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07-07-2022 | Unternehmenskultur | Schwerpunkt | Article

Wie eine integrative Unternehmenskultur gelingt

Author: Annette Speck

4:30 min reading time

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Nur knapp ein Drittel der Beschäftigten fühlt sich in der eigenen Firma voll integriert, so eine Studie. Dass die Mehrheit anders empfindet, ist alarmierend. Arbeitgeber müssen mehr für Teilhabe und Inklusion tun. Sonst drohen Wettbewerbsnachteile.

Viele Unternehmen suchen händeringend nach neuen Mitarbeitenden. Bei den einen müssen in Rente gehende Babyboomer ersetzt werden, andere wollen expandieren und daher die Belegschaft aufstocken. Wiederum andere Betriebe haben in der Corona-Zeit Personal verloren und finden kein neues. Hinzu kommt – bislang insbesondere in den USA und Asien – die "Great-Resignation"-Kündigungswelle, die Personallücken in Belegschaften reißt.

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Betriebsklima und Unternehmenskultur

Bestandsaufnahme – Systematisierung – Vergleich

Mit den Themen Betriebsklima und Unternehmenskultur kommen wir alle in unserem beruflichen Alltag, aber auch als Konsumenten und Empfangende von Dienstleistungen in Berührung. Wir nehmen Stimmungen und Abläufe wahr und ordnen diese - bewusst oder unterbewusst - ein.

Angesichts dessen sind eine starke Mitarbeiterbindung und hohe Arbeitgeberattraktivität enorm wichtig. Eine integrative Unternehmenskultur, die Vielfalt, Wertschätzung und Teilhabe der Arbeitnehmenden sicherstellt, spiele hierbei eine entscheidende Rolle, stellt die Studie "The Fabric of Belonging: How to Weave an Inclusive Culture" der Unternehmensberatung Bain & Company fest.

Mangelnde Inklusion wird zum Risiko

"In Zeiten zunehmender Personalknappheit droht mangelnde Inklusion zu einem ernsthaften Risiko für die Unternehmen zu werden", warnt Bain-Partnerin und Organisationsexpertin Mareike Steingröve. Es greife aber zu kurz, einfach nur die Recruiting-Strategie zu ändern oder Diversity-Quoten einzuführen. Denn Beschäftigte fühlten sich nur dann wirklich zugehörig im Unternehmen oder Team, wenn sie in ihrer Individualität respektvoll behandelt, gefördert und zur vollen Teilhabe ermutigt würden.

Auch Springer-Autorin Andrea Sihn-Weber weist auf die "steigende Relevanz von Diversität und Inklusion zur nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft" hin und erklärt: "Für die Wirtschaft ist es – auch vor dem Hintergrund der Globalisierung und digitalen Transformation – von strategischer Bedeutung, nicht nur die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen […], sondern Diversität und Inklusion proaktiv zu nutzen und damit maßgeblich zu einer Verbesserung der Unternehmensperformance beizutragen." (Seite 2)

Inklusives Umfeld fördert Arbeitgeberattraktivität

So zeigt die Bain-Studie etwa, wie sehr Diversität und Integration inzwischen den Recruitingerfolg beeinflussen: Für fast zwei Drittel der rund 10.000 für die internationale Studie befragten Angestellten ist ein inklusives Umfeld ein wesentlicher Faktor bei der Entscheidung für einen neuen Arbeitgeber. Außerdem werben Angestellte, die sich voll und ganz akzeptiert fühlen, viel öfter für ihren Arbeitgeber. Der Studie zufolge liegt ihr Net Promoter ScoreSM, der die Weiterempfehlungsbereitschaft misst, bei plus 71 Prozent. Ganz anders sieht es bei Beschäftigten aus, die sich im Unternehmen als unzureichend geachtet empfinden. Hier beträgt der Wert minus 83 Prozent.

Ferner kündigen Mitarbeitende, die sich nicht als Teil des Ganzen fühlen, sechs Mal eher. Umso alarmierender ist es, dass nur rund 30 Prozent der Studienteilnehmenden angaben, in ihrer Firma voll einbezogen und geachtet zu werden; und zwar unabhängig von Hautfarbe, sexueller Orientierung, ethnischer Herkunft, sozialer Schicht oder Alter.

Eine integrative Firmenkultur wirkt nicht nur Frust und der inneren oder tatsächlichen Kündigung entgegen. Laut der Studie hat sie auch den Vorteil, dass die Mitarbeitenden eher bereit sind, sich neuen  Herausforderungen oder Aufgaben in der Firma zu stellen – und sie gehen damit auch kreativer um. Der Schluss: Je mehr sich ein Unternehmen um die umfassende Einbeziehung aller Beschäftigten bemühe, desto höher sei deren Leistungsbereitschaft und Innovationskraft.

Systemische und verhaltensbasierte Maßnahmen ergreifen

Gute Gründe also, mit systemischen und verhaltensbasierten Maßnahmen auf eine nachhaltige, integrative Firmenkultur hinzuwirken, meinen die Studienautoren. Drei Schritte seien dafür wesentlich:

Inklusions-Schritte

Maßnahmen

Effekte

Verpflichtung signalisieren

Klare Ziele zu Diversität und Inklusion kommunizieren und glaubhaft transportieren, dass Vielfalt und Teilhabe dem Management ein wirkliches Anliegen sind.

Schon diese erste Maßnahme steigert bei vielen Beschäftigten das Zugehörigkeitsgefühl.


Weiterentwicklung unterstützen

Programme für Beförderungen, Coachings und Fortbildung etablieren.

Die nächste Karrierestufe in Aussicht zu haben, stärkt das Empfinden, vollwertiges Mitglied des Unternehmens zu sein, ganz erheblich.


Zusammengehörigkeit verbessern

Begegnungen und Kooperationen mit Gleichgesinnten und Mentoren fördern.

Menschen fühlen sich gesehen, wenn sie Verbündete haben, die sie begleiten und ihnen Hilfestellung leisten.

Best-Practice-Beispiel aus Österreich

Doch wie lässt sich mehr Teilhabe und Inklusion in der Unternehmenspraxis am besten umsetzen? Ina Pfneiszl, Head of Sustainability & Reporting des österreichischen Gebäudemanagement-Dienstleisters Simacek, sieht es pragmatisch: "Wer Inklusion will, findet Lösungen". Das international agierende Unternehmen hat über 8.000 Beschäftigte. In manchen Sparten beträgt der Frauenanteil fast 70 Prozent. Vor allem Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind laut Pfneiszl sehr wichtige Ziele für Simacek. Dabei verbinde das Unternehmen Aktivitäten zur betrieblichen Frauengesundheitsförderung oftmals mit den Themen Integration, Bildung und Soziales. 

So wurden etwa mit der Initiierung einer Sprachen-App, die unter anderem Informationen für die Pflege von Angehörigen bereitstellt, Impulse für die gesamte Branche gesetzt, heißt es auf Seite 308. Weil Sprachhürden auch viele Alltagsangelegenheiten erschweren und so die Inklusion behindern, hat die Firma außerdem mit der Caritas Wien eine betriebliche Sozialberatung entwickelt und im eigenen Diversitätsmanagement etabliert.

Keine Gleichmacherei, aber Gemeinsamkeiten stärken

"Diversitätsmanagementaspekte werden in die gesamte Wertschöpfungskette eingebracht" erklärt Ina Pfneiszl. (Seite 309) Dabei ziele das Diversitätsmanagement nicht darauf, alle gleich zu machen, sondern die Unterschiede als Potenzial zu erkennen und wertzuschätzen sowie Gemeinsamkeiten zu stärken.

Folgende Diversity-Ziele hat sich die Firma Simacek gesetzt (Seite 311):

  • Reduzierung des Bildungsdefizits 
  • Erhöhung des Gesundheitswissens 
  • Soziale Besserstellung von sozial benachteiligten Personen erreichen 
  • Bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen 
  • Eine gesunde Führung durch Diversity-Kompetenzbildung
  • Generationenmanagement inkludieren 
  • Gleichbehandlungsaspekte in alle Prozesse integrieren
  • Geschlechtergerechtigkeit in alle Prozesse integrieren

Jährliche Audits im Rahmen des integrierten Managementsystems helfen dem Unternehmen dabei, zu sehen, wo es steht und was bisher geschafft wurde. Sie zeigen aber auch, wo eine Intensivierung nötig ist, um die gesteckten Ziele zu erreichen.

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