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17-07-2012 | Unternehmensstrategie | Interview | Article

"Nicht den Kontakt zum Kunden verlieren"

Author: Eva-Susanne Krah

3:30 min reading time

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Die Automobilbranche muss sich neuen Herausforderungen stellen, denn die satten Umsatzzuwächse der letzten beiden Jahre sind vorbei. Neue Konzepte im Management von Produkten und Services sind gefragt. Mathieu Meyer, Global Head of Automotive bei KPMG, erklärt, wie Automobil- und Zulieferunternehmen im Automobil-Business von morgen gefordert sind.

Springer für Professionals: Herr Meyer, die Automobilbranche hat im vergangenen Jahr einen Boom erlebt und gut verdient. Trotzdem fordern Nachhaltigkeitsthemen, Energiewende und neue Servicebedürfnisse der Kunden, dass Automobilhersteller und Zulieferer sich für das Marktmanagement der Zukunft rüsten. Welche Top-Trends prägen aus Ihrer Sicht vor dem Hintergrund des Global Automotive Survey der KPMG den Automobilvertrieb der Zukunft und auf welche Veränderungen müssen sich Automobilmanager einstellen?

Mathieu Meyer: Der globalen KPMG-Studie zufolge, für die 200 Hersteller, Zulieferer, Händler, Finanz- und Mobilitätsdienstleister befragt wurden, werden alternative Antriebstechnologien, innovative urbane Mobilitätskonzepte, Mobilitätsservices, Finanzierungs- und Leasingoptionen sowie vernetzte Technologien als zukunftsweisende Entwicklungen gesehen. Diese werden natürlich auch maßgeblich den Automobilhandel beeinflussen. Beispielsweise reagieren bereits einige OEMs mit eigenen Vermietkonzepten, wie "Mü by Peugeot", auf die steigende Nachfrage nach Mobility Services. Die zunehmende Vernetzung des Autos erfordert es,  Servicedienstleistungen zu entwickeln, wie etwa die Möglichkeit, online Ferndiagnosen zu erstellen. Dabei sollte der Handel jedoch beachten, dass er nicht den Kontakt zum Kunden verliert, weil dieser automatische Softwareupdates dem Gang in die Werkstatt vorzieht.

Welche Konsequenzen sehen Sie für den Automobilhandel? Sind hier neue Strategien erforderlich, um die Kunden von morgen zu binden?

Mit einer alleinigen Vorherrschaft von rein virtuellen Vertriebskanälen ist nicht zu rechnen. Insbesondere die Einführung von Elektroautos wird die Kunden in die Autohäuser locken, um das neue Fahrgefühl persönlich zu testen. Insgesamt sieht sich der Automobilhandel mit einer zunehmenden Konsolidierung konfrontiert, und kleinere Händler dürften ohne einen starken strategischen Partner zunehmend Probleme bekommen. Ebenfalls problematisch bleibt die Situation im Gebrauchtwagensegment, wo bereits heute geringe Margen vorherrschen und die Entwicklungen durch E-Fahrzeuge kaum vorhersehbar sind.

Wie gestalten sich aus Ihrer Sicht die Anforderungen an Hersteller und Zulieferer mit Blick auf das Thema Elektromobilität im Kundenmanagement des Automobilhandels?

Durch Elektrofahrzeuge entstehen ganz neue Anforderungen in den Bereichen Reparatur und Service. Neben speziellen Werkzeugen erfordert die Durchführung auch spezifisches Fachwissen, das die Händler zunächst aufbauen müssen. Zudem gestaltet sich der Reparaturaufwand weitaus geringer, wodurch den Händlern Umsatzeinbußen drohen. Aufgrund der Höhe der notwendigen Investitionen und die geringeren Umsatzpotenziale im Bereich Service wird die Konsolidierung im Markt eventuell noch zunehmen.

Welche Konsequenzen hat das für die Käuferzielgruppen und die traditionellen Vertriebspartner der großen Automarken, die Fachhändler und markengebundenen Autohäuser?

Die steigende Popularität von Elektromobilität führt beispielsweise in Europa vermehrt zur Gründung unabhängige Start-ups, die neben Elektro-Autos auch oft Elektrofahrräder, -roller sowie Dienstleistungen anbieten. Diese „neuen“ Autohäuser konzentrieren sich insbesondere auf ein junges, urbanes Publikum. Für traditionelle Autohäuser besteht die Gefahr, im attraktiven Segment der Erstkäufer den Anschluss zu verlieren.

Hat das auch Auswirkungen auf die Produkte und Services, die in der Automobilbranche den Markt der Zukunft bestimmen werden? Wie können sich Manager darauf einstellen?

Ein flächendeckendes Angebot von Elektromobilen erfordert eine Erweiterung der ursprünglichen Angebotspalette. Zum einem sind im Vertrieb innovative Finanzierungsdienstleistungen wie Batterieleasing gefragt, zum anderen muss das gesamte System „Mobilität“ näher betrachtet werden. Hierbei sind beispielsweise auch intelligente Managementtools für den Batterieverbrauch oder zur Lokalisierung nahegelegner Ladestation von Bedeutung.

Wie werden sich im Automobilsektor Mehrwertleistungen wie Finanzservices/Versicherungen und sonstige Mehrwertservices entwickeln, die die Hersteller ja auch zunehmend selbst anbieten?

Leasingmodelle gewinnen durch Elektromobilität an zusätzlicher Bedeutung. Sie leisten für Automobilhersteller einen wertvollen Beitrag zur Markterschließung, da sie die Mehrkosten überschaubar gestalten und auch die Risiken der neuen Technologie für den Konsumenten abfedern. Heute schon sind einige Modelle verfügbar, und die Angebotspalette wird steigen. Problematisch wird sich zukünftig die Ermittlung von Restwerten gestalten, da sich aufgrund von mangelnden Erfahrungen und hoher technologischer Unsicherheit sich keine zuverlässigen Werte ermitteln lassen. Insgesamt werden zusätzliche Dienstleistungsangebote wie neue Services, Wartungspakete aber auch Versicherungs- und Bankleistungen ansteigen und zunehmend zum Standard gehören. Besonders großes Potenzial besteht in den Emerging Markets, da in diesen das Angebot an Leasing- und Finanzierungsangeboten noch vergleichsweise begrenzt ist.

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