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2023 | Book

Unbestimmt und relativ?

Das Weltbild der modernen Physik

Editors: Helmut Fink, Meinard Kuhlmann

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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About this book

Quantentheorie und Relativitätstheorie haben das Weltbild der Physik revolutioniert. Beide Theorien gelten jedoch als unanschaulich und schwer verständlich. Dieses Sachbuch schafft neue Zugänge und lädt zum Mitdenken ein. Renommierte Experten aus Physik und Philosophie erläutern Grundbegriffe, Erkenntnisfortschritte und Deutungsfragen zu Raum, Zeit und Materie.

Dabei kommen typische Themen aus der Philosophie der Physik zur Sprache, wie etwa die Interpretationsdebatte der Quantentheorie oder Modellbildungen in der Kosmologie. Weltbildrelevante Fragen nach dem Verhältnis von Mathematik, Empirie und Anschauung oder nach der Verlässlichkeit physikalischer Erkenntnis erfordern die Verbindung von Physik und Philosophie, von fachwissenschaftlicher Grundlagenforschung und methodenkritischer Reflexion.

Der thematische Bogen geht zurück auf ein hochkarätig besetztes Symposium mit populärwissenschaftlicher Ausrichtung. Das Buch enthält Beiträge von Andreas Bartels, Robert Harlander, Paul Hoyningen-Huene, Gert-Ludwig Ingold, Claus Kiefer, Meinard Kuhlmann, Klaus Mainzer, Oliver Passon, Manfred Stöckler, Rüdiger Vaas und Reinhard Werner.

Table of Contents

Frontmatter
Einleitung: Wechselwirkungen zwischen Physik und Philosophie
Wechselwirkungen zwischen Physik und Philosophie
Zusammenfassung
Mit Relativitätstheorie und Quantentheorie hat die Physik im 20. Jahrhundert zwei große Revolutionen erlebt. Auf der Grundlage dieser mathematisch formulierten Theorien sind ehemals festgefügte Überzeugungen vom Aufbau der Natur ins Wanken geraten, so etwa der universelle Zeitbegriff und der Determinismus der klassischen Physik. Gleichwohl ist weder „alles relativ“ noch „alles unbestimmt“. In dieser Einleitung wird das Ringen um Fragen des physikalischen Weltbildes umrissen und die nützliche Rolle erläutert, die die Philosophie der Physik dabei spielt. In kurzen Zusammenfassungen der behandelten Einzelthemen wird schließlich der gedankliche Bogen deutlich, dem die Reihung der Beiträge im Aufbau des Buches folgt.
Helmut Fink
Revolution mit Hindernissen: Der steinige Weg von der neuen Physik zu einem neuen Weltbild
Der steinige Weg von der neuen Physik zu einem neuen Weltbild
Zusammenfassung
Man hat oft von der Revolution im Weltbild der Physik gesprochen, die durch die Relativitätstheorie und die Quantentheorie ausgelöst worden ist. Bücher über das Naturbild der heutigen Physik beschränken sich meist nicht auf die Darstellung von Grundstrukturen und Ergebnissen der Physik in einer Sprache, die einem größeren Kreis von Leserinnen und Lesern zugänglich ist, sondern thematisieren auch die Folgen, die die neuen physikalischen Theorien für allgemeinere Fragen haben. Zeigt die Quantentheorie z. B., dass der Determinismus der klassischen Physik aufgegeben werden muss? Können Teilchenbahnen und zeitlich sich verändernde Felder weiter als grundlegende Werkzeuge zur Beschreibung von Bewegungen verwendet werden? Müssen wir uns vielleicht sogar von der Vorstellung der objektiven Realität der Elementarteilchen verabschieden? Zweifellos sind Relativitätstheorie und Quantentheorie relevant für die Naturphilosophie und wichtig, wenn man nach einer kohärenten Gesamtsicht der Natur strebt. Aber sind die Änderungen in den metaphysischen, erkenntnistheoretischen und methodischen Annahmen, die in die naturwissenschaftliche Forschung eingehen, wirklich so einfach aus den Theorien der Physik ablesbar?
Manfred Stöckler
Vom geometrischen zum dynamischen Ansatz: Relativitätstheorien und die Natur von Raum und Zeit
Relativitätstheorien und die Natur von Raum und Zeit
Zusammenfassung
Wer sich den Relativitätstheorien mit einem philosophischen Blick nähert, stellt fest, dass die mehr als einhundert Jahre seit ihrer Entdeckung eine schwer überschaubare Vielzahl von Interpretationen hervorgebracht haben, die noch immer die Frage aufwerfen, was diese Theorien über die Natur von Raum und Zeit aussagen. Wer hat Recht, der Einstein des Jahres 1916, der in seinem Aufsatz Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie behauptet, die allgemeine Relativitätstheorie nehme „Raum und Zeit den letzten Rest physikalischer Gegenständlichkeit“ (Einstein 1916, S. 776), Tim Maudlin (2012), der in Philosophy of Physics. Space and Time fast einhundert Jahre später ausführt, die Theorie schreibe der Raumzeit eine objektive, intrinsische Geometrie zu, oder Harvey Brown (2005), der in Physical Relativity: Space-time structure from a dynamical perspective die Annahme einer intrinsischen geometrischen Natur von Raum und Zeit zurückweist und stattdessen die relativistischen Effekte bei Maßstäben und Uhren auf die Lorentz-Invarianz der Gesetze materieller Wechselwirkungen zurückführt?
Andreas Bartels
Das Messproblem der Quantentheorie und die Vielfalt der Interpretationen – eine kritische Bewertung
Zusammenfassung
Das sogenannte „Messproblem“ ist das zentrale Problem der Quantenmechanik, dessen Lösung das Potenzial hat, unsere Sicht der physischen Welt fundamental zu verändern. Das Problem besteht darin, dass die Quantenmechanik (QM) nicht zu dem passen will, was wir tatsächlich beobachten. Nach einer qualitativen und einer formalen Darstellung des Messproblems der QM werden in diesem Beitrag die Ansätze von Ghirardi, Rimini und Weber (GRW), von de Broglie und Bohm (dBB) sowie von Everett (Vielweltendeutung) besprochen und auf der Grundlage wissenschaftsphilosophischer Bewertungskriterien miteinander verglichen.
Meinard Kuhlmann
Bloß ungenau oder falsch? – Laborsprache und verborgene Variablen
Zusammenfassung
Die Quantenmechanik ist die Grundlage für fast alle Anwendungen der modernen Physik in Technik und Industrie. Die meisten Physiker, sowohl in der experimentellen als auch in der theoretischen Physik, arbeiten auf dieser Basis. Diese beiden Aspekte ergänzen sich hervorragend und auch die exotischeren, wenn nicht paradoxen Aspekte der Theorie finden neuerdings technische Anwendungen. Eine große internationale Forschungslandschaft mit Milliardenförderung widmet sich der Realisierung dieser Möglichkeiten der Quantenkommunikation, der Quantencomputer und der Quantensensorik. In diesem Beitrag werden die Schwierigkeiten diskutiert, über Quanteneffekte so zu sprechen, dass keine irreführenden Vorstellungen erzeugt werden. Dabei werden pragmatische Aspekte der Laborsprache erläutert, aber auch fundamentale Deutungsfragen im Spannungsfeld von Klassikalität und Lokalität berührt. Kritische Kommentare u. a. zu „wechselwirkungsfreier Messung“, Bohm’scher Mechanik und Vielwelten-Interpretation runden die Betrachtung ab.
Reinhard Werner
Von Einzelgängern und Teamplayern: Wie sich Fermionen und Bosonen in unserer Alltagswelt bemerkbar machen
Wie sich Fermionen und Bosonen in unserer Alltagswelt bemerkbar machen
Zusammenfassung
Ein wesentlicher Unterschied zwischen unserer Alltagswelt und der Quantenwelt besteht darin, dass sich einzelne Quantenteilchen der gleichen Sorte, zum Beispiel Elektronen, grundsätzlich nicht voneinander unterscheiden lassen. Dies hat zur Folge, dass in unserer dreidimensionalen Welt zwei fundamental verschiedene Klassen von Teilchen existieren können, Fermionen und Bosonen, deren Verhalten im ersten Fall eher an Einzelgänger und im zweiten Fall eher an Teamplayer erinnert. Wir werden sehen, dass diese Ununterscheidbarkeit von Quantenteilchen von grundlegender Bedeutung auch in unserer Alltagswelt ist.
Gert-Ludwig Ingold
Lichtteilchen?: Ein Versuch, etwas Licht auf Photonen zu werfen
Ein Versuch, etwas Licht auf Photonen zu werfen
Zusammenfassung
Die in Schule und Hochschule verbreitete Einführung des Lichtquanten- bzw. Photon-Konzepts enthält einige historische und fachliche Ungenauigkeiten, die einem angemesseneren Verständnis leicht im Wege stehen können. Dieser Beitrag korrigiert einige dieser problematischen Darstellungen, erläutert das aktuelle Photon-Konzept möglichst untechnisch und macht Vorschläge zu einer didaktisch günstigeren Behandlung.
Oliver Passon
Symmetrie und Symmeriebrechung: Grundlagen und Weltbild der Physik
Grundlagen und Weltbild der Physik
Zusammenfassung
Symmetrien werden in der Wissenschafts- und Kulturgeschichte als grundlegende Ordnungsmodelle verwendet. Damit stellt sich die Frage, ob sie von Menschen bloß ausgedacht wurden, um die Vielfalt der Erscheinungen zu ordnen, ob sie gar nur einem ästhetischen Bedürfnis entspringen oder ob es sich um Grundstrukturen der Natur handelt, die unabhängig vom Menschen existieren. In der Antike jedenfalls wurden Erkenntnis, Kunst und Natur aus einer gemeinsamen symmetrischen Grundordnung verstanden. In der Neuzeit bricht diese Einheit von Natur- und Humanwissenschaften auseinander. In der Kunst werden Symmetrien und Symmetriebrechungen auf subjektive Geschmacksurteile bezogen. In Mathematik und Naturwissenschaften bleiben Symmetrien und Symmetriebrechungen fundamentale Annahmen der Naturbeschreibung, deren Anwendung von der Entstehung der Urmaterie bis zur Evolution des Lebens reicht. Tatsächlich hängen aktuelle Entdeckungen und Gesetze in Kosmologie, Physik, Chemie und Biologie mit Symmetrie und Symmetriebrechungen zusammen. Ob aber diese mathematischen Strukturen tatsächlich fundamentalen Naturgesetzen entsprechen, entscheiden wie immer in der Physik am Ende Beobachtung, Messung und Experiment.
Klaus Mainzer
Das Standardmodell – Oder: Nichts hält länger als ein Provisorium
Oder: Nichts hält länger als ein Provisorium
Zusammenfassung
Dieser Beitrag bietet einen übergeordneten Blick auf das Standardmodell der Elementarteilchenphysik. Dabei steht weniger die Vollständigkeit im Vordergrund, als die Erläuterung der qualitativen Struktur des Modells, die klare Züge eines Provisoriums erkennen lässt. Um dies zu verstehen, werden auch einige Aspekte wie Feynman-Diagramme und die Rolle des Higgsbosons auf möglichst allgemein zugänglichem Niveau erläutert.
Robert Harlander
Gibt es Grenzen der physikalischen Naturbeschreibung? Die Sehnsucht nach einer vereinheitlichten Theorie
Die Sehnsucht nach einer vereinheitlichten Theorie
Zusammenfassung
Die Aufstellung einer vereinheitlichten Theorie der Naturbeschreibung gehört zu den bisher unerfüllten Wünschen der modernen Physik. In meinem Beitrag schildere ich die Gründe, die für die Existenz einer solchen Theorie sprechen und bespreche den gegenwärtigen Stand der Suche. Eine fundamentale Rolle spielt hierbei die Vereinigung von Gravitation und Quantentheorie.
Claus Kiefer
Gibt es grundsätzliche Erkenntnisgrenzen der Physik? – Realistische vs. instrumentalistische Interpretationen
Realistische vs. instrumentalistische Interpretationen
Zusammenfassung
Die Frage nach den grundsätzlichen Erkenntnisgrenzen der Physik wird hier verstanden als die Frage danach, welchen Status die Aussagen der Physik über unbeobachtbare Gegenstände haben, z.B. über den Urknall, über Quarks oder über dunkle Materie. Sind die diesbezüglichen Aussagen der besten physikalischen Theorien einfach wahr oder wenigstens annähernd wahr (realistische Interpretation)? Oder wenigstens wahrscheinlich? Oder handelt es sich um bloße Modellvorstellungen, die für Vorhersagen und ggf. technische Anwendungen praktisch sind, aber keinen Wahrheitsgehalt aufweisen (instrumentalistische Interpretation)? In diesem Aufsatz werden verschiedene solcher Möglichkeiten genauer vorgestellt und die wichtigsten einschlägigen Argumente für und gegen solche Positionen diskutiert.
Paul Hoyningen-Huene
Kontroversen um Universen: Sind Multiversum-Szenarien ein legitimer Teil der Wissenschaft?
Sind Multiversum-Szenarien ein legitimer Teil der Wissenschaft?
Zusammenfassung
Seit Menschengedenken und lange vor den evidenzbasierten, methodisch reflektierten Naturwissenschaften haben Menschen über das hinausgedacht, was ihnen unmittelbar durch die Sinneserfahrungen erscheint – Spekulationen über den unsichtbaren Mikro- und Makrokosmos eingeschlossen. Dieser Prozess ist noch nicht am Ende. Galt das Universum bislang per definitionem als einzigartig, mehren sich inzwischen die Indizien aus Kosmologie und Fundamentalphysik, dass es viele andere Universen geben könnte. Sie sind von unserem durch Raum, Zeit oder Extradimensionen getrennt – und haben vielleicht doch bizarre Auswirkungen. Mit der Annahme eines solchen Multiversums sollen außerdem viele grundlegende Fragen beantwortet werden: zum Beispiel nach der Ursache des Urknalls, der Richtung der Zeit und den scheinbar extrem genauen „Feinabstimmungen“ der Naturkonstanten, ohne die Leben, wie wir es kennen, unmöglich wäre. Welchen explanatorischen und wissenschaftstheoretischen Status können solche Hypothesen oder Spekulationen legitimerweise beanspruchen? Haben sie überhaupt einen Erklärungswert? Oder sind sie, wenn beziehungsweise weil nicht widerlegbar, nicht eher ein Gegenstand der Metaphysik (was nichts Verwerfliches wäre) oder aber ein Beispiel für Pseudowissenschaft (was intellektuell unredlich wäre)?
Rüdiger Vaas
Die Autoren
Zusammenfassung
Vorgestellt werden die Autoren des Bandes: Prof. Dr. Andreas Bartels (Bonn), Helmut Fink (Erlangen), Prof. Dr. Robert Harlander (Aachen), Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene (Hannover), Prof. Dr. Gert-Ludwig Ingold (Augsburg), Prof. Dr. Claus Kiefer (Köln), PD Dr. Meinard Kuhlmann (Mainz), Prof. Dr. Klaus Mainzer (München), PD Dr. Oliver Passon (Wuppertal), Prof. Dr. Manfred Stöckler (Bremen), Rüdiger Vaas (Stuttgart) und Prof. Dr. Reinhard Werner (Hannover). Die Kurzvita umfasst jeweils den akademischen Werdegang in Stichworten, die aktuelle Position im Wissenschaftsbetrieb, die Hauptarbeitsgebiete und wichtige Buchpublikationen.
Helmut Fink
Metadata
Title
Unbestimmt und relativ?
Editors
Helmut Fink
Meinard Kuhlmann
Copyright Year
2023
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-65644-0
Print ISBN
978-3-662-65643-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-65644-0

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