Die Corona-Pandemie sorgt weltweit für wirtschaftliche Turbulenzen. Das gilt auch für den deutschen Mittelstand. Das zeigt sich zunehmend bei den Kreditkonditionen. Hier liegen die Hürden laut einer aktuellen Erhebung je nach Branche nun deutlich höher.
Für jedes siebte Unternehmen haben sich die Finanzierungsbedingungen zuletzt verschlechtert, vor allem für Firmen aus dem Dienstleistungsbereich. Das geht aus einer Sonderauswertung der Frühjahrsumfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung unter 1.300 kleinen und mittleren Unternehmen hervor, die am 27. April veröffentlicht wurde. Für sechs von zehn Unternehmen sind die benötigten Sicherheiten demnach verschärft worden. Für knapp 23 Prozent der Befragten haben sich die Kreditzinsen erhöht.
Pandemie verschlechtert das Kredit-Rating stark
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch der Bundesverband der KMU-Berater in einer aktuellen Umfrage. Dem zufolge gehen 86 Prozent der 113 Teilnehmer einer Online-Umfrage vom April 2021 davon aus, dass die Corona-Pandemie das Kredit-Rating vieler Unternehmen nach dem Jahresabschluss 2020 signifikant verschlechtern wird. Auf die Frage, wie sie auf schlechtere Ratings reagieren, antworteten die Firmenkundenspezialisten der befragten Kreditinstitute (eine Mehrfachauswahl war möglich):
- 83,2 Prozent der Banken reagieren mit höheren Anforderungen an das Reporting,
- 72,6 Prozent mit Nachbesicherung bestehender Engagements,
- 67,3 Prozent mit Preiserhöhungen und
- 55,8 Prozent damit, keine neuen Kredite zu vergeben.
Knapp elf Prozent der Unternehmen aus der Creditreform-Umfrage sagten allerdings auch, dass sie einen leichteren Zugang zu Finanzierungen erhalten hätten. Jeder dritte Befragte hat laut der Erhebung im vergangenen halben Jahr einen Kredit beantragt. Diese Zahl ähnelt dem Anteil vor neun Jahren. Hier dominieren laut Creditreform mittel- bis langfristige Laufzeiten von bis zu fünf und mehr als fünf Jahren. Kurzfristige Kredite haben laut der Umfrage nur 11,6 Prozent der Befragten in Anspruch genommen.
Größtes Problem war die eingeschränkte Sichtweise
"Das größte Problem war der freie Fall der Wirtschaft zu Beginn der Corona-Krise und die dadurch stark eingeschränkte Sichtweite", berichtet Christian Kolb, Bereichsvorstand Corporate und Institutional Banking von HSBC Germany, im Bankmagazin-Gespräch in der Januar-Ausgabe 2021. "Zu Beginn der Corona-Pandemie wusste keiner, wo die Entwicklung hingeht. Die meisten Unternehmen haben die Rollläden erst mal runtergelassen und Statussicherung betrieben", so Kolb. Sie dem Experten zufolge an ihre Kreditinstitute herangetreten und hätten nach zusätzlicher Liquidität gefragt.
"Zu Beginn der Pandemie war der Bedarf an Hilfen sehr groß", erinnert sich auch Hans-Jürgen Wolter, Projektleiter im Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn, gegenüber Springer Professional. Ihm zufolge wurde die Soforthilfe, die zwischen Ende März bis Ende Mai 2020 beantragt werden konnte, allein für rund 1,74 Millionen Selbstständige und Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten bewilligt. Alle anderen Hilfen, also Zuschüsse wie auch Kredite, waren aus seiner Sicht bei Unternehmen deutlich weniger gefragt.
"Ein Teil der mittelständischen Wirtschaft ist nur noch wenig von der Corona-Pandemie tangiert, weil diese Unternehmen sehr schnell unter Einhaltung eines Hygienekonzepts weitestgehend ungehindert weiterarbeiten konnten", erklärt Wolter. Einzelne Branchen, wie Bereiche des Verarbeitenden Gewerbes oder ITK-Dienstleister, profitieren laut Wolter sogar von der Krise. Dagegen sei ein weiterer Teil der mittelständischen Wirtschaft weiterhin stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie beeinträchtigt und benötige laut Wolter finanzielle Unterstützung.
Corona-Hilfen wirken
Doch es gibt auch gute Nachrichten. "Die Wirksamkeit der Corona-Hilfen bemisst sich vor allem am Ziel, grundsätzlich wettbewerbsfähigen Unternehmen das Überleben zu ermöglichen", erklärt Wolter. Da die Anzahl der Unternehmensschließungen gegenüber 2019 deutlich gesunken sei, deutet aus Sicht des Experten Einiges darauf hin, dass die Corona-Hilfen in Kombination mit den Maßnahmen, die Unternehmen selbst ergriffen haben, wirksam waren und es noch sind.
"Dies gilt auch für diejenigen Branchen, die besonders von den anti-pandemischen Maßnahmen betroffen sind, wie das Hotel- und Gaststättengewerbe, den Einzelhandel sowie die Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung", so Wolter. Hier bleibe allerdings abzuwarten, ob es nach Auslaufen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zu Nachholeffekten kommen werde.