Intel hat einst das Chip-Geschäft dominiert. Jetzt muss der Branchenpionier auf die Kostenbremse treten. Was bedeutet der Sparkurs für das geplante Werk in Magdeburg?
Der kriselnde Halbleiter-Pionier Intel greift zu einem drastischen Stellenabbau, um schnell die Kosten zu senken. Rund 15.000 Arbeitsplätze – etwa 15 % der Belegschaft – sollen wegfallen, wie Intel-Chef Pat Gelsinger an die Mitarbeiter schrieb. Insgesamt will er zum kommenden Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar einsparen.
Für die geplante neue Chip-Fabrik in Magdeburg sind das schlechte Nachrichten. Zwar betonte Gelsinger, dass Intel an seiner Strategie "IDM 2.0" (Integrated Device Manufacturing 2.0) festhalten will. Diese sieht eine Erweiterung der eigenen Fertigungskapazitäten vor. Zu den konkreten Investitionsvorhaben in Deutschland, Frankreich und Italien verlor der Konzernchef jedoch kein Wort.
Intel soll Chip-Fertiger für andere werden
Die Job-Kürzungen bei Intel könnten sogar noch krasser ausfallen, als in der Mail an die Belegschaft angekündigt: In der Pressemitteilung war vom Abbau von "mehr als" 15 % die Rede – und die Zahl der Mitarbeiter wurde mit 116.500 bei Intel und gut 125.000 im Konzern samt Tochterunternehmen angegeben.
Zu Gelsingers Strategie für das Überleben von Intel gehört, stärker zum Auftragsfertiger für andere Chip-Entwickler zu werden. Dabei soll der Konzern modernste Produktionsverfahren meistern, um im Wettbewerb gegen etablierte Produzenten wie TSMC aus Taiwan zu bestehen. Zugleich positionierte Gelsinger seinen Konzern geschickt als Schlüsselelement der Pläne, wieder mehr Chip-Produktion aus Asien in den Westen zurückzuholen.
Folgen für geplantes Werk in Magdeburg?
Zu den Plänen gehört auch der Bau eines rund 30 Milliarden Euro teuren Werks in Magdeburg, in dem nach früheren Angaben die modernsten Produktionsverfahren zum Einsatz kommen sollen. Intel wartet noch auf Genehmigungen unter anderem für die Milliardensubventionen, die die Kosten abfedern sollen. Der erste Spatenstich wurde bisher bis Ende des Jahres angepeilt – mit einem Produktionsbeginn ab 2027.
Gelsinger betonte, dass die Auftragsfertiger-Strategie grundsätzlich bleibe. Bis es jedoch feste Bestellungen gibt, werde Intel darauf achten, nicht zu hohe Kapazitäten aufzubauen. Man habe auch Investitionspläne an die nun erwartete Marktentwicklung angepasst, sagte der Intel-Chef ohne nähere Details. Der Konzern wolle zugleich schneller die Früchte der hohen Investitionen ernten. Intel will auch in den USA neue Fabriken bauen und dafür Milliarden an Förderung kassieren.
Intel dominierte einst die Chipbranche, fiel dann aber zurück. Ein entscheidender Moment war der verlorene Kampf um den Platz in den heute allgegenwärtigen Smartphones. Intel hoffte, die Stärke im PC-Geschäft auf die Mobil-Geräte zu übertragen – doch bei den Computer-Handys setzten sich sparsamere Prozessoren mit Architekturen des britischen Chip-Designers Arm durch. Smartphone-Chips kommen somit in der Regel nicht von Intel, sondern von Wettbewerbern wie Qualcomm oder TSMC.
Druck bei PC-Prozessoren und KI
Inzwischen muss sich Intel auch um die Position im PC-Markt Sorgen machen. Apple stellte die gesamte Modellpalette seiner Mac-Computer auf Arm-Chips aus eigener Entwicklung um. Eine Folge waren deutlich längere Batterielaufzeiten. Im Sommer setzte auch Microsoft bei neuen Windows-PCs mit KI-Funktionen zunächst auf Chips mit Arm-Architektur wie den Snapdragon-Prozessor von Qualcomm. Computer mit Intel-Prozessoren sollen zwar folgen – diese müssen aber zunächst einmal auf den Markt kommen.
Derweil musste Intel vom Spielfeldrand zusehen, wie der einst viel kleinere Konkurrent Nvidia dank Chipsystemen zum Training Künstlicher Intelligenz zur heißesten Adresse in der Branche wurde. Intel versucht zwar auch, in dem Geschäft mitzumischen, liegt aber weit hinter Nvidia. Zu Intels Sparprogramm gehört auch, vom vierten Quartal an vorerst keine Dividende mehr zu zahlen. Die Kapitalausgaben sollen nun 20 % niedriger als ursprünglich angepeilt sein.
"Kosten zu hoch, Margen zu niedrig"
Gelsinger klang in der E-Mail an die Mitarbeiter recht dramatisch. Intels Kostenstruktur sei "nicht wettbewerbsfähig", schrieb er unter anderem. "Unsere Kosten sind zu hoch, unsere Margen sind zu niedrig." Der Umsatz sei im vergangenen Jahr 24 Milliarden Dollar niedriger gewesen als 2020 – aber die Mitarbeiterzahl 10 % höher. Entscheidungen dauerten zu lange und es gebe zu viele Reibungsverluste im System.
Im vergangenen Quartal verbuchte Intel einen Verlust von gut 1,6 Milliarden Dollar nach einem Gewinn von 1,48 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Der Umsatz sank im Jahresvergleich um ein Prozent auf 12,8 Milliarden Dollar (11,9 Mrd. Euro) und verfehlte damit die Erwartungen der Analysten.
Anleger verlieren das Vertrauen
Gelsinger nannte die Geschäftszahlen des vergangenen Quartals "enttäuschend". Und auch die Lage im zweiten Halbjahr werde schwieriger sein als bisher erwartet. Der Intel-Chef hatte Anleger zuvor oft auf die zweite Jahreshälfte vertröstet, in der Besserung zu erwarten sei. Sie ließen die Intel-Aktie im vorbörslichen Handel um über 20 % fallen.