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05-07-2022 | Unternehmenskredit | Infografik | Article

Krieg gefährdet Stabilisierung im Firmenkundengeschäft

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Nachdem die Corona-Krise das Firmenkundengeschäft deutscher Banken und Sparkassen 2020 stark belastete, hat sich die Lage im zweiten Halbjahr 2021 deutlich verbessert, zeigt der aktuelle Bain-Corporate-Banking-Index. Doch der Ukraine-Krieg bremst diese Entwicklung wieder.

Die deutschen Banken und Sparkassen haben ihr Geschäft im Firmenkundensegment 2021 deutlich verbessert. Wie der Corporate-Banking-Index des Beratungshauses Bain & Company für das vergangene Jahr zeigt, lag der Wert für die Ertragsentwicklung Ende 2021 bei 143 Zähler nach 139 zur Jahresmitte und 130 im zweiten Halbjahr 2020. Bei der Profitabilität weist der Index mit 110 Punkten erstmals wieder das Niveau von 2015 aus. 

Für die Erhebung verarbeitet Bain zwei Mal im Jahr öffentlich zugängliche Daten deutscher Institute. Das Panel deckt rund die Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Banken ab und konzentriert sich auf Unternehmen, die sich verstärkt auf das Corporate Banking ausrichten und über eine entsprechende Segmentberichterstattung verfügen.

Kreditmarge steigt deutlich

Von einer Trendwende gehen die Bain-Experten trotz der positiven Zahlen aber noch nicht aus. "Derzeit ist nicht absehbar, inwieweit der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen für Lieferketten, Preise und Konjunktur in den kommenden Monaten das Firmenkundengeschäft belasten wird", erläutert Bain-Partner Christian Graf das Ergebnis der halbjährlich erscheinenden Analyse. "Zudem haben die Banken 2021 erheblich von den günstigen Refinanzierungsoptionen der Europäischen Zentralbank sowie den staatlichen Corona-Hilfen für die Wirtschaft profitiert, die nun nach und nach auslaufen."

Dank der verschiedenen Stützungsmaßnahmen kletterte die Kreditmarge in der zweiten Jahreshälfte 2021 auf 1,8 Prozent. Drei Jahre zuvor habe sie bei 1,1 Prozent gelegen, so die Analyse. Das Kreditvolumen im Firmenkunden-Segment ist bis Ende 2021 auf den Rekordwert von über 1,3 Billionen Euro gestiegen. 

Steigender Wettbewerb im Corporate Banking 

Von dieser Entwicklung profitierten vor allem die Sparkassen, die ihren Marktanteil ausbauten. Über Kooperationen realisieren sie zunehmend auch Finanzierungen bei größeren Mittelständlern, heißt es zur Begründung. Ein Weg, den laut Report auch immer mehr ausländische Institute für sich erschließen. Auch die Landesbanken zeigen nach ihrer Restrukturierung wieder mehr Engagement. 

"Die Wettbewerbsintensität im Corporate Banking bleibt hoch", kommentiert Bain-Partnerin Stefanie Jacobsen die Lage. "Dies zwingt jeden Marktteilnehmer, sich in ausgewählten Branchen oder Kundengruppen oder auch bei Produkten von der Konkurrenz abzuheben und parallel das Provisionsgeschäft zu forcieren." 

Dabei bemängeln die Analysten, dass die deutschen Geldhäuser im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz noch immer zu stark von zinsbasierten Geschäftsfeldern abhängig sind. Der Anteil des Zinsüberschusses an den Erträgen habe zwar im zweiten Halbjahr 2021 um sieben Prozentpunkte auf 69 Prozent abgenommen. Dies sei aber immer noch deutlich mehr als in ausländischen Märkten üblich. 

Transaction Banking und Cross Selling als Gewinntreiber

Jacobsen sieht die Branche trotzdem auf dem richtigen Weg. "Der Ausbau des Transaction Bankings und ein forciertes Cross Selling beispielsweise von Kapitalmarktprodukten tragen erste Früchte, die Provisionsüberschüsse steigen", erläutert die Branchenexpertin. "Höhere Gewinne schaffen zudem mehr Spielraum, um verstärkt in digitale Plattformen und Services investieren zu können." Zudem haben die Institute in der Vergangenheit ihren Verwaltungsaufwand zumindest stabilisieren können. 

Wesentlich für die höhere Profitabilität im vergangenen Jahr sei allerdings die Kreditrisikovorsorge gewesen, die sich nach dem pandemiebedingten Anstieg 2020 vor allem aufgrund der positiven Wirkung staatlicher Stützungsmaßnahmen normalisiert habe. Diese Entlastung habe in Verbindung mit den höheren Erträgen zu einem deutlichen Anstieg der Eigenkapitalrendite im Firmenkundengeschäft geführt. Mit sieben Prozent lag sie zuletzt nur noch leicht unter den Kapitalkosten. 

Mehr Erfolg mit ESG-konformen Produkten

Banken und Sparkassen sollten daher zukunftsträchtige Geschäftsfelder weiter ausbauen, an ihrer Kostendisziplin festhalten und die Kapitalumlaufgeschwindigkeit beispielsweise durch eine vermehrte Syndizierung und Verbriefung von Krediten erhöhen, lautet der Rat der Studienautoren. Neue Ertragschancen lägen unter anderem in der zügigen Erweiterung des Leistungsspektrums rund um ESG-konforme Produkte. 

"Gerade der Mittelstand ist auf die Banken als Finanzierungspartner angewiesen, um die Mammutaufgabe Dekarbonisierung zu bewältigen. Je früher die Institute hier Kompetenzen aufbauen, desto größer sind ihre Erfolgsaussichten", meint Branchenkenner Graf. Die beschleunigte Dekarbonisierung dürfte dazu beitragen, dass sich der Trend in Richtung stabiler bis steigender Kreditvolumina in den kommenden Jahren fortsetzt. 

Da die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf einzelne Branchen unterschiedlich sind, werden die Banken ihr Engagement dabei noch bewusster als bisher auf Sektoren beschränken, die wie erneuerbare Energien, Konsumgüter und Pharma weniger risikobehaftet sind. Dabei müssen sich die Institute "mit klaren Alleinstellungsmerkmalen positionieren", meint Graf. "Wer dies schafft, wird in den kommenden Jahren davon profitieren, dass Unternehmen verstärkt Finanzierungslösungen nachfragen. Alle anderen werden im harten Wettbewerb kaum Chancen haben, ihre Kapitalkosten zu verdienen."

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