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21-10-2020 | Umweltschutz | Schwerpunkt | Article

Fleischersatzprodukte schonen die Umwelt

Author: Christoph Berger

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Fleischprodukte schaden der Umwelt und Ersatzprodukte werden beliebter. Allerdings müssen laut einer Studie noch die politischen Rahmenbedingungen zugunsten der Fleischalternativen geändert werden, um deren Marktanteile tatsächlich entscheidend zu erhöhen.

"Fleischproduktion schadet nachweislich der Umwelt und trägt zur Erderhitzung bei. Unsere Studie zeigt: Fleischersatz könnte eine große Rolle bei einer umweltschonenderen und auch gesünderen Ernährung spielen", sagte Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA). Er bezieht sich dabei auf die von seinem Amt in Auftrag gegebene Studie "Fleisch der Zukunft", die vom Institut für Innovation und Technik gemeinsam mit Adelphi Consult und dem Ecologic Institut erstellt wurde. Darin wurde untersucht, welche Auswirkungen Fleischersatzprodukte auf Umwelt und Gesundheit haben und welche Rolle sie in einer zukünftigen Ernährung spielen könnten.

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Demnach schneidet Fleischersatz auf pflanzlicher Basis aus Umweltsicht am besten ab. Pflanzen wie Weizen, Erbsen und Soja können auf direktem Weg der menschlichen Ernährung dienen. Werden sie hingegen erst als Tierfutter genutzt, werden deutlich mehr pflanzliche Kalorien und auch deutlich mehr Ackerfläche, Wasser und Energie benötigt, bis die Kalorien beim Menschen ankommen. So wird beispielsweise für die Produktion eines Kilos Fleischersatz auf Sojabasis 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen, für Schweinefleisch beträgt der Ausstoß 4,1 Kilogramm, für Geflügel 4,3 Kilogramm und für Rindfleisch sogar 30,5 Kilogramm. Im Vergleich zu Rindfleisch entstehen bei pflanzlichem Fleischersatz also bis zu weniger als ein Zehntel der Treibhausgase.

Freie Agrarflächen für die Bioenergieproduktion

Auch Manfred Kircher erklärt im Kapitel "Welche Lösungsoptionen bieten sich an?" des Springer-Fachbuchs "Weg vom Öl", dass Fleischersatzprodukte auf pflanzlicher Basis ein Weg zur Reduktion von Flächen für Futtermittel sind. Das Unternehmen Beyond Meat gebe an, Erbsen, Mungbohnen und Reis zu verwenden, während die Produkte von Impossible Food auf Eiweiß von Sojabohnen und Kartoffeln basieren würden. Für den Fleischgeschmack würden unter anderem biotechnologisch auf Basis von Zucker hergestellte Geschmacksstoffe sorgen. Kircher weiter: "Eine weitere Möglichkeit zur Einsparung von Flächen ist die Züchtung von Pflanzen, deren Eiweiß genauso wie das von Hühnereiern zusammengesetzt ist. Dieses Eiweiß ist begehrt, weil es für uns Menschen hervorragend verdaulich ist und in der Lebensmittelindustrie für die Herstellung von Nudeln, Mayonnaise, Backwaren und ähnlichen Produkten ein gesuchter Rohstoff ist. Mit derartigen Pflanzen könnte man also Ei-Eiweiß ohne Hühner produzieren, könnte auf viele Hühnerfarmen verzichten, würde das dort sonst verbrauchte Futter einsparen und erhielte trotzdem den gleichen Nährwert."

Daniela Thrän zeigt im Kapitel "Einführung in das System Bioökonomie" des Springer-Fachbuchs "Das System Bioökonomie", dass bei einer rein pflanzlichen Ernährung rechnerisch weltweit etwa doppelt so viele Menschen von der gleichen Fläche ernährt werden könnten wie heute. "Es würden Agrarflächen frei, die zur Bioenergieproduktion oder anderweitig genutzt werden können. Beispielsweise könnte, wenn der Fleischkonsum halbiert würde, die Biokraftstoffproduktion um das 7,7-Fache steigen, was 14 Prozent der Treibhausgase im Verkehrssektor eindämmen würde", schreibt sie. Fügt aber direkt an, dass die Agrarproduktion im Hinblick auf das Bevölkerungswachstum und die steigende Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln in bevölkerungsreichen Ländern wie Indien und China laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen bis 2050 gegenüber 2005 um 60 Prozent steigen muss.

Fleischersatz auf Insektenbasis

Schlechter für die Umwelt als der pflanzliche Fleischersatz, aber immer noch besser als Fleischprodukte, schneidet Fleischersatz auf Insektenbasis in der UBA-Studie ab. Ihre Ökobilanz profitiert von der besseren Verwertung der Futtermittel durch die Insekten. Den Treibhausgasausstoß für die Produktion eines Kilos Fleischersatz auf Insektenbasis berechnet die Studie mit drei Kilogramm. Allerdings gibt es zu den Gesundheitswirkungen dieser Erzeugnisse laut den Studienautoren bislang nur wenig Erkenntnisse – oft würden sie mehr Eiweiß als Fleisch enthalten, aber auch ein Risiko für bestimmte Allergiker in sich bergen.

Ebenfalls in der Untersuchungen des UBA wurde In-Vitro-Fleisch einbezogen. Da derartige Produkte aber noch nicht am Markt verfügbar sind, würden sich seine Umweltauswirkungen nur schwer abschätzen lassen, es würden nur theoretische Annahmen zu Ökobilanzen vorliegen, heißt es. Nach denen könnte In-Vitro-Fleisch beim Wasser- und Landverbrauch besser als konventionell produziertes Fleisch abschneiden, beim Energieverbrauch schlechter. Aktuell erfolge die Produktion des In-vitro-Fleisches zu Forschungszwecken zudem in Nährmedien, die fetales Kälberserum enthalten, also das Blut ungeborener Kälber. Die Nutzung eines tierfreien Nährmediums sei jedoch entscheidend für die Frage, ob In-Vitro-Fleisch zukünftig ökologisch sowie in ethischer und gesundheitlicher Hinsicht vorteilhaft ist. Im Kapitel "Lebensmittel und Ernährung" des Springer-Fachbuchs "Lebensmittelchemie" wird In-Vitro-Fleisch folgendermaßen beschrieben: "In-Vitro-Fleisch (auch Laborfleisch oder clean meat genannt) stellt eine noch im Versuchsstadium befindliche Alternative zur konventionellen Fleischerzeugung dar. Dazu werden lebenden Tieren Stammzellen entnommen, um daraus in Zellkultur Muskelgewebe zu bilden. Ziel ist es, ein dem gewöhnlichen Fleisch entsprechendes Muskelfleisch zu erzeugen, das aber weniger ökologische und ethische Probleme aufwerfen soll."

Noch mangelnde Akzeptanz für Fleischersatzprodukte

Und wie ist es um die Akzeptanz dieser Alternativen zu Fleischprodukten bestellt? Was die Akzeptanz von Insekten als Nahrungsmittel betrifft, so ist diese laut Liza Marleen Ullmann relativ gering. Ullmann hat die Ergebnisse ihrer Masterarbeit im Kapitel "Fazit / Bildungsimplikation" des Springer-Fachbuchs "Akzeptanz von Insekten als Nahrungsmittel in Deutschland" zusammengefasst. Für die hatte sie untersucht, inwieweit deutsche Verbraucher derzeit dazu bereit sind, Nahrungsmittel aus Insekten zu probieren, zu kaufen und als Fleischersatz zu nutzen. Sie schreibt: "Sowohl die Bereitschaft den Insekteburger und die Buffalowürmer zu kaufen, als auch die Bereitschaft die Insektenprodukte als Fleischersatz zu nutzen, fiel im Vergleich zur Konsumbereitschaft geringer aus." Gegen die Abneigung und Angst bedürfe es sowohl in Schulen als auch in den Medien, wie z. B. Zeitungen, Fernsehen und Radio, Informationsvermittlung über die Eigenschaften und gesundheitlichen Vorteile sowie Herstellungsverfahren solcher Nahrungsmittel.

"In den letzten Jahren ist der Markt an pflanzlichen Fleischersatzprodukten in Deutschland stark gewachsen. Wurden im Jahr 2012 rund 156 Millionen Euro umgesetzt, verdoppelte sich der Umsatz bis zum Jahr 2015", heißt es im Kapitel "Innovative Nahrungsmittel" des Springer-Fachbuchs "Biologische Transformation". Die Studie des Bundesumweltamtes beziffert den Marktanteil von Fleischersatzprodukten am weltweiten Gesamtfleischmarkt mit einem geschätzten Anteil von 0,5 bis 0,6 Prozent im Jahr 2017 als sehr gering. In Deutschland liege der Anteil bei etwa sechs Prozent. Während in Deutschland der Umsatz der Fleischindustrie relativ stabil sei, würden Prognosen zudem zeigen, dass weltweit die Umsätze in den nächsten Jahren stark steigen; viel stärker als die Umsätze der Hersteller für Fleischersatzprodukte. Nur wenn Fleischalternativen, und hier insbesondere die auf Pflanzenbasis, stärker gefördert würden und ihr Marktanteil weltweit wachse, könnten sie einen Beitrag zu einer fleischärmeren Ernährung leisten, schreiben die Studien-Autoren. Und UBA-Präsident Dirk Messner sagt: "Solange der Preis der Lebensmittel aber nicht auch die Umweltschäden widerspiegelt, wird das billige Nackensteak noch länger den Vorzug vor einem Sojaschnitzel bekommen. Hier ist die Politik gefragt, diese Rahmenbedingungen zu verändern."

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