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31-01-2017 | Unternehmenskultur | Schwerpunkt | Article

Taugt Kollege Roboter zum Chef?

Author: Michaela Paefgen-Laß

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Aus der Montagehalle in die Dienstleistungsgesellschaft. Roboter dürfen gerne auch außerhalb der Produktion zugreifen. Aber sind sie in Bürokorridoren und Chefetagen wirklich willkommen?

Bitten der japanische Wissenschaftler Hiroshi Ishiguro und sein "Zwillingsbruder" zum Gespräch, schwanken Betrachter zwischen Faszination und Irritation. Ishiguros zweites Ich heißt Gemonoid HI-1 und ist als humanoider Roboter eine exakte Kopie seines Erbauers, in Aussehen, Gestik, Mimik, Tonfall. Sich von mobilen Plattformen durch den Baumarkt führen, im Krankenhaus die Medikamente bringen und daheim den Boden saugen lassen, das alles ist längst erprobt und partiell eingeführt. Roboter sind im Alltag auf dem Vormarsch. Doch nur so lange, wie sie sich wirklich als das identifizieren lassen, als das der Mensch sie betrachten will: technische Apparaturen, künstliche Intelligenzen, autonome Systeme, mobile Maschinen, elaborierte Automaten.  Ishiguros Zwilling dagegen erscheint jenseits der Labore regelrecht "creepy" und hat entsprechend mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Warum das so ist, erklärt das Phänomen des unheimlichen Tals, des "uncanny valley".  

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 Wenn die Psyche den Roboter ablehnt

"Uncanny Valley" ist das Schlagloch in der Mensch-Roboter-Begegnung. Es bedeutet, dass wir abrupt aufhören Roboter zu akzeptieren, sobald sie uns zu sehr zu ähneln. Denn dann geschieht das, was Hiroshi Ishiguro erleben musste, als er seine vierjährige Tochter mit ihrer eigenen kleinen Roboterkopie bekanntmachen wollte: Das Kind lief schreiend davon, wie Springer-Autor Richard Watson in "Uncanny Valley — Das Phänomen des "unheimlichen Tals" berichtet (Seite 137).  Schuld daran ist das menschliche Gehirn. Das erfasst den Roboter zunächst zwar als lebensecht, schlägt aber trotzdem in der Psyche Alarm, weil es im Ausdrucksverhalten und der non-verbalen Kommunikation Unstimmigkeiten wahrnimmt. Der Mensch erlebt Gefühle von Angst, Unbehagen und Befremdung. Erst wenn der humanoide Roboter zum Androiden wird, sich vom Menschen also nicht mehr unterscheidet, soll die Akzeptanz wieder hergestellt sein. Ist es vor diesem Hintergrund überhaupt vorstellbar, dass Mitarbeiter sich von einen Roboter im Chefsessel führen lassen? 

"Der Maschine fehlt die Empathie"

Wie aufgeschlossen Büromitarbeiter und Führungskräfte in den USA und Deutschland Kollege Roboter gegenüber treten, wollten die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt in der mit dem Forschungsinstitut Leap in Time durchgeführten Studie "Robots@work4.0" erfahren. Roboter, so ist sich Studienleiterin Ruth Stock-Homburg sicher, läuten ein neues Dienstleitstungszeitalter ein. Klassische Routinearbeiten und repetitive Aufgaben wie Botengänge, Dokumentation, Recherche oder Datenbankpflege können zunehmend von autonomen Robotern oder mobilen Plattformen erledigt werden. Das senkt Personalkosten und macht klassische Dienstleistungen entbehrlich. Unternehmen, so die Studienleiterin, hätten damit die Chance, neue Berufsfelder und konzeptionelle Jobs zu schaffen. Falsch sei aber, Roboter unreflektiert einzusetzen, ohne vorher zu wissen, wie sich die Veränderungen auf Beschäftigte, Unternehmenskultur und Kundenbeziehungen auswirken. 

Die rund 700 für die Studie befragten Büromitarbeiter und Führungskräfte witterten in Kollege Roboter zunächst einmal keine Konkurrenz, sondern eine wertvolle Unterstützung bei Arbeitsaufgaben, das gaben 82 Prozent an. Mehr als 60 Prozent können sich sogar einen Roboterassistenten an ihrer Seite vorstellen. Auf Augenhöhe würde allerdings nur jeder Dritte mit Robotern arbeiten wollen. Von ihm sogar geführt zu werden, könnten sich nur 15 Prozent der befragten Amerikaner und 8 Prozent der deutschen Teilnehmer  vorstellen. Dem humanoiden Chef trauen die Befragten weder Empathie noch Urteilsvermögen zu. Dennoch glauben rund 30 Prozent, programmierte Kollegen seien zu kreativen und emotionalen Verhaltensweisen fähig. 

Neue Kompetenzen für hybride Teams

Welcher Grad an Digitalisierung und Robotisierung Sinn macht, ist für Springer Autorin Swetlana Franken zur zentralen Frage einer vorwärtsgerichteten, demografie- und diversityorientierten Führung geworden. In "Führung 4D als Antwort auf neue Herausforderungen der Arbeitswelt"  nimmt sie Manager in die Pflicht, die kollektive Intelligenz aller Beschäftigten optimal zu nutzen, Talente zu erkennen und um sie herum zu organisieren, anstatt um sie herum verändern und verbessern zu wollen (Seite 49). Digitalisierung und Automatisierung werde dann nicht als Jobkiller wahrgenommen, wenn sie zum Vorteil des Menschen agiere, etwa bei der Assistenz älterer Mitarbeiter. 

Die Springer-Autoren Yasmin Mei-Yee Weiß und David Jonathan Wagner befürchten allerdings, dass lernende Roboter und künstliche Intelligenzen auf lange Sicht auch die anspruchsvollen, über Routinearbeiten hinausgehenden Jobs übernehmen könnten. "Die Zukunft der Arbeitswelten" wird ihrer Ansicht nach von hybriden Teams geprägt sein. Deshalb greife es zu kurz, so schreiben sie, wenn Unternehmen allein in die Verbesserung des technischen Verständnisses ihrer Mitarbeitern investieren. Auf die Interaktion mit intelligenten Systemen in der hypervernetzten digitalen Welt bereiten die drei "New Competencies" – die Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz – vor. Sie müssen gleichberechtigt gestärkt werden (Seite 206). Ob der zwischenmenschliche Kontakt auf Fluren und Etagen jemals um künstliche Systeme erweitert werden kann, hängt sicher auch vom Erscheinungsbild der Plattformen, Roboter, Humanoiden oder Androiden ab - und der Fähigkeit des Menschen sich daran gewöhnen zu wollen und können. 

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