Neue Technologien, Globalisierung, sich wandelnde Märkte sowie politische, gesellschaftliche und institutionelle Veränderungen erfordern neue Denkansätze und Sichtweisen. Verstärkte Teamarbeit und Kommunikation sind daher immer stärker gefragt. Und das gilt auch für die Unternehmensspitzen. Nur wenn das Zusammenspiel der Führungskräfte richtig funktioniert, sind die erforderlichen Transformationen zu stemmen.
Im Schatten des CEO
Dennoch mangelt es in deutschen Unternehmen offenbar an Aufmerksamkeit dafür, dass Führungsteams viele erfolgsentscheidende Leistungsbeiträge gemeinsam erbringen. Dabei haben gerade die diversen Geschäftsführungsmitglieder meist großen Einfluss darauf, wie das Unternehmen mit disruptiven Situationen umgeht und welche Maßnahmen ergriffen werden. Stattdessen agiert das Top-Management oft im Schatten des CEO.
Verbesserungspotenzial gibt es auch in punkto Aufsichtsrat. So bedauern viele Führungskräfte, dass diese Rolle eher passiv-beaufsichtigend ausgeübt wird, anstatt aktiv-beratend. Zudem seien die Gremien teilweise zu groß für zielgerichtete strategische Diskussionen.
Zu diesen Ergebnissen kommt jedenfalls die Studie "German Corporate Leadership in Disruptive Times" von Alvarez & Marsal (A&M) und dem WHU-Institut der Otto Beisheim School of Management. Sie basiert auf persönlichen Interviews mit 20 Aufsichtsrats- und Top-Management-Mitgliedern namhafter deutscher Unternehmen. Diese geben nicht nur einen Einblick, wie die Firmen mit der Disruption umgehen. Thema war auch ihr Rollenverständnis sowie das Spannungsverhältnis von Leadership-Teams aus Geschäftsführern, Vorständen und Aufsichtsratsmitgliedern.
Spannungsfeld an der Unternehmensspitze
Ausgehend von den Interviews haben die Studienautoren einen Praxisleitfaden für Führungsteams entwickelt. Dieser soll den Umgang mit den aktuellen Herausforderungen erleichtern und definiert unter anderem die fünf wichtigsten Eigenschaften, die ein CEO in Zeiten Wandels benötigt:
- überdurchschnittliche Intelligenz
- Fähigkeit zu unternehmerischem Denken und Handeln
- Wahrung von Disziplin und Transparenz
- Kennen der eigenen Grenzen
- Führungsqualitäten
Die A&M/WHU-Studie gibt auch Denkanstöße, woran es bei Leadership-Teams hapert und worauf es ankommt, wenn disruptive Kräfte und systemische Veränderungen am Unternehmen zerren:
Ansätze für Aufsichtsräte | Ansätze für Top-Management-Teams |
Zu viel "Aufsicht", zu wenig "Rat"
| Das große Ganze im Blick Ideale Managementteams verfügen über die kollektive Fähigkeit, das große Ganze zu betrachten. |
"Aufsichtsratsdefizite"
| Sparringpartner des CEO
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Tonangebende Aufsichtsratsvorsitzende
| Handeln statt Zusehen und Abwarten
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Volle Verantwortung Aufsichtsratsvorsitzende müssen in ihrem Gremium...
| An einem Strang ziehen
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Beziehungspflege Im Falle systemischer Störungen müssen Aufsichtsratschefs die Beziehung zum CEO besonders intensivieren. | Technikverständnis
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Spitzenposition mit fünf Funktionen Aufsichtsratsvorsitzende sind in kritischen Situationen für den CEO...
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Innovationskraft durch Mixed Teams
Wie die Studie zeigt, werden Aufsichtsräten einige Erwartungen entgegengebracht – nicht zuletzt, weil sie nicht betriebsblind sind und Expertise von außen mitbringen. Dass dies Transformationsprozesse in Unternehmen erheblich befördern kann, bestätigt Springer-Autor Heiner Lütjen. In dem Kapitel "Digitale Servitization" (Umsetzung digitaler serviceorientierter Geschäftsmodelle) verweist er auf empirische Befunde, die "zeigen, dass externes Wissen das Potenzial besitzt, die Innovationskraft maßgeblich zu steigern." (Seite 214) Und eben darum geht es schließlich: die Geschäftstätigkeit an sich ändernde Bedingungen anzupassen, sie weiterzuentwickeln, Trends frühzeitig zu erkennen und für Innovationen zu nutzen.
Von Vorteil ist dabei zudem, dass in Aufsichtsräten Menschen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen und Kompetenzen sitzen. Aus solcher Vielfalt schöpfen Unternehmen ihre Kraft, wie Felicitas Birkner in dem Beitrag "Macherpotenziale fördern" anmerkt. "Studien belegen längst, dass Unternehmen mit 'Mixed'-Teams und Mixed-Leadership-Konzepten deutlich höhere Erfolge erzielen können. Hier ergeben sich für Unternehmen hervorragende Chancen hin zu Kreativität, Problemlösungsqualität und Innovationsfähigkeit", schreibt die Springer-Autorin auf Seite 261. Denn die unterschiedlichen Fähigkeiten und praktischen Erfahrungen tragen dazu bei, Neues aufzunehmen und komplexe Zusammenhänge zu verstehen.