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28-03-2017 | Vergütung | Schwerpunkt | Article

Steht Frau sich am Ende selbst im Weg?

Author: Michaela Paefgen-Laß

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Ist Benachteiligung im Job eine Frage von Wahrnehmung und Habitus? Frauen bremsen ihre Karrieren selbst aus, da sie sich nur schwer von einem tiefverwurzelten Prinzip lösen können, so Springer-Autorin Noëmi Lellé. 

Nach der Zeitrechnung des Equal-Pay-Day wurde dieser Artikel am ersten Werktag des Jahres 2017 geschrieben, an dem berufstätige Frauen in Deutschland angefangen haben für Geld zu arbeiten. Theoretisch. Praktisch wird Frauen, genauso wie den männlichen Kollegen, Monat für Monat reguläres Gehalt überwiesen. Weil das allerdings um 21 Prozent niedriger liegt, haben sie im diesem Jahr vom 1. Januar bis zum 18. März quasi umsonst gearbeitet. Oder anders gerechnet: Dort wo Männern derzeit ein Euro ausgezahlt wird, erhalten Frauen nur 79 Cent. 

Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) in seiner jüngsten Veröffentlichung zum Equal-Pay-Day mit. Die Gehaltslücke schließt sich den Statistikern zufolge nur langsam. Sie klafft vor allem wegen der unterschiedlichen Branchen- und Berufswahl, sowie der Tatsache, dass Frauen seltener Führungspositionen begleiten, dafür aber eher bereit sind, sich auf auf Teilzeitregelungen und geringfügige Beschäftigung einzulassen. Ungleichbehandlung im Job ist ein Thema mit vielen Facetten.

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Karriere zwischen Wahrnehmung und Erwartung

Rund um den Erdball fühlen sich drei von zehn Arbeitnehmerinnen benachteiligt und diskriminiert. Das ergab eine aktuelle Umfrage von Pricewaterhouse Coopers (PwC). Für die Studie "Winning the fight for female talent" gaben weltweit 4.792 Angestellte, überwiegend Frauen (82 Prozent), Auskunft über gefühlte Geschlechterungerechtigkeiten in der Arbeitswelt. Gefragt nach den Barrieren, die sich Frauen auf dem Weg zur Karriere in den Weg stellen, scheint es fast so, als sei das Ungleichgewicht in der Arbeitswelt auch Ansichtssache:

Die Umfrageergbnise im Überblick:
  • 35 % aller Frauen haben den Arbeitgeber schon einmal wegen mangelnder Aufstiegsmöglichkeiten gewechselt
  • 30 % aller Frauen glauben, Unternehmen würden im Zweifel eher Männer einstellen 
  • 21 % aller Frauen gaben an, in Bewerbungsverfahren Opfer von Geschlechterdiskriminierung geworden zu sein
  • 36 % der Frauen in Deutschland fühlen sich immer noch oder wieder stärker diskriminiert 
  • 45 % aller Frauen nehmen in Auswahlverfahren den Einfluss von Geschlechterstereotypen wahr
    • dem stimmten 18 % der parallel befragten Arbeitgeber zu
  • 42 % aller Frauen glauben, dass Arbeitgeber sich von Kosten und Auswirkungen des Mutterschutzes abschrecken lassen
    • dem stimmten 16 Prozent von Arbeitgeberseite zu
  • 29 % aller Frauen glauben, dass sie ihre Karrieren weniger aggressiv verfolgen als Männer
    • dem stimmen 21 % der Arbeitgeber zu
  • 38 Prozent der Arbeitgeber nehmen einen Mangel an geeigneten Kandidatinnen wahr
    • dem stimmten 15 % der befragten Frauen zu
  • 24 % der Arbeitgeber meinen Berufe in der Industrie seien für Frauen nicht attraktiv
    • dem stimmten 14 % der Frauen zu


Wenn sich der Gender-Pay-Gap auch daraus erklären lässt, dass die Gesellschaft nach wie vor so ausgerichtet ist, dass sie Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung als Produkte für eine vornehmlich weibliche Zielgruppe rezipiert. Frauen das als gemeinschaftliche Entscheidung oder Common-Sense verinnerlicht haben. Wenn die gegenseitige Wahrnehmung von Arbeitgebern und potentiellen Bewerberinnen schon vor dem Zustandekommen von Recruitingverfahren in maßgeblichen Punkten auseinander triftet. 

Dann ist es offenbar an der Zeit, beiderseits Bestätigungsfehler zuzugeben. Bestätigungsfehler entstehen und firmieren sich nämlich dann, wenn Menschen ausschließlich die Informationen und Wahrnehmungen zulassen, die ihre Weltsicht bestätigen. Übertragen auf die Arbeitswelt lässt das den Schluss zu, dass Barrieren in der Berufswelt auch entstehen, weil die Geschlechter es nicht gelernt haben, zugeschriebene Rollen und damit sämtliche einhergehende Klischees kritisch zu hinterfragen. An den Perspektiven muss gerüttelt werden. Doch wie lässt sich das bewerkstelligen? 

Männliche Herrschaft als Prinzip

Frauen im Job sind neben vielen Vereinbarkeitsproblemen einem Zwang ausgesetzt, den die meisten Männer nicht erfahren müssen: Dem Rechtfertigungszwang. Ursache dafür, so fand Springer-Autorin Noëmi Lellé in Interviews mit beruflich erfolgreichen Frauen heraus, ist das im Habitus der Geschlechter verwurzelte Prinzip der männlichen Herrschaft. "Wenn eine Frau sehr konform ist mit dem weiblichen Habitus, wird sie kaum Karriere machen", schreibt Lellé in der Schlussbetrachtung ihrer Analyse (Seite 280). 

Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind für die Autorin ein selbstgemachter Dualismus, entstanden aus der symbolischen Ordnung und verinnerlichten Platzzuweisungen. Die Geschlechterordnung, so verstanden, als Erfindung der Gesellschaft und "tief verwurzeltes Prinzip der Regelung sozialer Beziehungen" (Seite 262) lässt sich allerdings aufbrechen. Wie das zu bewerkstelligen ist, beschreibt Lellé in der Zusammenfassung ihrer Forschungsergebnisse. "Erst wenn die Frau ihre eigenen Erwartungen, ihr Selbstbild auf Dinge richtet, die ausserhalb der männlichen Herrschaft liegen, kann sie auch ausserhalb der männlichen Herrschaft handeln. So zum Beispiel die erfolgreiche Bekleidung einer Führungsposition" (Seite 269). 

Genderbewusst in Sprache und Bildern

Sollen Stereotype und Klischees aus der Arbeitswelt verschwinden und Gleichheit zwischen den Geschlechtern hergestellt werden, muss Sprache und Kommunikation reflektiert verwendet werden. Recruiting und Personalmanagement brauchen dingend eine genderbewusstere Sprache, fordern die Springer-Autorinnen Simone Schönfeld und Nadja Tschirner. Mangels Vorbildern falle es Frauen schwer, sich beruflichen Erfolg überhaupt erst vorzustellen. Bringen sie den Mut zur Karriere dennoch auf, geraten sie unweigerlich in ein Dilemma: Frauen tendieren zur Annahme nicht als kompetent wahrgenommen zu werden. Der Grad an gendersensiblen Formulierungen und Bildern mit denen ein Unternehmen wirbt und kommuniziert, bestimmt daher das Maß, in dem Frauen sich ausgegrenzt oder angesprochen fühlen. 

In der Kommunikation nach außen spricht eine genderbewusste Ausdrucksweise die Frauen an: Funktionsbeschreibungen sollten nicht mehr geschlechtsneutral, sondern in der männlichen und weiblichen Form benutzt werden. Nicht ganz so gut wirken Abkürzungen. Die Betonung eher männlicher Eigenschaften in den Anforderungsprofilen spricht Frauen nicht an. (Simone Schönfeld und Nadja Tschirner "Frauen gewinnen:Erfolgreich rekrutieren mit einer gezielten Ansprache", S.65)

Und das können Frauen tun, um sich zu positionieren: In Meetings und Besprechungen Füllwörter, Konjunktive, häufiges Fragen und Entschuldigen ebenso vermeiden, wie die Idee für jedes Problem eine Lösung und jede Auseinandersetzung eine Regelung parat haben zu müssen. Sich in der Vorbereitung weniger auf Inhalte, Zahlen und Informationen fokussieren und mehr an der eigenen Rhetorik und Gesprächsstrategie arbeiten (Seite 64).

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