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2017 | Book

Verallgemeinerte stochastische Prozesse

Modellierung und Anwendung technischer Rauschprozesse

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About this book

Dieses Lehrbuch behandelt die in Natur- und Ingenieurwissenschaften eine zentrale Rolle spielenden Rauschprozesse, wie weißes Rauschen in der Raumsondenkommunikation oder thermisches Rauschen und Schrotrauschen in elektronischen Bauelementen.In dieser Form einzigartig, entwickelt der Autor die mathematische Theorie der verallgemeinerten stochastischen Prozesse und spricht dabei die Anwendung dieser mathematischen Objekte in der Praxis (z.B. Schaltkreissimulation, digitale Nachrichtenübertragung und Bildverarbeitung) an; somit dient dieses Lehrbuch auch als praxisrelevante Einführung in die Modellierung und Verwendung technischer Rauschprozesse. Die mathematische Modellierung von Rauschprozessen führt auf die Theorie stochastischer Prozesse auf Basis verallgemeinerter Funktionen (Distributionen), ohne die kein Handy funktionieren und Anwendungen wie die Simulation komplexer elektronischer Schaltungen unmöglich wäre.Für Anwender und interessierte Mathematiker bietet dieses Werk erstmals einen mathematisch fundierten Einblick in diese Thematik.

Table of Contents

Frontmatter
1. Verallgemeinerte Funktionen
Zusammenfassung
Für den Vektorraum \(\mathbb{R}^{n}\), \(n\in\mathbb{N}\), über \(\mathbb{R}\) betrachten wir die Euklidische Norm
$${\|\bullet\|}_{2}:\mathbb{R}^{n}\to\mathbb{R},\quad\mathbf{x}\mapsto\sqrt{\mathbf{x}^{\top}\mathbf{x}}:=\sqrt{\sum_{i=1}^{n}x_{i}^{2}}$$
und bezeichnen eine Menge \(A\subseteq\mathbb{R}^{n}\) als offen, falls es zu jedem \(\mathbf{x_{0}}\in A\) eine reelle Zahl \(\varepsilon> 0\) gibt mit
$$K_{\mathbf{x_{0}},\varepsilon}:=\{\mathbf{x}\in\mathbb{R}^{n};\,{\|\mathbf{x}-\mathbf{x_{0}}\|}_{2}<\varepsilon\}\subseteq A.$$
Eine Menge \(U\subseteq\mathbb{R}^{n}\) heißt offene Umgebung von \(\mathbf{x_{0}}\in\mathbb{R}^{n}\), falls \(\mathbf{x_{0}}\in U\) und U eine offene Menge darstellt.
Eine Menge \(A\subseteq\mathbb{R}^{n}\) heißt abgeschlossen, falls das Komplement
$$A^{c}:=\{\mathbf{x}\in\mathbb{R}^{n};\,\mathbf{x}\notin A\}$$
offen ist. Sind für eine beliebige nichtleere Menge I Teilmengen A i , \(i\in I\), des \(\mathbb{R}^{n}\) abgeschlossen, so ist auch der Schnitt
$$A:=\bigcap_{i\in I}A_{i}$$
eine abgeschlossene Teilmenge des \(\mathbb{R}^{n}\).
Eine Menge \(A\subseteq\mathbb{R}^{n}\) heißt beschränkt, falls es ein \(\varepsilon> 0\) gibt mit
$$A\subseteq K_{\mathbf{0},\varepsilon}.$$
Abgeschlossene und beschränkte Teilmengen des \(\mathbb{R}^{n}\) werden als kompakt bezeichnet.
Stefan Schäffler
2. Stochastische Prozesse
Zusammenfassung
Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen ist ein Wahrscheinlichkeitsraum \((\Omega,{\cal{S}},\mathbb{P})\). Jeder Wahrscheinlichkeitsraum dieser Art modelliert ein Zufallsexperiment mit der nichtleeren Ergebnismenge Ω, deren Elemente die möglichen Ergebnisse des Zufallexperiments repräsentieren, der Ereignismenge \({\cal{S}}\), die eine σ-Algebra über Ω darstellt, und dem Wahrscheinlichkeitsmaß \(\mathbb{P}:{\cal{S}}\to[0,1]\), das jedem Ereignis \(A\in{\cal{S}}\) seine Wahrscheinlichkeit \(\mathbb{P}(A)\) zuordnet.
Hat man zudem einen Messraum \((\Gamma,{\cal{G}})\), also eine nichtleere Menge Γ und eine σ-Algebra \({\cal{G}}\) über Γ gegeben, so heißt eine Abbildung
$$X:\Omega\to\Gamma$$
Zufallsvariable, wenn sie \({\cal{S}}\)-\({\cal{G}}\)-messbar ist, wenn also für jedes \(A^{\prime}\in{\cal{G}}\) gilt:
$$X^{-1}(A^{\prime}):=\{\omega\in\Omega;\,X(\omega)\in A^{\prime}\}\in{\cal{S}}.$$
Durch eine Zufallsvariable X wird aus dem Messraum \((\Gamma,{\cal{G}})\) vermöge
$$\mathbb{P}_{X}:{\cal{G}}\to[0,1],\quad A^{\prime}\mapsto\mathbb{P}\left(X^{-1}(A^{\prime})\right)$$
ein Wahrscheinlichkeitsraum \((\Gamma,{\cal{G}},\mathbb{P}_{X})\) (Übungsaufgabe). Das Wahrscheinlichkeitsmaß \(\mathbb{P}_{X}\) wird als Bildmaß oder Verteilung von X bezeichnet.
Stefan Schäffler
3. Stochastische Differentialgleichungen
Zusammenfassung
Untersucht man die Kondensatorspannung U c in einem LRC-Glied (siehe Abb. 3.1), so ist das Anfangswertproblem
$$LC\ddot{U}_{C}(t)+RC\dot{U}_{C}(t)+U_{C}(t)=U(t),\quad t\geq 0,\;U_{C}(0)=U_{0},\;\dot{U}_{C}(0)=\dot{U}_{0}$$
zu lösen. Nimmt man nun wieder an, dass die Spannung U additiv durch ein Gaußsches weißes Rauschen auf \(\mathbb{R}^{+}_{0}\) gestört ist, so ergibt sich ein AR(2)-Prozess \((Y_{t})_{t\in[0,\infty)}\) mit \(a_{0}=1\), \(a_{1}=RC\), \(a_{2}=LC\), \(y_{0}=U_{0}\), \(y^{(1)}_{0}=\dot{U}_{0}\). Berücksichtigt man zusätzlich das thermische Rauschen im Widerstand, so ist R durch \(R+u_{R,t}\) zu ersetzten, wobei \((u_{R,t})_{t\in\mathbb{R}^{+}_{0}}\) ein bandbegrenztes weißes Rauschen repräsentiert. Da alle Pfade von \((u_{R,t})_{t\in\mathbb{R}^{+}_{0}}\) stetig sind, kann die Lösung der homogenen Gleichung
$$LC\ddot{U}_{C}(t)+(R+u_{R,t})C\dot{U}_{C}(t)+U_{C}(t)=0,\quad t\geq 0,\;U_{C}(0)=U_{0},\;\dot{U}_{C}(0)=\dot{U}_{0}$$
pfadweise unter Verwendung der Theorie gewöhnlicher Differentialgleichungen
$$\dot{\mathbf{y}}(t)=\mathbf{A}(t)\mathbf{y}(t)\quad\text{f{\"u}r alle}\quad t\in[0,\infty)$$
mit \(\mathbf{y}(0)=\mathbf{y}_{0}\) berechnet werden. Die Berechnung der inhomogenen Lösung ist nun aber nicht mehr durch ein Wiener-Integral möglich, da der entsprechende Integrand jetzt auch von \(\omega\in\Omega\) abhängt. Wie wir bereits gesehen haben, ist die Spektraldichte eines bandbegrenzten weißen Rauschens im relevanten Frequenzband gleich α > 0 und ansonsten gleich Null. Der Grenzübergang führt also zu einer konstanten Spektraldichte und somit zu einem weißen Rauschen. Da in der Praxis thermisches Rauschen stets durch den Grenzübergang idealisiert wird und da dabei stets Gaußsche stochastische Prozesse betrachtet werden, haben wir im Folgenden eine Theorie zu entwickeln, die auf der linken Seite eines Anfangswertproblems Gaußsches weißes Rauschen als Koeffizienten von Ableitungen ermöglicht. Da die Lösung von Differentialgleichungen stets mit Integration verbunden ist, wird somit in einem ersten Schritt eine Integrationstheorie benötigt, die als Integranden das Produkt spezieller stochastischer Prozesse mit Gaußschem weißem Rauschen zulässt. Dieser als bekannte Integralbegriff soll im Folgenden eingeführt werden.
Stefan Schäffler
4. Verallgemeinerte Zufallsfelder
Zusammenfassung
Seien \((\Omega,{\cal{S}},\mathbb{P})\) ein Wahrscheinlichkeitsraum und \((H,{\cal{H}},\mu)\) ein Maßraum. Mit
$${\cal{H}}_{\mu}:=\{M\in{\cal{H}};\,\mu(M)<\infty\}$$
bezeichnen wir einen stochastischen Prozess \((X_{M})_{M\in{\cal{H}}_{\mu}}\) bestehend aus reellen Zufallsvariablen
$$X_{M}:\Omega\to\mathbb{R}$$
als Mengen-indiziertes Zufallsfeld. Der stochastische Prozess \((X_{M})_{M\in{\cal{H}}_{\mu}}\) wird als μ-Rauschen bezeichnet, falls die folgenden Bedingungen erfüllt sind:Fordert man zudem, dass die Zufallsvariablen X M gemeinsam normalverteilt sind, so spricht man von einem Gaußschen μ-Rauschen. Wählt man zum Beispiel
$$\mathscr{C}(X_{M_{1}},X_{M_{2}})=\mu(M_{1}\cap M_{2})\quad\text{f{\"u}r alle}\quad M_{1},M_{2}\in{\cal{H}}_{\mu},$$
so gibt es nach [AdTay07] ein entsprechendes Gaußsches μ-Rauschen.
Stefan Schäffler
Backmatter
Metadata
Title
Verallgemeinerte stochastische Prozesse
Author
Stefan Schäffler
Copyright Year
2017
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-54265-1
Print ISBN
978-3-662-54264-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54265-1