Eigentlich ist alles ganz einfach: Die Menschen wollen, dass es ihnen am Arbeitsplatz gut geht. Was Beschäftigte sonst noch umtreibt und was Chefs auf die Agenda setzen sollten, verrät eine Studie im Auftrag von "Die Zeit".
Was erwarten Mitarbeiter von ihren Arbeitgebern? Aufbruch, voran kommen oder einfach weiter machen? Einen sehr privaten Blick auf das, was im Job wichtig ist, gestatten die Ergebnisse einer Umfrage, die das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (Infas) im Auftrag der Wochenzeitung "Die Zeit" unter gut 1.000 Beschäftigten quer durch alle Berufsgruppen und Altersklassen durchführte. Es klaffen demnach Lücken, zwischen dem, was im Job wirklich zählt und dem, was erfüllt ist. Und die Medien haben offenbar eine andere Wahrnehmung von den großen Themen der Arbeitswelt, als die Menschen vor Ort. Was also sollten Arbeitgeber über ihre Beschäftigten wissen?
Für deutsche Beschäftigte ist die Arbeit ein Ort, an dem sie sich "wohlfühlen" wollen. 84 Prozent der von Infas befragten Arbeitnehmer gaben das als oberste Priorität an. Für 61 Prozent ist das ein wichtiges Thema im Kollegenkreis, für 68 Prozent sogar im privaten Umfeld. Dass ihr Wunsch auch umgesetzt wird, erleben immerhin 65 Prozent. Die Ausgangslage ist also gut, um idealen Arbeitsglück fehlt trotzdem Entscheidendes.
Raus aus meinem Privatleben
Ganz sicher sind das weder Arbeitszeitreduzierungen, noch mobile Arbeitsplätze und damit Überschneidungen ins Private oder gar Sabbaticals. Hier übererfüllen die Angebote der Arbeitgeber sogar die knappe Nachfrage. Arbeitnehmer wollen offenbar nicht, dass die Grenzen zwischen Heim und Job verwischen. Aber, sie wollen Sicherheiten am Arbeitsplatz und dazu gehört auch, dass ihnen die Chance gegeben wird, sich weiter zu entwickeln. Von den Vorgesetzten dabei unterstützt zu werden, das wünschen sich 74 Prozent der Befragten, aber nur 47 Prozent sind wirklich zufrieden gestellt. In keinem anderen Punkt der Liste klaffen Wunsch und Wirklichkeit weiter auseinander.
Wunsch | wie wichtig | wie zufrieden |
1. Sich bei der Arbeit wohlfühlen | 84 % | 65 % |
2. Einen zukunftssicheren Beruf haben | 83 % | 67 % |
3. Langfristige Sicherheit des Arbeitsplatzes | 82 % | 68 % |
4. Geschlechtergerechtigkeit bei Karrierechancen | 75 % | 60 % |
5. Vorgesetzte, die Weiterentwicklung unterstützen | 74 % | 47 % |
19. Die eigene Arbeitszeit reduzieren | 35 % | 39 % |
22. Mobil arbeiten zu können | 30 % | 39 % |
23. Bei der Arbeit berufliches und privates verbinden | 28 % | 33 % |
24. Möglichkeit eines Sabbaticals | 20 % | 22 % |
25. In einem Betrieb mit einer bekannten Marke zu arbeiten | 18 % | 37 % |
Zwischen den Realitäten
Wenn der Wunsch-Zustand und der Ist-Zustand auseinander triften und der Arbeitsalltag stark vom eigenen Ideal abweicht, entsteht Unzufriedenheit. Wie Führungskräfte dazu beitragen können, dass Mitarbeiter "Arbeitsfreude" empfinden, beschreibt Springer-Autorin Sabine Schröder-Kunz in Mitarbeiterführung und -unterstützung für jedes Alter. Sie regt dazu an, Teammitglieder regelmäßig über ihre individuellen Zufriedenheitsfaktoren und deren Gewichtung reflektieren zu lassen, um so Bedürfnisse und Motive zu erfahren.
Dazu unterscheidet sie zwischen dem Bedürfnis als Kraft, "die das Verständnis, die Wahrnehmung, die Handlung und die Intention einer Person so beeinflusst, dass sie eine unbefriedigende Situation verändern kann" (Seite 153) - maßgeblich dafür verantwortlich sind die oben genannten Zufriedenheitsfaktoren -, und dem Motiv als eine im Zuge der Sozialisation erworbene, zeitlich stabile psychische Eigenschaft (Seite 153).
Wer erfahren will, muss fragen
Mit diesem Wissen, gilt es jedem Beschäftigen individuelle Rahmenbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten zu bieten, die für engagierte Arbeit nötig sind. Die Autorin gibt Führungskräften sieben Motivationstipps mit auf den Weg (Seite 170/172):
- Richtig Ziele setzen
- Stiften Sie Sinn und zeigen Sie Begeisterung
- Loben Sie Ihre Mitarbeiter
- Seien Sie aufmerksam
- Mitarbeiter gemäß ihren Stärken einsetzen
- Autonomie stärken
- Weiterentwicklung fördern
Der Zusammenhang zwischen Arbeitsmotivation und Wohlgefühl wird von den Medien unterdessen offenbar kaum erkannt oder thematisiert. Nur 28 Prozent aller Befragten bekommen Beiträge zu lesen, die immerhin ihr Top-Thema betreffen. Stattdessen wird knapp jeder zweite (48 Prozent) darüber informiert, dass die Digitalisierung Arbeitsplätze gefährde. Was wiederum als Gesprächsstoff weder im Privaten (23 Prozent) noch unter Kollegen (28 Prozent) wirklich relevant scheint. Für die Zukunft sollte also klar sein: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen auf der Arbeit glücklich sein, was sie dazu brauchen, lässt sich durch nichts anderes als aufmerksames Nachfragen erfahren.