Zwar stabilisierte sich zu Jahresbeginn die Kreditnachfrage und im zweiten Quartal haben wieder mehr große und mittelständische Unternehmen über neues Kapital mit ihren Banken verhandelt. Doch einer nachhaltigen Trendwende fehlt die wirtschaftliche Erholung.
Im zweiten Quartal 2024 ist der Anteil kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die mit Banken über Kredite verhandelten, leicht auf 21,2 Prozent geklettert. Allerdings ist damit der seit zwei Jahren andauernde Seitwärtstrend auf niedrigem Niveau noch nicht durchbrochen. Erst mit einer Konjunkturerholung dürfte sich dies ändern. Diese sowie die mit einer geldpolitischen Lockerung verbundenden sinkenden Kreditkosten werden die Bereitschaft im Mittelstand wachsen lassen, wieder mehr Darlehen zur Deckung des Finanzierungsbedarfs zu nutzen. Zu diesem Schluss kommt das Analysehaus KfW Research in der KfW-Ifo-Kredithürde für das Frühjahr 2024, die Anfang August veröffentlicht wurde.
Die vierteljährliche Befragung unter rund 9.000 Unternehmen, darunter rund 7.500 Mittelständler mit weniger als 500 Beschäftigten ergab zudem, dass das Interesse an frischem Kapital bei Großunternehmen (GU) 32,9 Prozent betrug. Dieser Wert habe erstmals seit Sommer 2020 den Durchschnitt seit 2017 übetroffen.
Messlatte für Finanzierungen hängt wieder höher
Allerdings sind die Finanzierungsbarrieren über alle Großenklassen hinweg gestiegen. Bei den KMU empfanden mit 27,8 Prozent 1,5 Prozent mehr Betriebe die Vergabepolitik ihrer Bank oder Sparkasse als restriktiv. "Nach zwei Rückgängen in Folge einen Rückschlag", bewerteten die Studienautoren das Ergebnis. Bei den GU stieg der Anteil sogar um 5,1 auf 25,8 Prozent. Er übertrifft damit sogar den Höchstwert aus der Energiekrise 2022.
Die stagnierende wirtschaftlichen Erholung, die die Entwicklungsperspektiven und Kreditwürdigkeit der Unternehmen belastet, machen die Volkswirte für die Zurückhaltung der Finanzdienstleister verantwortlich. Eine Festigung des konjunkturellen Aufschwungs könnte die Kredithemmnisse allerdings verringern.
Anfang 2024 stabilisierte sich das Kreditgeschäft
Obwohl die Kreditneuvergabe an Unternehmen und Selbstständige zu Jahresbeginn 2024 erneut unter dem Vorjahresniveau lag, ist sie nur noch einstellig um 3,9 Prozent gesunken. In den beiden Vorquartalen lag der Rückgang im zweistelligen Bereich.
Das überraschende Wachstum der deutschen Wirtschaft im ersten Jahresviertel 2024 und das Ende des Zinsstraffungszyklus hat das Kreditgeschäft stabilisiert, schreiben die KfW-Ökonomen in ihrem Kreditmarktausblick vom Juli. Dennoch erschwerten hohe Zinsen, Lohnerhöhungen und Kostensteigerungen den Erholungskurs.
Weniger Investitionsfinanzierungen gefragt
Allerdings sank der Bedarf an Investitionsfinanzierungen zum Jahresstart. Die nominalen Investitionsausgaben waren um 0,9 Prozent zum Vorquartal geschrumpft. Unsichere Wirtschaftsaussichten und Preissteigerungen belasteten die Investitionstätigkeit stärker als die Finanzierungskosten, folgern die Studienautoren. Sie gehen davon aus, dass künftige Investitionen die Kreditnachfrage wieder stärker stützen, wobei der Einfluss der Anlageinvestitionen und des allgemeinen Zinsniveaus auf die Kreditnachfrage laut des Bank Lending Survey (BLS) bereits nachlasse.
Mehr Geld von den Banken und Sparkassen benötigten Unternehmen erstmals seit einem Jahr für Lagerhaltung und Betriebsmittel. Trotz eines Rückgangs der Unternehmensinvestitionen im ersten Quartal, seien für das zweite Quartal 2024 steigende Investitionsausgaben aufgrund verbesserter Absatzerwartungen und eines besseren Geschäftsklimas zu erwarten.
Unternehmen bevorzugen lanfristige Kredite
Die Darlehenszinsen für Unternehmen bewegten sich seit Oktober 2023 seitwärts, wobei langfristige Kredite weiterhin günstiger waren als kurz- und mittelfristige Kredite mit weniger als fünf Jahren Laufzeit. Dies stützte die Nachfrage nach langlaufendem Kapital, während mittelfristige Kredite aufgrund höherer Zinszahlungen gemieden wurden.
Im Juni hatte die Europäische Zentralbank erstmals seit fünf Jahren die Leitzinsen gesenkt. Dieser Schritt war allerdings vom Markt bereits erwartet worden war. Ob es ab September weitere Zinsschritte nach unten geben wird, ist aber aufgrund der noch immer zu hohen Inflationsrate und starkem Lohnwachstum unklar. Beobachter gehen davon aus, dass die Kreditzinsen in der zweiten Jahreshälfte mit der sinkenden Inflationsrate tendenziell abschmelzen werden. Das sollte die Finanzierungsbedingungen verbessern und das Neugeschäft stützen.