwasserversorgung von 3 Millionen Menschen. Allerdings hat das  Landwirtschaftsministerium jetzt endlich zusätzliche Maßnahmen auf den Weg gebracht und es wurde ein konkretes Sanierungsziel vereinbart.

Wo sehen sie die Hauptursachen für den unbefriedigenden Zustand der Gewässer?

Sie legen ja schon seit längerer Zeit den Finger auf die Wunde. Welche Maßnahmen sollten jetzt schnellstens ergriffen werden?Das sind vor allem zu hohe Stickstoffüberschüsse durch eine schlechte Stickstoffeffizienz in der Landwirtschaft, ein vergleichsweise hoher Flächenanteil unter intensiver Ackernutzung und eine bislang mangelhafte Kontrolle des gültigen Fachrechts.

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Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft — ein überwindbares Hindernis bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie?

Stickstoff ist einer der wichtigsten Nährstoffe auf der Erde. Durch die Herstellung von Ammoniak aus Luftstickstoff konnte die landwirtschaftliche Produktion im 20. Jahrhundert drastisch gesteigert werden. Einerseits erhöht dies die Ver


Die Stickstoffemissionen sind verbindlich auf maximal 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr zu beschränken und dies ist zu kontrollieren. Ohne belastbare Emissionsdaten und Transparenz an dieser Stelle kommen wir nicht weiter. Auffällige Betriebe müssen intensiv beraten und an die Hand genommen werden. In konkreten Maßnahmen bedeutet dies beispielsweise: keine Gülleausbringung im Herbst, dies erfordert mehr Speicherraum für Wirtschaftsdünger. Hinzukommen müssen der Verzicht auf kritische Fruchtfolgen und mehr Beraterkapazität.

Im Gespräch ist auch die Einführung einer Brutto-Hoftorbilanz bei den Landwirten. Wie sollte diese gemessen werden?

Für Insider: nach der PARCOM-Methode. Zum Verständnis: Es sind mengenmäßig alle Stickstoffströme in den Betrieb hinein, beispielsweise im gekauften Dünger oder in Futtermitteln und alle Stickstoffmengen, die den Betrieb verlassen, gegenüberzustellen. Die Differenz ist die Stickstoffmenge, die ungenutzt, also nicht in einem landwirtschaftlichen Produkt wie z.B. Brotweizen oder Mastschweinen, den Betrieb verlässt, sondern auf den Betriebsflächen bleibt und dort die Umwelt und das Grundwasser belastet. Diese Messmethode ist, darin sind sich die Fachleute einig, die genaueste und mit vergleichsweise wenig Aufwand zu erstellen. Der Einwand vom "bürokratischen Monster" ist ein Märchen.

Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches, DVGW, fordert einen wirksameren Vollzug mit ordnungsrechtlichen Sanktionen. Wie stehen sie dazu?

Wie ist das mit Tempo 50 in der Stadt – ohne Blitzer wird gerast! Unsere Erfahrung belegt: Wesentliche Dinge wie die vorgeschrieben Nährstoffbilanzen, das Wirtschaftsdüngerausbringungsverbot auf wassergesättigten oder schneebedeckten Böden, Düngung nach tatsächlichem Pflanzenbedarf, das tatsächlich vorhandene Wirtschaftsdüngerspeichervolumen der Betriebe und die maximal zulässigen Stickstoffmengen usw. werden nicht bzw. kaum kontrolliert. Ohne das Ordnungsrecht kommen wir hier leider nicht weiter.

Wenn die Nitratbelastung nicht gestoppt wird – welche Notmaßnahmen müsste die Wasserwirtschaft dann ergreifen?

Es wären eine Nitrateliminationsanlage zu bauen und die Wasserpreise würden deutlich steigen. Dann bezahlte der Bürger ein zweites Mal für eine umweltverträgliche Landwirtschaft, weil die Bauern ihrem Beitrag zum Umweltschutz nicht nachkommen, für den sie ja EU-Gelder (ich erinnere an die unsägliche Diskussion ums Greening) und auch Steuergelder vom Land über die SchALVO bekommen.

Vielen Dank für das Interview.

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