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14-05-2020 | Unternehmenskredit | Schwerpunkt | Article

Banken knausern in Krisenzeiten bei Forschungskrediten

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Viele Unternehmen brauchen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, um langfristig überleben zu können. Doch notwendige Investitionen fallen laut einer ZEW-Analyse aus, wenn Banken in der Krise besonders kleinlich bei der Bonität sind.  

Leiden Unternehmen unter Einschränkungen bei der Kreditaufnahme, bleiben Investitionen in die eigene Forschung und Entwicklung (F&E) aus. Und wenn in einer Krise die Bilanzen der Hausbanken unter Druck geraten, gehen die Investitionen bei Firmenkunden mit geringerer Bonität besonders deutlich zurück. Das zeigt eine Studie des ZEW Mannheim in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dortmund, in der die Auswirkungen für F&E-Finanzierungen vor, während und nach der Finanzkrise von 2008 und 2009 untersucht wurden.

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Höherer Kreditbedarf in der Krise

Als Grundlage diente den Forschern das Mannheimer Innovationspanel (MIP). Die Innovationserhebung des ZEW wird seit 1993 jährlich durchgeführt und umfasst Informationen zu mehr als 20.000 Unternehmen, einschließlich der Haus- beziehungsweise Hauptbank jedes einzelnen Unternehmens. Zudem nutzen die Studienautoren Bankbilanzdaten von der Datenbank Bankscope und den Bonitätsindex des Informationsdienstleisters Creditreform. Die Bonität eines Unternehmens dient als Maß für interne Finanzierungsengpässe.

"Durch einen negativen wirtschaftlichen Schock können Unternehmen auf weniger Eigenkapital zur Finanzierung von F&E zurückgreifen", sagt Co-Studienautor Kornelius Kraft, ZEW-Forschungsprofessor sowie Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Dortmund. "Sie müssen deshalb vermehrt Kredite bei Banken aufnehmen, was dazu führt, dass ihre Finanzierungskosten steigen und die Investitionen in F&E sinken."

Interne Ratings bestimmen über die Kreditvergabe

Die eigentliche Bewertung des Unternehmens erfolgt über ein internes Rating, das Banken anhand verschiedener Kriterien durchführen, erklärt Edith Leitner. Im Buchkapitel "Bonitätsorientierte Finanzierungsstrategie" schreibt die Springer-Autorin auf Seite 177:

Interne Ratings werden von Kreditinstituten und Versicherungen – in einer potenziellen Gläubigerstellung – zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Vorgaben erstellt. Sie werden daher meist nicht publiziert. Beispiele für diese aufsichtsrechtlichen Vorgaben sind die im EWR-Raum geltende Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation/CRR) oder die für die Schweiz anwendbare Eigenmittelverordnung (ERV). Beide enthalten als Grundanforderung an ein Kreditgenehmigungsverfahren die 'aussagekräftige Beurteilung […] von Schuldner und Geschäft' wie auch eine 'Zuordnung jedes Schuldners zu einer Schuldner-Ratingstufe'."

Die von der CRR oder der ERV umfassten Institute haben laut Leitner dabei die Wahlmöglichkeit, Bonitätseinschätzungen von externen Ratingagenturen oder Exportversicherungsunternehmen zu übernehmen, oder auch eine eigene, interne Beurteilung zu entwickeln. "Im Gegensatz zu externen Ratings liegt der Fokus interner Ratings auf einjährigen Ausfallwahrscheinlichkeiten", so die Springer-Autorin.

Krisenbelastete Banken agieren besonders restriktiv

Die ZEW-Analyse belegt, dass sich Banken bei ihrer Finanzierungsentscheidung während der Finanzkrise der Nullerjahre neben der Bonität der Firmenkunden auch von Auswirkungen auf die eigene Finanzlage haben leiten lassen. Denn bei Instituten, die in ausreichendem Maße kapitalisiert waren, änderten sich die F&E-Kredite während und unmittelbar nach der Krise nicht im Vergleich zu vorher. Dagegen mussten von finanziellen Engpässen betroffene Unternehmen ihre F&E-Ausgaben in den Jahren 2007 bis 2009 besonders stark herunterfahren, wenn ihre Hausbank in Schieflage geraten war.

"Je länger diese Krise dauert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für massenhafte Firmeninsolvenzen, Einkommens- und Vermögensverluste, Kreditausfälle und eine deutliche Eintrübung der Staatsfinanzen", sagen Jan Philipp Fritsche und Patrick Christian Harms in ihrem Beitrag "Corona-Krise: (Wirtschafts-)politische Perspektiven" in der aktuellen Ausgaben von "Wirtschaftsdienst" (Ausgabe 4 | 2020) anlässlich der Corona-bedingten Lage.

Zwar gehen die Autoren davon aus, dass so lange die von der Geldpolitik veranlassten Maßnahmen ihr Ziel erreichen und die Liquiditätssituation im Finanzsystem stabil halten, kein Unternehmen alleine aufgrund unzureichender Liquidität den Betrieb einstellen muss. "Allerdings sind die Umsatz- und Gewinneinbußen teilweise so groß, dass insbesondere in kleineren und mittleren Unternehmen die dünne Kapitaldecke schnell aufgezehrt werden könnte." Derzeit würden daher diverse weitere Ideen diskutiert, die insbesondere Kleinunternehmern und Selbstständigen sowie besonders stark betroffenen Branchen durch die Krise helfen sollen.

Lösungswege für innovative Unternehmen 

Das ZEW Mannheim schlägt deshalb vor, während Krisen innovative Firmen zu subventionieren. "F&E ist von großer Bedeutung für das Wirtschaftswachstum und den technologischen Fortschritt einer Gesellschaft", betont Wirtschaftsexperte Kraft. Denn wenn Banken krisenbedingt selbst Kapitalisierungsprobleme haben, geben sie diese an Unternehmenskunden weiter, "die dann in der Kreditklemme stecken". 

"Innovationen sind wichtige Treiber für ökonomisches Wachstum und sind für erfolgreiche Volkswirtschaften von zentraler Bedeutung. In Ländern wie Deutschland, Finnland oder Großbritannien sorgen ein innovationsfreundliches gesellschaftliches Klima, die Entwicklung von Spitzentechnologien an Universitäten und Hochschulen sowie privatwirtschaftliche Innovationstätigkeit für langfristigen Wohlstand", schreibt auch Andreas Klasen im Buchkapitel "Staatliche Finanzierung für innovative Exportunternehmen" (Seite 199).  

Der Springer-Autor sieht mögliche Auswege in Garantien für beschränkt haftende Anteile von privaten Kapitalbeteiligungsgesellschaften an innovativen KMU (kleine und mittlere Unternehmen). Aber auch die Übernahme eines Teils des Risikos bei Krediten für strategische Investitionen, die in Innovationen fließen, sei ein Lösungsweg zum Beispiel für betroffene Export-Unternehmen.

Alle tagesaktuellen Beiträge rund um die Corona-Krise finden Sie hier

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