Vertriebsprozesse können mithilfe des Controllings optimiert werden.
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Der Vertrieb eines Unternehmens muss sich heute vielen Herausforderungen stellen. Die Kunden stellen wachsende Ansprüche an Kauf- und Serviceprozesse und geben dank vielfältiger Bewertungssysteme im Internet direkt Feedback, das weitere Kunden bei der Wahl eines Produkts beeinflusst. Dauerhafte Schwachstellen im Vertriebsprozess können deshalb den Verlust von Kunden zur Folge haben.
Erst im April und Mai 2018 sorgte beispielsweise die Modekette H&M für negative Schlagzeilen. Über Wochen sorgten Lieferschwierigkeiten für verärgerte Kunden, die ihrem Unmut in den sozialen Netzwerken Luft machten. Wenn der versprochene Lieferzeitpunkt nicht eingehalten wird, reagieren immer mehr Kunden mit einer Stornierung der Bestellung. Nicht nur, dass dieser Umsatz dann verloren geht – die Bearbeitung der Stornierung und einer Beschwerde kostet das Unternehmen Kapital, Personalressourcen und natürlich den guten Ruf bei seinen Kunden. Wenn Schwierigkeiten auftreten, sollte der Vertrieb hinterfragen, an welcher Stelle die Prozesse nicht effizient greifen.
Vorgehensweise bei der Vertriebsprozessanalyse
Das Controlling kann nicht nur die Schwachstellen identifizieren sondern auch analysieren, mit welchen Maßnahmen die Prozesse optimiert werden können. Im Vertriebscontrolling kommen die Prozesskostenrechnung und Kennzahlen häufig zum Einsatz. Ein hilfreiches Instrument kann außerdem die Vertriebsprozessanalyse sein. Springer-Autor Jörg B. Kühnapfel erklärt im Buchkapitel "Vertriebsprozesscontrolling" in sechs Schritten detailliert, wie bei der Vertriebsprozessanalyse vorzugehen ist.
Vertriebsprozessanalyse in sechs Schritten* |
*(angelehnt an Jörg B. Kühnapfel in: "Vertriebsprozesscontrolling") |
Verschwendungen im Vertriebsprozess
Gerade der letzte Schritt, das Gestalten eines alternativen Prozesses, ist für den Controller eine große Herausforderung. Bevor man einen alternativen optimierten Prozess entwickeln kann, muss laut Kühnapfel zunächst abgeklärt werden, an welcher Stelle im Prozess "Verschwendungen" stattfinden. Als mögliche Quellen dafür führt er unter anderem auf:
- Überproduktion
- Wartezeit
- Extraprozesse
- Übermaß an Aktionen der involvierten Mitarbeiter
- Fehler, beispielsweise bei der Rechnungstellung
Mögliche Optimierungsmaßnahmen
Wurden die Verschwendungen identifiziert, müssen sie nach Relevanz sortiert werden. Entsprechende Vorgehensweisen dazu stellt Kühnapfel in seinem Buchkapitel "Quantitative Methoden als Grundlage des Vertriebscontrollings" vor. "Die Idee ist hier also nicht, durch umfangreiche Projekte alle identifizierten Probleme gleichzeitig lösen zu wollen, sondern lediglich das jeweils wichtigste, drängendste in Angriff zu nehmen und erst danach zu schauen, welches Problem das nächstwichtige ist. Diese Methode eignet sich immer dann, wenn eine langfristige und sukzessive Verbesserung der Vertriebsprozesse angestrebt wird und "operative Hektik" vermieden werden soll, erklärt der Autor (Seite 354).
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Optimierungen vorzunehmen. So kann die Nützlichkeit einzelner Tätigkeiten hinterfragt und Möglichkeiten der Automatisierung geprüft werden (Sales Process Automation). Weitere Maßnahmen, Prozesse im Vertrieb zu verbessern, können in der Führung ergriffen werden. Kühnapfel empfiehlt das Aufstellen von Verhaltensregeln im Verkaufsprozess. Diese Regeln, ergänzt um gemeinsam definierte Tugenden, können dann ein Wertesystem bilden, an dem der Vertriebsmitarbeiter sich orientieren kann. So kann beispielsweise klargestellt werden, dass Ehrlichkeit erwartet wird.
Interessant an den von Kühnapfel vorgestellten Maßnahmen ist, dass hier nicht einfach nur Kosteneinsparungen als Lösungen sämtlicher Probleme gesehen werden, sondern der Controller muss Nutzenaspekte in den Fokus stellen.