Von einem Bergwanderer wurde 1976 auf einem Weg in den Mallnitzer Tauern eine Bronzespitze gefunden. Da die Fundstelle bei einem bekannten Römerweg lag, wurde angenommen, dass es sich um ein Römisches Artefakt handelt.
Die metallographische Untersuchung ergab, dass die Bronze eine hohe Porosität aufweist, was vermutlich auf Gasentwicklung durch Sauerstoff oder Wasserstoff zurückzuführen ist. Die Spitze ist korrodiert, und das ursprüngliche Metall hat einen Sn Gehalt von etwa 4 Gew.%.
Die Bronze ist dendritisch erstarrt und zeigt in den interdendritischen Bereichen geringe Cu2S Ausscheidungen. In den korrodierten Bereichen wurde eine übliche Anreicherung von Sn festgestellt.
Notes
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
1 Einleitung
In den Mallnitzer Tauern wurde 1976 auf einem bekannten Römerweg eine Bronzespitze gefunden. Der Fundort lag zwischen Jamnigalm und Hagener Hütte, näher bei letzterer (Abb. 1). Da die Alpen eine natürliche Barriere zwischen Süd- und Mitteleuropa darstellen, wurden bereits in der Frühzeit nach günstigen Wegen zur Überquerung gesucht. Daher wurden Wege und Straßen über die vorhandenen Pässe geführt [1]. Eine dieser römischen Passstraßen führte über den Mallnitzer Tauern, wobei die Hagener Hütte sehr nahe an der Passhöhe liegt. Südlich von Mallnitz lagen die römischen Orte Teurina (Villach) sowie Aguntum (Lienz), und im Norden befindet sich Gastein. Es wäre auch noch anzumerken, dass bereits die Römer in den Alpentälern von Gastein und Rauris nach Gold suchten [2, 3].
Um die Errichtung der Straße über die Mallnitzer Tauern innerhalb der römischen Kaiserzeit datieren zu können, wurde im Jahr 2011 begonnen, die im Gelände sichtbaren Reste der Straßentrasse zu untersuchen. Mit Metallsonden wurden die Trassen und die unterhalb gelegenen Abschwemmzonen systematisch abgesucht [4].
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Die Spitze war zwischen Steinen eingeklemmt und wurde zuerst für einen Löffelstiel gehalten. Da die Spitze verbogen war, ist sie während der Bergung in zwei Stücke gebrochen (Abb. 2).
Abb. 2
Bronzespitze aus den Mallnitzer Tauern a Foto, b Umzeichnung
Vom abgebrochenen breiten Ende der Spitze wurde mit einer Labortrennmaschine ein Stück abgetrennt und daraus drei Proben für die metallographische Präparation angefertigt.
Die Stücke wurden in Epoxidharz kalteingebettet. Die anschließende metallographische Präparation erfolgte stufenweise mittels Schleifen und Polieren bis zu einer Diamantkorngröße von 1 µm. Die Schliffe wurde im polierten Zustand und nach Ätzung mit Klemm 2‑Lösung untersucht.
Es wurden Lichtmikroskopie (LOM) und ein Rasterelektronenmikroskopie (REM) mit energiedispersiver Röntgenanalyse (EDX) verwendet. Für die Bestimmung der gesamten chemischen Zusammensetzung der Proben wurden zusätzlich Messungen mittels Röntgenfluoreszenzanalysen (RFA) an den metallographischen Schliffen durchgeführt.
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3 Untersuchungsergebnisse und Diskussion
3.1 Zusammensetzung
Die RFA Analyse ergab, dass es sich bei der vorliegenden Spitze um eine Zinn-Bronze handelt (Tab. 1). Der Sn-Gehalt von 9,8 Gew.% ist kritisch zu betrachten, denn aufgrund der Probengröße wurden auch Korrosionsprodukte erfasst. Es ist aber bekannt, dass Sn in den Korrosionsschichten angereichert wird [5, 6]. Eine EDX-Analyse in einem metallischen, nicht korrodierten Bereich der Bronze ergab etwa 4 Gew.% Sn. Mit RFA Analyse wurden auch 0,36 Gew.% As und 0,28 Gew.% S gemessen. Diese Werte für S stimmen ganz gut mit den EDX Messungen überein, jedoch wurde mit EDX kein As nachgewiesen. Die Anwesenheit von As in der Bronze deutet darauf hin, dass auch Fahlerze für die Gewinnung des Kupfers verhüttet wurden [7, 8].
TABELLE 1
RFA-Analysen der Bronzespitze aus den Mallnitzer Tauern. Mittelwert aus drei Messungen (Gew.%)
Mallnitz
Gew.%
Cu
88,74
Sn
9,81
As
0,36
S
0,28
Ni
0,32
Fe
0,07
P
0,06
Si
0,09
Al
0,05
Mg
0,18
Ca
0,03
3.2 Porosität der Bronze
In Abb. 3a und 4a ist zu sehen, dass die vorliegende Bronze sehr viele Poren enthält. Diese haben eine Größe zwischen 10 und 200 µm und unterschiedliche Formen, von rundlich bis länglich. Im schmäleren Ende der Probe (Abb. 3b) sind nur wenige Poren vorhanden, jedoch ändert sich dies drastisch zu den dickeren Bereichen (Abb. 3c, d und 4b, c). Diese Poren sind bei der Erstarrung der Bronze entstanden. In den REM Bildern sind in den Poren deutlich die Erstarrungsmuster zu erkennen (Abb. 4d–f). Die abgerundeten Bereiche entsprechen dem dendritischen Wachstum des Kupfers, und dazwischen ist der interdendritische Bereich mit der erstarrten Restschmelze. Aufgrund der Schrumpfung während der Erstarrung erscheinen die Bereiche mit der erstarrten Restschmelze eingesunken.
Abb. 3
Polierte Schnittfläche der Spitze aus Mallnitz: a Übersicht, b–d Verschiedene Bereiche mit unterschiedlicher Porenverteilung und -menge
Lunker in Gussteilen sind üblich, aber im vorliegenden Fall erscheint die Porosität viel zu hoch, um sie als Erstarrungslunker zu interpretieren. Daher besteht die Vermutung, dass zusätzlich auch Gasporosität auftritt [9‐11]. Von Kupfer und Kupferlegierungen ist bekannt, dass sich in der Schmelze Sauerstoff und/oder Wasserstoff lösen können. Während der Erstarrung werden diese Gase freigesetzt und führen zur Lunkerbildung.
Die Ursachen könnten sein, dass korrodiertes Recyclingmaterial verwendet wurde und beim Erschmelzen der Gusslegierung nicht reduzierend gearbeitet wurde. Dadurch konnte der Sauerstoff nicht entweichen. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass der Gusstiegel oder die Gussform feucht waren und dadurch Sauerstoff oder Wasserstoff in die Schmelze gelangten.
Es dürfte auch so sein, dass Zinnbronze anfälliger auf die Ausbildung von Gasporosität ist als reines Kupfer [12].
Auffällig ist, dass bei älteren Gussstücken keine Gasporosität beobachtet wurde [13‐16]. Archäologen haben auch festgestellt, dass die mechanischen Eigenschaften von Bronzeteilen mit der Zeit immer schlechter wurden. Dies hat dazu geführt, dass Waffen aus Bronze nur noch zu Repräsentationszwecken dienten.
3.3 Gefüge der Bronze
Das Gefüge der Spitze ist, abgesehen von den Poren, sehr gleichmäßig und lässt eine Erstarrungsstruktur erkennen (Abb. 5a, b). Die primär entstandenen Dendriten haben eine Länge von bis zu 400 µm (Abb. 5c, f). Die dendritisch erstarrten Bereiche sind im polarisierten Licht gut zu sehen (Abb. 5d, g). In den interdendritischen Bereichen sind nur bei hoher Vergrößerung kleine, helle Phasen erkennbar, welche hingegen im REM dunkel aussehen und die laut EDX Schwefel enthalten (Abb. 5e). Dies konnte auch mit einer EDX Elementverteilung veranschaulicht werden (Abb. 6).
Abb. 5
Gefüge Bronzespitze: a–d, f–h Klemm 2 Ätzung, LOM; d, g polarisiertes Licht; e REM
Dieses Gefüge reiht sich damit in jene bereits früher untersuchten Bronzegegenstände ein [15, 16].
3.4 Korrosionserscheinungen
An der Oberfläche der Bronzespitze wurden Korrosionsprodukte gefunden (Abb. 7). Wie Abb. 7a zeigt, ist die Korrosionsschicht auf einer Seite des Beils wesentlich dicker (bis etwa 0,5 mm) als auf der anderen Seite (bis etwa 0,2 mm). Alle Korrosionsbereiche haben aber gemeinsam, dass Sn angereichert wurde. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Cu Salze aus dem Korrosionsprozess löslich sind und abtransportiert werden, jedoch Sn als SnO2 unlöslich ist und in der Korrosionsschicht verbleibt [5]. Eine EDX Elementverteilung verdeutlicht dies sehr gut (Abb. 8).
Abb. 7
Unterschiedliche Bereich der Bronzespitze mit Korrosion: a, f, i REM; b–e, g, h LOM; c, e, h polarisiertes Licht; g, h Klemm 2 Ätzung
Es wurden auch Bereiche mit unterschiedlichen Korrosionsprodukten gefunden, wobei sich im polarisierten Licht das Cu2O (rot) und der Malachit (grün) gut unterscheiden lassen.
Abb. 7b und c zeigen eine Stelle, wo Cu2O in die metallische Bronze hineingewachsen ist und nur an der Oberfläche geringe Mengen an Malachit zu sehen sind. In den Bildern Abb. 7d bis f erfolgte die Korrosion an eine nahe der Oberfläche liegenden Pore. In direktem Kontakt zur Bronze ist wiederum Cu2O zu sehen, jedoch ist die Oberfläche der Pore mit einer deckenden Malachitschicht überzogen. Abb. 7g bis i zeigen den Übergang zwischen Bronze und einer malachitischen Korrosionsschicht. Die Inhomogenität in der Korrosionsschicht kann auf die Inhomogenität der ursprünglich dendritisch erstarrten Bronze zurückgeführt werden.
4 Schlussfolgerungen
Von einer 1976 in den Mallnitzer Tauern gefundenen Bronzespitze wird angenommen, dass es sich um ein Römisches Artefakt handelt.
Die metallographische Untersuchung ergab, dass die Bronze eine ungewöhnlich hohe Porosität aufweist. Es wird vermutet, dass es sich um eine durch Sauerstoff oder Wasserstoff verursachte Gasporosität handelt. Diese hohe Porosität führt zu einer Verschlechterung der mechanischen Bronzeeigenschaften.
Die ursprüngliche Bronze hat einen Sn Gehalt von etwa 4 Gew.% und enthält nur geringe Mengen an S und As als Verunreinigungen. Die Bronze ist gleichmäßig dendritisch erstarrt und zeigt in den interdendritischen Bereichen geringe Cu2S Ausscheidungen.
In den korrodierten Bereichen wurde eine übliche Anreicherung von Sn festgestellt. In Kontakt zur metallischen Bronze findet man oft Cu2O und darüber Malachit.
Danksagung
Unser Dank gilt unserem Kollegen Herrn Dr. Johannes Zbiral (TU Wien) für die RFA Messungen.
Interessenkonflikt
R. Haubner und S. Strobl geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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