An größeren Anstrengungen für den Klimaschutz kommt kein Unternehmen vorbei. Gefördert werden kann dies durch Vergütungsanreize für Fortschritte bei der Nachhaltigkeit. Primär große Konzerne machen vor, wie es geht.
Nachhaltigkeit und Environmental Social Governance (ESG) sind die Buzzwords der letzten Jahre und Unternehmen betonen gern ihr diesbezügliches Engagement. Und das obwohl nicht einmal jede zweite Führungskraft die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen kennt, wie die Führungskräftebefragung 2021 der Wertekommission und des Institute for Lifelong Learning der TU München ergab.
Ein Sustainability-Zielbild entwerfen
Dessen ungeachtet steht Nachhaltigkeit laut der Horváth-Studie "Spotlight on Sustainability" an dritter Stelle der Top-Prioritäten der Unternehmen, gleich nach der digitalen Transformation und Cyber-Sicherheit. So bezeichnen 53 Prozent der im Frühjahr 2022 befragten 280 Topmanager und -managerinnen ökologisches Wirtschaften und eine nachhaltige Unternehmenssteuerung als sehr wichtig (2021: 51 Prozent).
22 Prozent orientieren sich demnach bei unternehmerischen Entscheidungen an einem Sustainability-Zielbild. Und mehr als 70 Prozent der Unternehmen mit definierten Zielen streben CO2-Neutralität bis 2030 an. Während weitere 18 Prozent der Befragten noch keinerlei Schritte in Richtung Nachhaltigkeitsausrichtung unternommen haben, richten sieben Prozent ihre gesamte Geschäftstätigkeit auf Nachhaltigkeit aus. Gut die Hälfte der Betriebe befindet sich indessen auf dem Nachhaltigkeitsweg irgendwo zwischen diesen Polen.
Logistik- und Energiebranche sind Vorreiter
Angesichts der drängenden Klimaproblematik, ist jedoch mehr Tempo bei der Nachhaltigkeitstransformation nötig. Zum Beispiel durch die Verknüpfung von Nachhaltigkeitszielen mit Gehaltskomponenten bei den Führungskräften. Eine solche Kopplung setzen bislang aber nur 20 Prozent der befragten Firmen um, so die Studie. Betrachtet man nur die großen Unternehmen ab mindestens zehn Milliarden Euro Jahresumsatz, hat immerhin knapp die Hälfte (47 Prozent) ESG-Ziele in Vergütungsvereinbarungen aufgenommen.
Im Branchenvergleich liegen bei der Horváth-Auswertung Logistik- und Energieunternehmen vorn. Hier verknüpfen 47 Prozent beziehungsweise 43 Prozent Nachhaltigkeitsziele mit Gehaltsvariablen. In der Öl- und Chemiebranche koppelt immerhin ein Drittel der Unternehmen die Vergütung der Führungskräfte an das Erreichen von ESG-Zielen.
Nachhaltigkeit als fester Teil der Konzernstrategie
Passend dazu betont DHL-Finanzvorständin Melanie Kreis im Interview mit der Zeitschrift Controlling & Management Review, dass das Thema Nachhaltigkeit bei der Deutschen Post DHL Gruppe fest in die Konzernstrategie integriert sei. Auch ohne monetäre Anreize habe sich das Unternehmen bereits lange für den Klimaschutz engagiert. Da jedoch zunehmend erwartet werde, dass ESG-Aspekte in die Vorstandsvergütung gehörten, trage man dem Rechnung und kopple den variablen Jahresbonus mit 30 Prozent an ESG-Ziele. "Das sind zehn Prozent für E, zehn Prozent für S und zehn Prozent für G. Das Thema Mitarbeiter-Engagement aus der S-Säule ist dabei schon seit Längerem in unsere Vergütungssysteme integriert", erklärt Melanie Kreis. (Seite 43)
Aktionäre und Investoren fordern mehr Nachhaltigkeit
Zu dieser Entwicklung hat zum einen das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) beigetragen. Das Gesetz stärkt die Mitbestimmung der Aktionäre bei börsennotierten Unternehmen und hat zur Folge, dass auch deren Forderungen nach besserer Umweltperformance mehr Gehör finden. Als Indikator der Umweltperformance dienen dabei meist die CO2-Emissionen. Springer-Autor Florian Timmer führt in dem Buchkapitel "Vorstandsvergütung nach Verabschiedung von ARUG II" beispielhaft die Siemens AG an: "Dort steigen die Vorstandsgehälter, je weniger Kohlenstoffdioxid (CO2) vom Konzern ausgestoßen wird." Bayer, BASF, Daimler und Lanxess hätten in Aussicht gestellt, ebenso zu verfahren. (Seite 105)
Zum anderen spielt der Deutsche Corporate Governance Kodex 2020 eine erhebliche Rolle. Er gilt als Bewertungsmaßstab der Governance-Strukturen bei Aktiengesellschaften und hebt in der neuen Fassung von 2020 die Bedeutung von Sozial- und Umweltfaktoren im Zusammenhang mit der Vergütung des Managements stärker als bisher hervor. "Insbesondere die Festlegung der Relation zwischen fixer und variabler Vergütung dient dazu, dass das richtige Anreizniveau für den Vorstand geschaffen wird", schreibt Florian Timmer dazu auf Seite 147.
Anspruchsvolle, messbare ESG-Ziele setzen
Doch wie können Unternehmen nun vorgehen, wenn sie ökologische, soziale und Governance-Aspekte in die variablen Vergütungskomponenten des Managements einfließen lassen wollen?
Der Arbeitskreis Leitlinien für eine nachhaltige Vorstandsvergütung stellt hierzu in dem White Paper "Nachhaltigkeit, ESG-Ziele und deren Verankerung in der Vorstandsvergütung" die Praxis bei den DAX-Unternehmen vor: So würden in der kurzfristigen variablen Vergütung ESG-Ziele überwiegend kollektiv für den Gesamtvorstand festgelegt. Dabei würden sie seltener als eigenständiges Ziel additiv in der kurzfristigen variablen Vergütung verankert als vielmehr üblicherweise im Rahmen eines Modifiers berücksichtigt. Soweit Unternehmen ESG-Ziele in der langfristigen variablen Vergütung verankert hätten, stellten diese meist ebenfalls ein kollektives Ziel für den Gesamtvorstand dar. Jedoch erfolge in der langfristigen variablen Vergütung die Verankerung als eigenständiges Ziel oder als eigenständige Komponente.
Darüber hinaus liefert das White Paper Best-Practice-Empfehlungen, die Unternehmen als Richtschnur dienen können:
Best-Practice-Empfehlung zur Verknüpfung von ESG und Vorstandsvergütung | |
Design |
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Berichterstattung/Darstellung |
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Dialog |
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Quelle: "Nachhaltigkeit, ESG-Ziele und deren Verankerung in der Vorstandsvergütung", Arbeitskreis Leitlinien für eine nachhaltige Vorstandsvergütung, 2021 |