Durch die digital veränderten Kaufmöglichkeiten für Kunden ist der Mehrwert von Produkten und Dienstleistungen stark in den Vordergrund gerückt. Kunden erwerben vom Vertrieb keine Produkte oder Dienstleistungen, sondern den damit erzielbaren Nutzen in Form von
- Umsatzsteigerung/Kostensenkung,
- Zeit-/Aufwandreduzierung und
- Sicherheit/höhere Qualität.
Damit verbunden sein muss für sie etwa ein finanzieller Vorteil, niedrigere Reklamationsraten und geringere Kosten, erklären die Springer-Autoren Thomas Menthe und Manfred Sieg in ihrem Buch "Kundennutzen – Schlüssel zum Verkaufserfolg". Die Vertriebsleistung bemisst sich für den Kunden klar danach, welche Vorgehensweise oder Produktmerkmal ihm angebten wird, welche Vorteile das Produkt ihm bringt und wie sich dies bei ihm betriebswirtschaftlich niederschlägt, also welcher wirtschaftliche Nutzen mit einem bestimmten Kauf verbunden ist.
Lösungen zählen, nicht Produkte
Finja Carolin Kütz, Deutschlandchefin von Oliver Wyman, bringt die Entwicklung im Vertrieb am Beispiel der Veränderungen in der Finanzdienstleistungsbranche, in der die so genannten Big Techs für disruptive Verschiebungen gegenüber traditionellen Banken sorgen und die Spielregeln des Wettbewerbs verändern, auf den Punkt: "Produkte stehen nicht mehr im Vordergrund, sondern aktive Lösungen. Es geht weniger um den Vertrieb als um Konzepte zur Lösung zentraler Kundenprobleme bei kontinuierlicher Verbesserung der Kundenzufriedenheit". Entscheidend für Finanzdienstleister werde es künftig sein, den Kunden besser zu verstehen und entsprechend seiner Bedürfnisse zu beraten, prognostizieren die Wyman-Experten.
Was für den Finanzdienstleistungsvertrieb gilt, lässt sich gut auf andere Branchen im B2B-Segment übertragen. Menthe und Sieg erläutern dazu im Kapitel "Der Nutzen macht den Unterschied" (Seite 82 ff.), dass Kunden, gleich ob im B2C- oder B2B-Geschäft, nach wie vor bereit seien, für die als besser empfundene Leistung auch mehr zu bezahlen. Das Überangebot und die Austauschbarkeit von Produkten und Dienstleistungen führe allerdings konsequent zu Rabattschlachten. In der Folge stehe der Preis im Mittelpunkt. Das belegen Untersuchungen von Simon Kucher und Partner (2011), wonach sich "58 Prozent aller Unternehmen im Preiskrieg befinden."
Für Verkäufer liegt der Erfolg in der Kundenbeziehung aber weniger in einer Preisschlacht, sondern im spezifischen Kundennutzen. Er ergibt sich nach Sicht der Springer-Autoren nur "aus den Vorteilen, die der Kunde für sich auch als nützlich empfindet." Sie machen daher eine Nutzenrechnung für die Verkäufer-Kunde-Beziehung auf. Produkte und Leistungen überzeugen, wenn sie
- Rational sind: aus Erfahrung oder verstandesmäßig plausibel nachvollziehbar ( zum Beispiel: messbar, kalkulierbar, beobachtbar …)
- Emotional überzeugen: gefühlsmäßig spürbarer oder vorstellbarer und evtl. rationalisierbarer Nutzen (zum Beispiel:_Anerkennung, Freude, Innovation, Leistung, Qualität, Sicherheit …)
- Sozial eingeordnet werden können: der Gemeinschaft dienender Nutzen (zum Beispiel: Teamarbeit fördernd, ökologisch abbaubar …).
Menthe/Sieg zeigen anhand einer Kurve unter anderem auf (Seite 91), dass die Wertschöpfung innerhalb von Kundenbeziehungen ansteigt, je höher und differenzierter der Nutzen eines Produkts oder einer Leistung für den Kunden ist.
Folgende Fragen können Unternehmen dabei helfen, im Vertrieb Klarheit über die wichtigsten Voraussetzungen für einen hohen Kundennutzen der eigenen Produkte und Dienstleistungen gegenüber dem Wettbewerb und damit das Verkaufspotenzial zu erlangen:
Fragen zum Kundennutzen |
Was macht Ihr Unternehmen, Ihre Leistung einzigartig? |
In welchen konkreten Punkten haben Sie wirklich für den Kunden relevante Alleinstellungsmerkmale, für die er bereit ist, mehr zu bezahlen? |
Was sind Ihre messbaren Mehrwerte im Vergleich zu den Mitbewerbern? |
Unter dem Strich zählen in einer wertorientierten Kundenbeziehung zwei Komponenten: der Zusatznutzen für den Kunden und der Mehrwert, etwa eine Preis-Leistungsdifferenz gegenüber dem Wettbewerb und unentgeltliche Mehrwertfaktoren. Sie müssen im Vergleich zur Konkurrenz in Zusammenhang mit dem Produkt attraktiver erscheinen und können so den Kaufimpuls unterstützen. Vertriebsteams, die beides in Verkaufsgespräche mit ihren Kunden einzusetzen wissen, haben den Schlüssel für gute Abschlüsse in der Hand.