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25-08-2017 | Verkaufspsychologie | Schwerpunkt | Article

Wenn Werbung Konsumenten verärgert

Author: Johanna Leitherer

3:30 min reading time

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Was bei den einen für Lacher sorgt, empfinden andere als Humor auf eigene Kosten. Für Marketer und Werber ist es deshalb nicht einfach vorherzusehen, wie Kunden auf Kampagnen reagieren. "Consumer Insights" können helfen.

Online-Werbung hat in diesem Monat keinen guten Stand: Erst mahnt Google eine Reihe von Publishern wegen penetranter Ads ab. Nun verweist auch der Deutsche Werberat auf mehr Beschwerden denn je: In diesem Jahr haben Bundesbürger dem Gremium 241 vermeintlich diskriminierende Werbespots gemeldet. Davon landeten alleine 57 Online-Ads auf dem Entscheidungstisch des Deutschen Werberats, was eine satte Steigerung um 54 Prozent im Vergleich zu 2016 bedeutet. Rund 60 Prozent aller eingereichten Beschwerden prangern die Geschlechterdiskriminierung, meist zulasten von Frauen, an.

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Entwicklung einer Buyer Persona

Buyer Personas sind Beschreibungsmodelle, die typische Merkmale realer Zielkunden abbilden. Richtig entwickelt sind sie nützliche Instrumente für Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten, deren Kauf eine ausgedehnte und bewusste Entscheidungsfindung vorausgeht. Gute Buyer Personas liefern den Input für kundenorientierten Content und bilden damit das Fundament für ein erfolgreiches Content oder Inbound Marketing.


Als Beispiel für die Beanstandungen nennt der Deutsche Werberat den Online-Spot eines Möbelhauses. Die Kamera zeigt eine Frau, die sich eine Karaffe für ihre Blumen bereitstellt. Ihr Ehemann, gedankenverloren ins Smartphone vertieft, hat dieses Vorhaben nicht erkannt, nimmt die Karaffe und befüllt sein Glas. Nachsichtig lächelnd verwendet die Frau das Gefäß dann dennoch als Blumenvase, was beim Mann für Irritation sorgt. Die Hausfrau, die gerne dekoriert? Der Geschäftsmann mit Sinn fürs Praktische? Nein, meint der Deutsche Werberat und lehnte den Vorwurf Geschlechterdiskriminierung ab. Der Werbespot sei nicht herabwürdigend, sondern spiegele "reales Kundenverhalten" wider, heißt es in der Pressemitteilung. 

Werbung für die Zielgruppe

Über die Qualität von Humor lässt sich bekanntlich streiten. Häufig finden Menschen etwas lustig, wenn sie sich mit dem Gezeigten persönlich identifizieren können. Im Falle des Möbelhaus-Werbespots haben wir es folglich mit zwei aufeinanderprallenden Zuschauergruppen zu tun: Die eine ist die im Vorfeld vom Unternehmen anvisierte Zielgruppe. Sie findet die dargestellte Szene lustig und unterhaltsam. Die Gegenseite fällt nicht unter die Zielgruppe und findet die Inszenierung geschmacklos, weil sie nicht mit der eigenen Lebenssituation übereinstimmt. 

Werbetechnisch gesehen ist es kein Beinbruch, wenn nicht alle Menschen auf die Werbebotschaft positiv anspringen. Und auch "betriebswirtschaftlich ist es im Sinne einer optimalen Nutzung der Marketingbudgets sinnvoll, sich auf die Ansprache von bestimmten Zielgruppen zu konzentrieren", sagt Springer-Autor Professor Dr. Thomas Heun im Buchkapitel "Strategie der Werbung" (Seite 31). Um eine möglichst breite Masse anzusprechen, greifen Werbetreibende daher gerne zu Klischees. Würde die besagte Online-Werbung des Möbelhauses einen ebenso großen Personenkreis ansprechen, wenn man die Rollen vertauschte, also den Mann als Blumen- und Dekofreund und die Frau als rationalen Akteur im Business-Look inszenierte? Möglich, aber für die Erfolgsprognose von Werbung gewagt. Trotzdem sollten Marketer und Werber in ihrer täglichen Arbeit stets darum bemüht sein, keinen Rezipienten mit Werbebotschaften vor den Kopf zu stoßen und als Kunden zu verprellen. Die satirische Porträtierung von Personengruppen erweist sich im Zuge dessen als heikel und auch die Strategie "Sex sells" sollte gründlich auf ihre Sinnhaftigkeit hin überprüft werden.

Herausfinden, was den Kunden bewegt

Annäherungsversuche an das "Innere" des Konsumenten ("Consumer Insight") können bei der Konzipierung einer Kampagne helfen. Auf diese Weise erfährt das Unternehmen, was sich die Zielgruppen wünschen und was ihnen hingegen weniger gut gefällt. Sind Charakteristika wie diese bekannt, steht auch der Werbewaffe Humor nichts mehr im Wege. "Relevante Consumer Insights sind das Resultat eines Prozesses, in dem sich Marketing Researcher mit einem hohen Maß an Neugier und Empathie auf die Suche nach zentralen Beweggründen oder Barrieren des Konsums machen. Methodisch ist es hierbei entscheidend, nah an das Leben der Zielgruppen in deren Alltag zu kommen. Aus diesem Grund eignen sich qualitative Methoden, wie das Tiefeninterview oder auch die teilnehmende Beobachtung, sehr viel besser als quantitativ-standardisierte und wenig flexible Methoden", erklärt Heun.

Auf den Seiten 40 und 41 fasst Heun stichpunktartig zusammen, was Unternehmen erreichen können, wenn sie die genannten Methoden des Consumer Insights erfolgreich umgesetzt haben:

  • ein größeres Verständnis für die Zielgruppen
  • ein höheres Maß an Nutzerrelevanz des Marketings
  • eine höhere Akzeptanz von Werbung
  • eine größere Nachfrage nach Produkten
  • eine größere Bindung von Menschen an Marken

Wichtig ist, dass sich Marketer bei der Ermittlung von Zielgruppen und Buyer Personas nicht allein auf der Fachkompetenz von Externen ausruhen. Bevor etwa Agenturen zum Zuge kommen, sollte das Marketing bereits eine grobe Strategie ("Thought Starters") erarbeitet haben, die neben ersten Überlegungen zum Klientel auch eine schriftliche Ausformulierung des unternehmerischen Selbstverständnisses umfasst. Die beim Deutschen Werberat eingereichten Beschwerden können dabei eine Unterstützung sein - denn, warum nicht aus den Fehlern anderer lernen?

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