Laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren der Banken für Firmenkundenkredite sind laut dem Bundesgerichtshof nicht rechtmäßig.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 4. Juli 2017 entschieden, dass Banken auch von Unternehmenskunden keine Kreditbearbeitungsgebühren verlangen dürfen (Az. XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16). Der BGH argumentiert, bei den entsprechenden Klauseln handele es sich um so genannte Preisnebenabreden, die nicht dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung entsprechen. Die Vertragspartner, in diesem Fall Unternehmer, würden durch laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte benachteiligt. Bereits 2014 hatte der BGH entschieden, dass Banken Verbrauchern gegenüber keine Bearbeitungsgebühren für die Vergabe von Darlehen erheben dürfen. Seit 2017 dürfen außerdem Bausparkassen während der Darlehensphase von ihren Kreditnehmern keine Kontogebühr mehr verlangen.
Kreditinstitute sollen Preise frei aushandeln dürfen
Der Bankenfachverband sieht die aktuelle BGH-Entscheidung zu Fiirmenkundenkrediten kritisch. In einer Stellungnahme führt der Verband an, die Bearbeitungsentgelte bei gewerblichen Krediten seien "schon immer fester Bestandteil der unternehmerischen Freiheit und der Vertragsfreiheit". Sie besage, dass Unternehmer Verträge eigenständig miteinander aushandeln dürfen. "Genauso wie ein Gewerbetreibender seine Preise in mehrere Einzelbestandteile aufteilen darf, sollte dies auch Kreditinstituten möglich sein", sagt Peter Wacket, Geschäftsführer des Bankenfachverbands. Mit seinen Äußerungen erschüttere der BGH die Rechtssicherheit für Unternehmen", so Wacket weiter. Die Auswirkungen des Urteils auf die Finanzbranche seien nicht leicht abzuschätzen. "Sie hängen je nach Bank davon ab, in welchem Maße und auf welche Art Bearbeitungsentgelte genommen wurden."
Der Bankrechtsexperte Christof Lehnen von der Kanzlei Dr. Lehnen & Sinnig rechnet aufgrund der Entscheidung mit Konsequenzen für laufende Verträge der Kreditinstitute: "Die deutschen Banken sehen sich der größten Rückforderungswelle aller Zeiten ausgesetzt."
Walter Uebelhoer, Partner bei der Kanzlei Allen & Overy in München, sieht trotz der BGH-Entscheidung Spielraum für Banken im Kreditgeschäft mit Unternehmenskunden: "Es geht im vorliegenden Urteil um Bearbeitungsentgelte, die mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden sollen. Die Vertragsfreiheit zwischen Unternehmern und Banken bleibt also erhalten, Individualvereinbarungen bleiben wirksam. Die Vertragspraxis wird auf das Urteil reagieren. Vielfältige Gestaltungen sind denkbar, zum Beispiel die Vereinbarung von Gebühren für tatsächlich erbrachte Gegenleistungen jenseits der reinen Kreditvergabe. Im Einzelfall mag auch die Vereinbarung von Gebühren nach ausländischem Recht zu erwägen sein, dies aber nur bei geeigneten Fällen mit hinreichendem Auslandsbezug."